nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt finden Minister:innen meist schnell einen neuen Job – sie sind die perfekten Türöffner für Konzerne und Lobbyverbände. Eine neue Liste zeigt: Ehemalige Kabinettsmitglieder sind in den vergangenen Monaten an ihre alte Arbeitsstätte zurückgekehrt – diesmal im Auftrag von Rüstungs-, Versicherungs- und Autokonzernen. Mehr zu diesem und zu anderen Themen im folgenden Newsletter.
Die Themen:
Wie Ex-Minister:innen ihre Kontakte zur Bundesregierung versilbern
Warum wir uns mit der FDP getroffen haben
Lobbyregister: Die große Gefahr
Neue Regelung zur Organspende beschlossen: So stimmten Ihre Abgeordneten
Neu: Befragen Sie jetzt Ihre Kandidierenden zur Hamburg-Wahl
Fragen und Antworten
Mehrere Ex-Minister:innen sind in den vergangenen Monaten an ihre alte Arbeitsstätte zurückgekehrt – dieses Mal im Auftrag großer Konzerne. So trafen sich Franz-Josef Jung und Dirk Niebel, die inzwischen vom Rüstungshersteller Rheinmetall bezahlt werden, mit hochrangigen Vertreter:innen des Verteidigungs- und des Entwicklungshilfeministeriums. Daniel Bahr, derzeit in Diensten der Allianz-Versicherung, wurde bei seinen früheren Kolleg:innen im Gesundheitsministerium vorstellig. Was die Lobbyisten mit der Regierung genau zu besprechen hatten, ist nicht bekannt – wir haben deswegen bei den Ministerien alle vorhandenen Unterlagen zu den Lobbytreffen angefordert.
Die Liste der Lobbytreffen kam durch eine Parlamentarische Anfrage der Linksfraktion ans Licht. Auf ihr befinden sich auch die frühere Justizministerin Brigitte Zypries sowie mehrere Staatssekretär:innen, die inzwischen Geld mit einem Beratungsunternehmen verdienen.
Vor einigen Monaten noch war das schwer vorstellbar: Die FDP hält ein verbindliches Lobbyregister inzwischen für genauso notwendig wie wir. Lange Zeit war es ja so: Strengere Regeln für Lobbyist:innen galten in der FDP-Spitze geradezu als Teufelszeug. Doch das hat sich nun geändert.
Vergangenen Montag haben wir uns mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, im Bundestag getroffen, um mit ihm über die Einführung eines Lobbyregisters zu sprechen. Gut ist: Die FDP hat einen eigenen Antrag für ein Lobbyregister vorgelegt und will alle Lobbyakteure zu mehr Transparenz verpflichten, also Unternehmen, Verbände, Nichtregierungsorganisationen. Außerdem will Buschmann, dass Lobbykontakte offen gelegt werden müssen und es Sanktionen bei Verstößen gibt.
Vergangenes Jahr hatte eine von abgeordnetenwatch.de in Auftrag gegebene infratest dimap-Umfrage gezeigt, dass 87 Prozent der FDP-Anhänger:innen für eine strengere Regulierung von Lobbyismus sind – nur bei den Anhänger:innen der Linkspartei war die Zustimmung höher.
Neue Regelung zur Organspende beschlossen: So stimmten Ihre Abgeordneten
Es kommt sehr selten vor, dass Bundestagsabstimmungen von der Fraktionsführung „frei gegeben“ werden und Abgeordnete ausschließlich nach ihrem Gewissen stimmen können. Eine solche Abstimmung war die zur Neuregelung der Organspende in der vergangenen Woche. Eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten beschloss die sogenannte Zustimmungslösung. Danach muss ein Mensch aktiv zustimmen, dass seine Organe nach dem Tod entnommen werden dürfen – die individuelle Spendenbereitschaft soll künftig aber regelmäßig abgefragt werden, etwa bei der Ausstellung eines Personalausweises. Abgelehnt wurde die sogenannte Widerspruchslösung, bei der ein Mensch als Organspender:in gilt, sofern er oder sie nicht zu Lebzeiten widerspricht.
Wir haben dokumentiert, wie Ihre Abgeordneten abgestimmt haben:
In vier Wochen wird in Hamburg eine neue Bürgerschaft gewählt. Das Hamburger Wahlsystem ist besonders und gibt Wähler:innen einen großen Einfluss: Auch Kandidierende, die von ihren Parteien nicht auf einen vorderen Listenplatz gesetzt worden sind, können ins Parlament gewählt werden! (Das passt einigen Parteioberen übrigens gar nicht, weswegen es immer wieder Pläne gibt, das Wahlrecht zu ändern).
Auf abgeordnetenwatch.de finden Sie heraus, welche Kandidierenden sich für Ihre Anliegen einsetzen – sei es in Sachen Verkehr, Mieten, Bildung oder jedes andere Thema, das für Sie wichtig ist. So einfach geht’s: Einfach Postleitzahl eingeben, dann werden Ihnen alle Direktkandidierenden aus Ihrem Wahlkreis angezeigt. Auch die Listenkandidierenden finden Sie bei uns. Wenn Sie eine Profilseite anklicken, können Sie dort Ihre Frage stellen.
Fragen und Antworten
Impfen | Als Antwort auf eine Bürgerfrage zur Impfpflicht hat die Linken-Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch den Wortlaut ihrer Parlamentsrede wiedergegeben – die einen ungewöhnlichen Vergleich enthielt: „Impfen ist wichtig, und ich bin, wie auch mein Vorredner, eine überzeugte Impfbefürworterin. Das verbindet mich übrigens mit Elvis Presley.“ Presley habe sich 1956 öffentlichkeitswirksam vor einem Auftritt gegen Polio impfen lassen.
Klimakrise | In der Diskussion um die Klimakrise fragt ein Bürger den SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held: „Warum wird der heutige Weg in die Wiederholung der segensreichen mittelalterlichen Warmzeit von Ihnen bzw. Ihrer Partei schlecht geredet?“ Held antwortet, er sei sehr interessiert daran zu erfahren, „an welcher Stelle sich meine Partei mit der mittelalterlichen Warmzeit beschäftigt hat, beziehungsweise wer sich dazu wo entsprechend geäußert hat.“
Lobbyismus | „Für mich sind die 'Lobbyisten' Lieferanten von Informationen, Positionen und sind manchmal Ratgeber, manchmal Kontrahenten!“ schreibt der SPD-Bundestagsabgeordnete Gustav Herzog in einer Antwort. Es gebe „natürlich auch 'Schwarze Schafe' – sowohl bei den Lobbyisten, als auch bei den Abgeordneten. Deshalb bin ich gegenüber weiteren Verbesserungen bei der Transparenz aufgeschlossen.“ Eine Gefahr für die Demokratie sehe er aber nicht beim Thema Lobbyismus, sondern bei „Populisten und Verbreitern von Verleumdungen, Fake-News und verbalen wie realen, also körperlichen Ausschreitungen gegen Politiker*innen“.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg (Wahlen) | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
Wenn Sie diesen Newsletter interessant fanden, leiten Sie die Mail gerne an Freunde und Bekannte weiter. Abonnieren können diese unseren Newsletter hier (natürlich kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar).
Wenn Sie unsere Arbeit für Transparenz und gegen geheimen Lobbyismus unterstützen möchten, finden Sie hier unsere Spendenseite.