Aus dem Bayerischen Landtag sind recht ungewöhnliche Praktiken überliefert. Jahrelang betrachteten zahlreiche Volksvertreter das Parlament offenbar als eine Art Versorgungswerk: Einige nahmen ihre Ehefrauen, Kinder und andere Angehörige als Mitarbeiter
unter Vertrag. Ein Parlamentarier kassierte eine Bürokostenpauschale, besaß aber
gar kein Wahlkreisbüro. Und ein anderer legte sich auf Steuerzahlerkosten
eine 6.000 Euro-Kamera zu - für die parlamentarische Arbeit.
Nun soll alles besser werden, und vor allem: transparenter. Als Konsequenz aus der Verwandtenaffäre müssen die bayerischen Landtagsabgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode Anfang Oktober 2013 erstmals ihre Nebeneinkünfte offenlegen. Die Veröffentlichungspflichten orientieren sich an den neuen Regeln des Bundestags: Bürgerinnen und Bürger erfahren nicht die genaue Höhe des Nebenverdienstes, sondern lediglich eine Stufenangabe. Stufe 1 entspricht Einkünften zwischen 1.000 bis 3.500 Euro, bei der Höchststufe Stufe 10 belaufen sich die Einnahmen auf 250.000 Euro und mehr.
Dieser Tage haben die ersten Parlamentarier ihre Zusatzeinkünfte auf der Landtagshomepage offengelegt. Einige Beispiele:
- Der frühere Staatsminister Alfred Sauter von der CSU erhielt als Vorsitzender des Gesellschafterausschuß TÜV Süd vergangenes Jahr Einkünfte der Stufe 7 (75.000 bis 100.000 Euro). [Ergänzung vom 14.2.2014: Inzwischen hat Alfred Sauter als Geschäftsführer der Sauter und Wurm Rechtsanwälte GbR für das Jahr 2013 einen Gewinn der Stufe 10 (250.000 Euro und mehr) angegeben und insgesamt 21 Mandanten aufgeführt / Ergänzung vom 18.2.2014: Bei dem Betrag handelt es sich um den persönlichen Gewinn des Landtagsabgeordneten, nicht um den der Kanzlei. Ein Landtagssprecher erklärte auf abgeordnetenwatch.de-Anfrage, Sauter habe den Gewinn der Stufe 10 in Bezug auf "seine Tätigkeit als Geschäftsführer/Rechtsanwalt" angegeben.]
- Der CSU-Parlamentarier Steffen Vogel meldet als Rechtsanwalt der Kanzlei "Pickel und Dombrowski" Einkünfte für die Jahre 2013 und 2014 von jeweils zwischen 75.000 und 100.000 Euro (Stufe 7). Da es sich um Bruttoeinnahmen handelt, können bei Freiberuflern u.U. Kosten für Büromiete, Mitarbeitergehälter etc. abfließen.
- Als Rechtsanwalt bei "Schwartz Rechtsanwälte Partnerschaft" in Nürnberg kam der CSU-Abgeordnete Harald Schwartz vergangenes Jahr auf Einkünfte der Stufe 9, das entspricht 150.000 bis 250.000 Euro. Als Insolvenzverwalter gibt Schwartz sogar Einküfte der Stufe 10 (über 250.000 Euro) an.
- Der SPD-Landtagsabgeordnete Bernhard Roos verdient als Gewerkschaftssekretär der IG Metall zusätzlich zu seiner Abgeordnetendiät (7 244 Euro) monatlich zwischen 3.500 und 7.000 Euro (Stufe 2).
- [Ergänzung vom 14.2.2014: Der CSU-Abgeordnete Ernst Weidenbusch gibt als Rechtsanwalt in der Kanzlei Weidenbusch/Deutlmoser für das Jahr 2013 Einkünfte der Stufe 9 (150.000 bis 250.000 Euro) an. Als Syndikus des Lotto - Toto Fachverband BY kassierte Weidenbusch 2013 zwischen 50.000 und 75.000 Euro (Stufe 6), als Mitglied des Verwaltungsrates der Kreissparkasse M-STA-EBE zwischen 7.000 und 15.000 Euro (Stufe 3, 2013).]
Zahlreiche Abgeordnete geben auf der Landtagshomepage zwar Nebentätigkeiten an, führen allerdings keine Einkünfte auf. Das kann verschiedene Gründe haben, etwa dass sie seit dem Stichtag 1. Januar 2014 keine Bezahlung erhalten haben (die Meldefrist liegt bei drei Monaten). Möglich ist auch, dass eine Nebentätigkeit komplett unvergütet ist oder die Einkünfte unter 1.000 Euro im Monat bzw. 10.000 Euro im Jahr liegen. Dann sind sie nicht meldepflichtig.
Einige Beispiele für Abgeordnete, die keine Nebeneinkünfte angegeben haben:
- Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter ist Geschäftsführer der Münchener Werbeagentur Infoproducts GmbH, an der er selbst beteiligt ist. [Ergänzung vom 13.2.2014: Gegenüber
abgeordnetenwatch.de teilte Florian Ritter mit, dass er aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der InfoProducts GmbH keinerlei Einkünfte bezieht. Zudem habe die Firma die Geschäftstätigkeit eingestellt.] - Christoph Rabenstein (SPD) gibt als Nebentätigkeit "Verleger" beim Verlag C. u. C. Rabenstein an.
- Der CSU-Parlamentarier Thomas Huber meldet gar eine "Minijobtätigkeit" bei der Franz Riedl GmbH, einem Bauträger aus Rott am Inn.
Ein Sprecher des Landtags wies auf abgeordnetenwatch.de-Anfrage einen Medienbericht zurück, wonach etwa 30 Abgeordnete trotz Aufforderung Angaben zu ihren Nebentätigkeiten verweigert hätten. Da den Parlamentariern die sog. Ausführungsbestimmungen bislang nicht vorlägen, seien sie formal nicht verpflichtet, Meldung zu erstatten. In den Ausführungsbestimmungen werden Inhalt und Umfang der Anzeigepflicht beschrieben, sie sollen voraussichtlich am 24. Februar in Kraft treten. Dann, so der Landtagssprecher, müssten alle Abgeordnete ihre Angaben eingereicht haben. Gleichzeitig räumte er Startschwierigkeiten und interne Unklarheiten ein. Welche Nebentätigkeiten tatsächlich veröffentlicht werden müssen, sei nicht immer klar und werde teilweise erst noch geprüft.
Unabhängig davon dürften zahlreiche Abgeordnete über keinerlei meldepflichtigen Nebentätigkeiten verfügen. Andere dagegen sind neben ihrem Mandat um so mehr beschäftigt. Der Landtagsabgeordnete aus dem Stimmkreis Nürnberg-West beispielsweise ist nicht nur als bayerischer Staatsminister tätig, sondern gehört insgesamt auch 22 Gremien an - vom Aufsichtsrat der Flughafen München GmbH bis zum Vereinsbeirat beim 1. FC Nürnberg. Vieles davon, so Finanzminister Markus Söder (CSU), mache er allerdings "von Amts wegen".
Mitarbeit: Simon Kimmel
Foto Maximilianeum: pilot_micha / Flickr (CC BY-NC 2.0)