kaum hatte SPIEGEL ONLINE gestern Morgen über unsere Recherchen zu den Nebeneinkünften der Bundestagsabgeordneten berichtet, klingelte bei uns das Telefon. Am Apparat: Der wütende Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten. Unsere Darstellung über die Einkünfte seines Chefs sei falsch, rief er wutentbrannt in den Hörer, wir sollten sie gefälligst löschen sonst werde er rechtliche Schritte einleiten.
Natürlich waren unsere Angaben vollkommen korrekt: Mehr als 160.000 Euro hatte der Parlamentarier mit seiner Nebentätigkeit in dieser Legislaturperiode kassiert - zusätzlich zu seinen Abgeordnetenbezügen von monatlich rund 13.000 Euro!
Dieses Beispiel zeigt, dass wir mit unseren Recherchen in ein Wespennest gestochen haben. Nachdem seit gestern die allermeisten Medien über die exzessiven Nebeneinkünfte berichteten, müssen sich die Abgeordneten nun in ihren Wahlkreisen kritische Fragen gefallen lassen. Zum Beispiel Dagmar Wöhrl von der CSU, die vergangenes Jahr als Aufsichtsrätin von einem Versicherungskonzern mehr als 165.000 Euro kassierte - wie kann sie da unabhängig bei Gesetzen sein, die die Versicherungsbranche betreffen? Oder ihr Fraktionskollege Stephan Harbarth, der als Vorstandsmitglied einer Wirtschaftskanzlei ein höheres Jahreseinkommen hat als die Bundeskanzlerin. Wie passt das zu seinem 80 Stunden-Job als Abgeordneter?Unsere Veröffentlichungen werden ihr Ziel nicht verfehlen. Vielleicht noch nicht morgen, aber in den nächsten Jahren. Wenn ein Abgeordneter sich in seinem Wahlkreisen ständig für seine hoch bezahlten Nebenjobs rechtfertigen und zu möglichen Interessenkonflikten Stellung nehmen muss, wird er irgendwann einsehen: Die Mehrheit der Menschen will einen Volksvertreter, der sich zu 100 Prozent für die Bevölkerung einsetzt - und nicht nebenher zehntausende Euro von Konzernen und Lobbyverbänden kassiert!
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