Wenn das politische Berlin im Notbetrieb läuft – was bedeutet das dann für die Lobbyaktivitäten von Unternehmen und Interessenverbänden? Lobbyist:innen und Abgeordnete haben uns geschildert, wie sie die Ausnahmesituation erleben. Mehr zu diesem und zu anderen Themen im folgenden Newsletter.
Unsere Themen:
- Wie Lobbyismus in Zeiten von Corona funktioniert
- +++ Parteispenden-Ticker: CDU erhält hohe Zahlungen von Immobilieninvestoren +++
- Wollen wir das wirklich?
- Corona-Maßnahme: So stimmten Ihre Abgeordneten
- Notstandsgesetze: Wie der Staat in Krisenzeiten funktioniert
- Neu: Befragen Sie Ihre Abgeordneten aus der Hamburgischen Bürgerschaft
- Fragen in Zeiten von Corona
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Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote stellen dieser Tage auch Interessenvertreter:innen vor neue Herausforderungen. Wenn parlamentarische Abende abgesagt und die Restaurants im Berliner Regierungsviertel geschlossen bleiben, müssen Lobbyakteure neue Strategien entwickeln. Wie hat sich Lobbyismus in Zeiten von Corona verändert? Ein Abgeordneter erzählt uns, dass manche Lobbyist:innen nun dreister in ihren Forderungen geworden sind, ein anderer Politiker sagt: "Wenn sich Steuerberater an Die Linke wenden, dann muss es schlimm sein." Und die Lobbyist:innen? Während einige ihre Aktivitäten heruntergefahren haben, arbeiten manche Interessenverbände am Limit.
+++ Parteispenden-Ticker: CDU erhält hohe Zahlungen von Immobilieninvestoren +++
Zwei Immobilieninvestoren haben der CDU im März hohe Spenden zukommen lassen:
- Der Investor Christoph Gröner überwies der Berliner CDU 300.000 Euro. Seine CG Gruppe realisiert in der Hauptstadt sowie in anderen deutschen Städten große Immobilienprojekte. Im Bundestagswahlwahlkampf 2017 durfte die CDU ein 400m2 großes Wahlplakat an einer Immobilie von Gröners CG Gruppe in Berlin kostenlos anbringen – dies führte zu einer Diskussion über eine möglicherweise nicht ordnungsgemäß gemeldete Parteispende.
- Der Unternehmer Dietmar Bücher spendete der CDU 79.000 Euro. Ihm gehört die Firma „Bücher - Schlüsselfertiges Bauen“, die nach eigenen Angaben rund 10.000 Häuser und Wohnungen realisiert hat und vor allem im Rhein/Main-Gebiet tätig ist. Bücher spendet regelmäßig an CDU und SPD.
Seit Jahresbeginn sind auffallend viele Parteispenden aus der Immobilienbranche geflossen. So hatte bereits der Investor Christoph Alexander Kahl (Jamestown Invest GmbH) 75.000 Euro an die CDU gespendet. Die Thüringer AfD erhielt 100.000 Euro von dem Unternehmer Christian Krawinkel, dessen Vermögensverwaltung CKV nach eigenen Angaben Immobilienprojekte in ganz Deutschland realisiert und vermarktet.
Lesen Sie zu diesem Thema auch unsere gemeinsame Recherche mit dem SPIEGEL von 2019:
Spendete ein Investor an die CDU, um schneller bauen zu dürfen?
Vor gut einem Jahr enthüllten wir zusammen mit dem SPIEGEL eine unglaubliche Geschichte. Ein niederländischer Immobilieninvestor hatte über ein undurchsichtiges Firmengeflecht 60.000 Euro an die CDU gespendet. Grund der Spende? Man müsse eben bestimmte Leute unterstützen, "um Türen aufzuhalten", gab der Geschäftsführer am Telefon unumwunden zu (später wurde dementiert, dass diese Aussage tatsächlich gefallen war).
Auch in diesem Jahr fließen die Spenden der Immobilienlobby munter weiter (s.o.), und so möchten wir einmal die folgenden Fragen in den Raum stellen:
Wollen wir, dass finanzstarke Firmen und wohlhabende Privatpersonen unbegrenzte Summen an Parteien spenden können, "um Türen aufzuhalten"? Wollen wir wirklich, dass manche Parteien einen großen Vorteil gegenüber anderen Parteien haben, weil sie Dank ihrer finanzstarken Geldgeber:innen mehr Anzeigen schalten und mehr Internetwerbung buchen können? Oder wollen wir, dass es in der Politik Chancengleichheit gibt? Dass am Ende die besseren Argumente zählen und nicht das meiste Geld?
