Drei Unions-Bundestagsabgeordnete unter Korruptionsverdacht, ein Kuhhandel beim Lobbyregister – und ein brisantes Lobbyschreiben, das wohl über Jahre unter Verschluss bleiben wird: Mehr zu diesen und anderen Themen erfahren Sie im folgenden Newsletter.
Die Übersicht:
- Amthor-Affäre: Lobbyschreiben unter Verschluss
- Unwürdiger Kuhhandel um Lobbyregister
- Bundestagsabgeordnete unter Korruptionsverdacht
- +++ Großspenden-Ticker: Erneuter Geldsegen für CDU und Grüne +++
- Kandidierenden-Check für RLP und BaWü: Wer tickt wie Sie?
- Freie Stellen bei abgeordnetenwatch.de in der Web-Entwicklung und im Bereich Social Media
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Bayerische Landesregierung und MAN schwächten EU-Strafzahlungen ab
Mit allen Mitteln will das New Yorker Unternehmen Augustus Intelligence verhindern, dass abgeordnetenwatch.de ein brisantes Lobbyschreiben des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor erhält - und ist deswegen nun vor Gericht gezogen. Es geht um das zentrale Dokument in der Amthor-Affäre: Ein Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, in dem Amthor seinen Parteifreund um politische Unterstützung für Augustus Intelligence bat. Später erhielt Amthor von dem Unternehmen Aktienoptionen und einen Firmenposten.
Das Start-up, für das auch Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lobbyierte, will durch seine Klage verhindern, dass das Wirtschaftsministerium das Amthor-Schreiben an uns herausgibt.
Augustus Intelligence klagt gegen Herausgabe von Lobbyschreiben an abgeordnetenwatch.de
(Lesen Sie außerdem: Kanzleramt hielt Lobbytreffen zwischen Guttenberg und Merkel geheim)
Unwürdiger Kuhhandel um Lobbyregister
© | Fred PO | Flickr | CC BY-SA 2.0 |
Lobbyakteure wie der oben erwähnte Karl-Theodor zu Guttenberg können seit dieser Woche aufatmen. Denn das Lobbyregister, auf das sich Union und SPD am Dienstag überraschend verständigt haben, ist eine gute Nachricht für Lobbyist:innen – zumindest für jene, die ihre Arbeit weiter im Verborgenen betreiben wollen.
Der mühsam gefundene Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD war ein unwürdiger Kuhhandel: Die SPD schenkte dem Koalitionspartner ihren Verzicht auf einen "exekutiven Fußabdruck", durch den Lobbyeinfluss auf Gesetzentwürfe sichtbar geworden wäre. Die Union machte im Gegenzug ein Zugeständnis in einer Detailfrage, wann sich jemand ins Register eintragen muss.
Lobbyist:innen wie Karl-Theodor zu Guttenberg werden ihre Dienstleistungen dank des Lobbyregisters der GroKo weiter unbemerkt ausüben können: Eine Pflicht zur Offenlegung von Lobbykontakten haben Union und SPD nicht vorgesehen.
Wir werden dagegen mit unseren Möglichkeiten vorgehen: Mit Recherchen, mit denen wir Lobbykontakte und Interessenkonflikte von Politiker:innen aufdecken, aber auch mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Bitte unterstützen Sie uns dabei und werden Sie Förder:in von abgeordnetenwatch.de. Dies geht schon ab 5 Euro im Monat (Ihre Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar).
Bundestagsabgeordnete unter Korruptionsverdacht
Am Donnerstagmorgen hat der Bundestag die Immunität des CDU-Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer wegen des Verdachts der Bestechlichkeit aufgehoben.
Damit stehen aktuell drei Bundestagsabgeordnete unter Korruptionsverdacht:
- Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer soll Geld aus Aserbaidschan erhalten und sich im Gegenzug im Europarat für das autokratisch-geführte Land eingesetzt haben.
- Der CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Strenz wird ebenfalls Bestechlichkeit im Zusammenhang mit Aserbaidschan vorgeworfen. Konkret geht es um Gelder aus aserbaidschanischen Quellen, die Strenz für eine Lobbytätigkeit erhielt. Auch sie soll sich im Europarat für das Land eingesetzt haben (2017 deckten wir auf, dass Strenz die fragwürdigen Nebeneinkünfte vor der Öffentlichkeit verborgen hatte)
- Gegen den CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein ermittelt die Staatsanwaltschaft seit vergangener Woche wegen möglicher Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit einem Großauftrag für Corona-Schutzmasken. Nüßlein soll für einen Maskenhersteller einen Auftrag an die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung vermittelt und dafür 660.000 Euro an Provision erhalten haben. Laut Ermittlungsbehörden hat Nüßlein das Geld offenbar nicht versteuert (warum der Fall Nüßlein ein Skandal mit Ansage war, beschreiben wir hier).
Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit wurde erst 2014 unter Strafe gestellt. Das klingt gut, doch das Gesetz dürfte in der Praxis meist ins Leere laufen. Denn die Ermittler:innen müssen nachweisen, dass Abgeordnete “im Auftrag oder auf Weisung” gehandelt haben. Das aber ist so gut wie nicht nachzuweisen.
Bei den drei Unionsabgeordneten geht es aber nicht nur um einen Korruptionsverdacht, sondern auch um Lobbyaffären. Lobbyismus findet weitgehend im Verborgenen statt – daran ändert auch das Lobbyregister von Union und SPD nichts. Wir finden das falsch. Bitte zeichnen und verbreiten Sie unsere Petition "Das GroKo-Lobbyregister ist untauglich – volle Lobbytransparenz jetzt!", mit der wir die Offenlegung von Lobbykontakten fordern.
