Bei Abgeordneten ist gemeinhin von „Nebeneinkünften“ die Rede, tatsächlich aber kassieren viele Volksvertreter mit ihrer Nebentätigkeit sehr viel mehr als mit ihrem Hauptjob. Nach abgeordnetenwatch.de-Berechnungen haben 13 Bundestagsabgeordnete in den ersten neun Monaten der Legislaturperiode bereits Nebeneinkünfte von jeweils mehr als 100.000 Euro gemeldet.
Da die Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte auf der Parlamentshomepage lediglich in zehn groben Verdienststufen angeben müssen, lassen sich keine genauen Angaben über die tatsächliche Höhe machen. Bei den im folgenden aufgeführten Nebeneinkünften der Spitzenverdiener handelt es sich deswegen um Mindestbeträge. In Wirklichkeit dürften die Einkünfte z.T. deutlich höher liegen.
Insgesamt siebenmal haben Abgeordnete Nebeneinkünfte der Höchststufe 10 gemeldet, mit der Beträge von mehr als 250.000 Euro erfasst werden. Da die Verdienststufe nach oben offen ist, könnten die tatsächlichen Einkünfte theoretisch auch bei 1 Million Euro oder darüber liegen. Einkünfte dieser Sttufe veröffentlichten bislang der Rechtsanwalt Peter Gauweiler (im Fall von zwei Mandanten), Stephan Harbarth (Gehalt als Vorstandsmitglied einer Wirtschaftskanzlei für 2013 sowie 2014), der Landwirt Albert Stegemann (im Fall eines Vetragspartners für 2013 sowie 2014) und Hans Michelbach (jährlicher Gewinn als Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe). Alle vier Parlamentarier gehören der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an.
Nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen haben in den ersten neun Monaten der Legislaturperiode 150 der 631 Bundestagsabgeordneten mindestens eine bezahlte Nebentätigkeit angegeben. Unter dem Strich belaufen sich sämtliche Einkünfte auf mindestens 6,6 Millionen Euro.
Nach Fraktionen aufgeschlüsselt ergibt sich folgendes Bild:
Bei den Nebeneinkünften handelt es sich um Bruttoangaben. Freiberufler haben davon u. U. Mitarbeiter, Mieten oder Gerätschaften zu bezahlen.
abgeordnetenwatch.de kritisiert, dass wegen der groben Stufenangaben ein großer Teil der Nebeneinkünfte im Dunkeln bleibt. Auch die Geldgeber sind in vielen Fällen unbekannt, da Freiberufler ihre Vertragspartner oder Mandanten nicht namentlich nennen müssen. Mindestens 2,1 Millionen Euro haben Bundestagsabgeordnete seit vergangenen Oktober aus anonymen Quellen kassiert.
Auf Twitter schrieb Ulrich Kelber, SPD-Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, über die Nebentätigkeiten seines GroKo-Kollegen Gauweiler:
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So haben wir gerechnet:
Da wegen des 10-Stufensystems keine Angaben über die tatsächliche Höhe der Nebenverdienste möglich sind, haben wir jeweils die unterste Euro-Grenze der zehn Verdienststufen herangezogen. Beispiel: Bei einem Abgeordneten, der auf der Bundestagshomepage einen Verdienst der Stufe 6 (zwischen 50.000 und 75.000 Euro) aufführt, flossen 50.000 Euro in die Berechnung ein. Monatliche Einkünfte wurden mit 9 multipliziert (1. November 2013 bis einschließlich Juli 2014). Sofern ein Parlamentarier nicht die vollen neun Monate tätig war, wurde dies in der Rechnung entsprechend berücksichtigt. Eingeflossen in die Berechnung sind sämtliche Einkünfte, die von den Abgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode am 22. Oktober 2013 auf der Bundestagshomepage veröffentlicht wurden. Darunter fallen auch sog. "Nachträge zur 17. Wahlperiode", also Einkünfte, die vor der Bundestagswahl angefallen sind, aber erst danach ausgezahlt wurden. Bundestagsabgeordnete müssen ihre Einkünfte innerhalb von drei Monaten nach Erhalt beim Bundestagspräsidenten melden. Sie werden anschließend auf der Bundestagshomepage veröffentlicht.
Fotos: Gauweiler & Wöhrl © Henning Schacht, Lizenz: CC-BY-SA 3.0 | Steinbrück © SPD-Fraktion | Mißfelder © Anton Koenigs Lizenz: CC BY-SA 3.0