Wir arbeiten daran, dass Lobbyspenden an die Parteien verboten und Spenden von Privatpersonen begrenzt werden. Aber wir wissen auch: Ohne öffentlichen Druck und Unterstützung aus der Bevölkerung wird das nicht funktionieren. Deswegen möchten wir Sie bitten: Unterstützen Sie uns dabei, der Macht des Geldes Einhalt zu gebieten. Werden Sie Förder:in von abgeordnetenwatch.de. Das geht bereits ab 5 Euro im Monat, Ihr Förderbeitrag ist außerdem steuerlich absetzbar.
Gemeinsam werden wir erfolgreich sein!
Zur Unterstützung von Arbeitnehmer:innen und Unternehmen in der Corona-Krise hat der Bundestag ein 156 Milliarden Euro schweres Hilfspaket beschlossen. Dafür musste zunächst die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt werden. Eine große Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Aussetzung, 55 enthielten sich, drei Politiker:innen votierten mit Nein. Hier erfahren Sie, wie Ihre Abgeordneten stimmten (PLZ eingeben):
Aussetzung von Schuldenbremse: So stimmten Ihre Abgeordneten
Die Lage in der Corona-Krise ändert sich täglich, und mit ihr auch die Regeln und Verbote für die Bevölkerung. Während einige Bundesländer voranschreiten und strikte Maßnahmen beschließen, sind die Handlungsmöglichkeiten der Bundesregierung begrenzt – oft bleiben ihr nur Appelle an die Bevölkerung. Doch für Krisensituationen sieht die Verfassung ein Instrument vor, das der Bundesregierung weitreichende Befugnisse einräumt. Dafür müsste sie einen inneren Notstand ausrufen.
Neu: Befragen Sie Ihre Abgeordneten aus der Hamburgischen Bürgerschaft
© | Hansueli Krapf | Wikipedia | CC BY-SA 3.0 |
Gerade einmal sechs Wochen ist es her, als in Hamburg ein neues Landesparlament gewählt wurde, doch es fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit. Vor kurzem ist die Bürgerschaft zu ihrer ersten Sitzung zusammen gekommen und auch unser Frageportal für Hamburg ist gestartet. Darüber können Sie mit allen 123 Bürgerschaftsabgeordneten in Kontakt treten – und Fragen gibt es derzeit zuhauf.
Fragen in Zeiten von Corona
In diesen Tagen machen sich viele Menschen Sorgen oder sind verunsichert. Dies spiegelt sich auch in den Fragen an die Abgeordneten wieder. Einige Beispiele:
- Die Pflegerin | „Wir als Pflegepersonal fühlen uns unsicher und im Stich gelassen“, schreibt eine Bürgerin an den Bundestagsabgeordneten Volkmar Vogel. „Die psychische Belastung steigt mit jedem Tag. Was können wir tun? Müssen die Pflegeheime und deren Bewohner nicht auch geschützt werden?“
- Die Arbeitnehmerin | „Mein Vorgesetzter besteht auf Präsenz ohne objektiven Grund“, schreibt eine Bürgerin an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. „Damit gefährdet er aktiv alle ihm unterstellten Mitarbeiter, ihre Familien und sich selbst. Darf mein Vorgesetzter in der aktuellen gefährlichen Situation ohne betriebliche Notwendigkeit tatsächlich auf Präsenz bestehen?“
- Der 450 Euro-Jobber | „Ich bin aktuell 39 Jahre alt und habe vor eineinhalb Jahren noch mal beschlossen Soziale Arbeit zu studieren“, schreibt ein Mann an die Bundestagsabgeordnete Astrid Mannes. „Bisher habe ich mein Studium finanziert durch eine Anstellung beim Asta. Der 450€ Job ist durch die Hochschulschließung nicht mehr möglich. Meine Krankenversicherung als Asthmatiker auslaufen lassen in Zeiten von Covid19? = Selbstmord.“ Ob es nicht möglich sei, dass der Staat zeitlich befristet für Studierende seines Alters wenigstens die freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge übernimmt?
- Die Mieterin | Eine Bürgerin mit einem befristeten Mietvertrag schreibt an die Bundestagsabgeordnete Katrin Göring-Eckardt. „Wie sieht es bei diesen Leuten aus? Müssen wir in so einer Krise aus der Wohnung? Kein anderer Vermieter möchte uns in solch einer Krise einen Besichtigungstermin anbieten.“ Die Fragestellerin bittet Göring-Eckardt, im Bundestag für das Problem eine Lösung zu finden.
Nicht für alle ist die Corona-Pandemie derzeit das wichtigste Thema. Ein Bürger schreibt dem Bundestagsabgeordneten Thomas Oppermann: „Mir liegt etwas auf dem Herzen. Wie stehen Sie persönlich zu der Legalisierung von Cannabis? So können Sie sich auch mal andere Gedanken machen als nur über das Covid-19 Thema.“
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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