+++ Großspenden-Ticker: Erneuter Geldsegen für CDU und Grüne +++
© | Pixabay License |
CDU und Grüne haben in den vergangenen Wochen erneut hohe Parteispenden erhalten. Bei der CDU gingen innerhalb weniger Tage drei Zahlungen von Unternehmern ein (Verlinkungen führen zu Wikipedia): Patrick Schwarz-Schütte (100.000 Euro), Stephan Schambach (70.000 Euro), Patrick Adenauer (50.001 Euro).
Die Grünen erhielten zuletzt eine 60.000 Euro-Spende von dem Unternehmer Frank Hansen (Hintergrundartikel kontextwochenzeitung.de).
Grüne und CDU sind die einzigen Parteien, die seit Jahresbeginn Großspenden von mehr als 50.000 Euro erhalten haben. Die Überweisungen stammten allesamt von vermögenden Privatpersonen – Unternehmensspenden wurden bislang nicht bekannt.
Kandidierenden-Check für RLP und BaWü: Wer tickt wie Sie?
© | abgeordnetenwatch.de |
Wenn Sie in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz leben, werden Sie sich der vielen Wahlwerbung derzeit kaum entziehen können. Aber wofür stehen die Politiker:innen, die auf den Plakaten um Ihre Stimme bitten? Mit unserem Kandidierenden-Check können Sie jetzt auf spielerische Weise herausfinden, welche Positionen Ihre Wahlkreis-Kandidierenden zur Landtagswahl am kommenden Sonntag vertreten. Dazu reicht es, dass Sie Ihre Postleitzahl eingeben und 19 Thesen zu Themen wie der Corona-Pandemie, Klimaschutz oder Bildungspolitik beantworten. Am Ende erfahren Sie in einer Auswertung, mit welchen Direktkandidierenden Sie die meisten Gemeinsamkeiten haben – und mit welchen die wenigsten.
Sie haben Fragen an die Kandidierenden aus Ihrem Wahlkreis? Dann können Sie diese hier über unser Frageportal für Baden-Württemberg und für Rheinland-Pfalz stellen.
Freie Stellen bei abgeordnetenwatch.de in der Web-Entwicklung und im Bereich Social Media
Interesse an einer spannenden und sinnstiftenden Tätigkeit in einem sympathischen Team? Wir suchen ab sofort Verstärkung in verschiedenen Bereichen und haben folgende Vollzeit-Stellen ausgeschrieben:
- Frontend-Webentwickler:in (Büro Berlin)
- Fullstack Web-Entwickler:in, Schwerpunkt Backend (Büro Berlin)
- Social Media- & Community Manager:in (Büro Hamburg)
Wir wertschätzen Vielfalt und begrüßen alle Bewerbungen – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität.
Fragen und Antworten des Monats
- Corona | Mit Resignation, Wut und einem flammenden Plädoyer hat sich ein Hamburger Bürger an den SPD-Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi gewandt. Die meisten Bürger:innen hielten sich an die Corona-Regeln, so der Fragesteller, und würden doch jeden Tag neu bestraft durch "Idioten", die in Hamburger Parks Party machten. "Wann will man seitens der Politik einmal Bußgelder verhängen, die weh tun?" Und wie könne es sein, dass 2 Millionen Impfdosen ungenutzt in den Lagern lägen? "Ich erwarte von der Politik endlich mal jemanden wie Helmut Schmidt, einen der auf den Tisch haut und mal macht." Der SPD-Abgeordnete hat das Schreiben des frustrierten Bürgers mit der Bitte um Stellungnahme an das Bundesgesundheitsministerium weitergeleitet – nach Erhalt will er dem Bürger eine Antwort auf seine Fragen geben.
- Maskenpflicht | Was sie zu Stuttgart21, Corona, Vitamin D, Verkehrspolitik, Impfschutz und andere Themen denke, wurde die baden-württembergische Landtagskandidatin Ina Schumann (Die Partei) gefragt. Schumann antwortete, sie wisse angesichts der vielen unterschiedlichen Fragen gar nicht, was der Fragesteller eigentlich von ihr wissen wolle. Zu einer Sache habe sie aber eine klare Meinung: Der Maskenpflicht in Bus und Bahn. Diese sei aus verschiedenen Gründen gut: "Weniger Mundgeruch, weniger Speichel, wenn eine:r hustet oder niest, Essen wird erschwert: weniger Dreck in den Fahrgasträumen, trinken wird erschwert: weniger Alkoholismus in der Öffentlichkeit." Außerdem würde nun "keine einzige Frau* darum gebeten, 'auch mal zu lächeln'."
- Masturbation | Mit einem eher ungewöhnlichen Thema befasst sich eine Frage an den AfD-Fraktionsvorsitzenden in Baden-Württemberg und Kandidaten zur anstehenden Landtagswahl, Bernd Gögel. "In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift: Hände auf die Bettdecke! fordert der stellvertretende Chef der AfD-Jugend, Masturbation solle 'generell eingestellt werden, da sie einen der männlichen Kraft beraubt'", schreibt ein Bürger an Gögel. "Wie stehen Sie zu dieser Aussage und wie soll diese Forderung in der Praxis überwacht werden?"
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg (Wahlen) | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz (Wahlen) | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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