Wir hoffen, Sie hatten schöne Festtage!
Kurz vor Jahresschluss haben wir noch einmal einige Recherchen aus den vergangenen zwölf Monaten zusammengetragen. Es ist immer wieder erschreckend was ans Licht kommt, wenn man unter die Oberfläche schaut. Oder haben Sie es für möglich gehalten, dass ein hoher Beamter der Bundesregierung gleichzeitig als Cheflobbyist eines großen Autokonzerns tätig ist? Diese und andere Fälle von eklatanten Interessenkonflikten haben wir 2018 publik gemacht.
Daneben gab es auch einige Erfolge, zum Beispiel das von uns erwirkte Transparenz-Urteil gegen den Bundestag. Das Gerichtsverfahren zu internen Prüfberichten bei Parteispenden ist jedoch längst nicht abgeschlossen, denn der Bundestag hat Revision eingelegt. Ein endgültiges Urteil erwarten wir frühestens 2019.
In den kommenden Tagen folgt Teil II unseres Jahresrückblicks.
Die Nebenjobs der Ex-Minister
Nicht hinnehmbar in einer Demokratie!
Regierungsbeamte arbeiten im Sonderurlaub als Lobbyist
Julia Klöckner: Bier-Botschafterin im Dienste der Brauerlobby
Wie wir die Bundesregierung zur Herausgabe von tausenden Lobby-Dokumenten brachten
Erfolg vor Gericht: Bundestag muss abgeordnetenwatch.de interne Dokumente zu Parteispenden herausgeben
Fraktionen zahlen Abgeordneten fragwürdige Boni in Millionenhöhe
Fragen und Antworten
Die Nebenjobs der Ex-Minister
Die Vollzeittätigkeit als Bundestagsabgeordneter lastet einige Ex-Minister offenbar nicht aus. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Kabinett im vergangenen März haben sich Thomas de Maizière, Christian Schmidt und Sigmar Gabriel neue Betätigungsfelder gesucht, u.a. als Berater der Deutschen Telekom, Rechtsanwalt, Honorarredner und Lehrbeauftragter in Übersee. Immerhin: Wegen seiner häufigen Fehlzeiten im Bundestag zeigt sich ein Ex-Minister selbstkritisch – und gelobt Besserung.
(Fotos: v.l.n.r.: Sandro Halank CC BY-SA 3.0 | Olaf Kosinsky (kosinsky.eu) CC BY-SA 3.0DE | Thomas Lothar CC BY-SA 4.0)
Regierungsbeamte arbeiten im Sonderurlaub als Lobbyist
Was viele nicht wissen: Auch zahlreiche Regierungsbeamte arbeiten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände – teilweise in Leitungspositionen und mehrere Jahre lang. Dafür haben die Staatsdiener Sonderurlaub beantragt, der meist problemlos genehmigt wurde. Interessenkonflikte mag die Große Koalition nicht erkennen, im Gegenteil: Selbst der Lobbyjob eines Staatsdieners bei Volkswagen sei "im besonderen Interesse der Bundesregierung".
Staatsdiener arbeiten im Sonderurlaub als Lobbyist
Gemeinsam mit dem ARD-Politmagazin Panorama sind wir dem Fall des VW-Lobbyisten aus dem Auswärtigen Amt, Jens Hanefeld (Foto), nachgegangen:
Hoher Regierungsbeamter arbeitet als VW-Cheflobbyist
Regierungsbeamter seit Jahren an VW ausgeliehen (Panorama-Beitrag, 4:08)
Der Lobbyverband der deutschen Brauer lässt einen Kasten Bier ins Landwirtschaftsministerium liefern, wenig später hält ihn die Ministerin öffentlichkeitswirksam in die Kamera. Dem Deutschen Brauer-Bund "gefällt das" – eine bessere Werbung als die seiner amtierenden „Bier-Botschafterin“ Julia Klöckner hätte er sich nicht wünschen können.
Die Geschichte hinter dem Twitter-Foto der Ministerin:
Wie wir die Bundesregierung zur Herausgabe von tausenden Lobby-Dokumenten brachten
In den Aktenschränken der Bundesregierung lagerten lange Zeit viele tausend Stellungnahmen, mit denen Lobbyisten Einfluss auf Gesetzentwürfe nehmen wollten. Dass die Papiere inzwischen öffentlich sind, ist das Ergebnis unserer Transparenzkampagne #GläserneGesetze vom vergangenen Sommer. Regierungsinterne Dokumente aus jenen Wochen zeigen, wie ernst man die Aktion nahm – und wie uns das Innenministerium zur Aufgabe bewegen wollte.
Wie wir die Bundesregierung zur Herausgabe von tausenden Lobby-Dokumenten brachten
Die Bundesregierung hatte die Veröffentlichung der Lobbyisten-Stellungnahmen zunächst nur für die vergangene Legislaturperiode zugesagt. Vor kurzem beschloss das Kabinett, die Dokumente von nun an standardmäßig ins Internet zu stellen.
Die Bundestagsverwaltung muss abgeordnetenwatch.de nach einem Gerichtsurteil interne Dokumente zu Parteispenden herausgeben. Die Unterlagen können uns dabei helfen, verschiedene Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung aufzuklären. Allerdings ist das Urteil nicht rechtskräftig. Der Bundestag will die Parteispenden-Dokumente unter allen Umständen geheim halten und hat deswegen Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Die Leipziger Richter werden möglicherweise im Laufe des kommenden Jahres eine Entscheidung fällen.
Dutzende Abgeordnete erhalten neben den Diäten noch großzügige Extra-Zahlungen für ihre Fraktionsposten – im vergangenen Jahr insgesamt 3,6 Mio. Euro. Doch die Zulagen sind rechtlich fragwürdig und in den meisten Fällen wohl verfassungswidrig. Eine abgeordnetenwatch.de-Umfrage zeigt nun, dass sich die meisten Fraktionen großzügig über die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts hinweg setzen. Juristisch haben sie nichts zu befürchten – aus einem einfachen Grund.
Fragen und Antworten
Jens Spahn | Vor einiger Zeit appellierte Gesundheitsminister Jens Spahn in einer Fernsehsendung an die Öffentlichkeit, doch „ab und zu auch mal [zu] diskutieren“. In eigener Sache will der CDU-Bundestagsabgeordnete dagegen weniger gerne öffentlich diskutieren. Eine langjährigen Mitarbeiterin im Gesundheitswesen, die sich kritisch zu der vom Minister geplanten Förderung der Pflege geäußert hatte, erhielt von Spahn statt einer Antwort auf ihre Fragen einen nichtssagenden Standardtext.
Lothar Binding | Auch er sei „irritiert“ gewesen über die Berufung des früheren Deutschland-Chefs von Goldman Sachs zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding. Einerseits. Andererseits aber sei besagter Investmentbanker der „Vorgänger von Andrea Nahles als Juso-Chef in Rheinland-Pfalz. Wenn ich mich mit all meiner Empathie in die Goldman Sachs Investmentbank einfühle und mir vorstelle: der Juso Jörg Kukies, aus Sicht der Bankerkollegen also ein eher linksradikaler Revoluzzer, wird Kollege in der Abteilung Investmentgeschäft von Goldman Sachs, wäre ich doch ziemlich irritiert.“
Markus Söder | Ein Fragesteller zeigt sich verwundert darüber, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder im Anbringen von Kreuzen in bayerischen Behörden keinen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot sieht. Der CSU-Politiker antwortet: „Das Kreuz ist natürlich ein religiöses Zeichen, zugleich aber auch das Symbol für unsere kulturelle Identität.“
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
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