Illegale AfD-Parteispenden aus der Schweiz

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Ziko van Dijk / Wikimedia / CC BY-SA 3.0

Ausgangspunkt: Im November 2018 enthüllten WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung, dass ein Schweizer Pharmaunternehmen der AfD im Vorfeld der Bundestagswahl zwischen Juli und September 2017 umgerechnet rund 132.000 Euro gespendet hatte.

Auffallend: Die Spende erfolgte in 18 Tranchen, die auf das Konto des AfD-Kreisverbandes Bodensee überwiesen wurden (Überweisungszweck "Wahlkampfspende Alice Weidel"). Weidel war seinerzeit stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes und AfD-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, nach der Wahl übernahm sie den Fraktionsvorsitz. Die spendende Schweizer Firma PWS wurde offenbar nur zur Tarnung benutzt. Ihr Verwaltungsrat erklärte auf eine Medienanfrage, dass der Geschäftsführer von PWS das Geld "treuhänderisch" im Auftrag eines "Geschäftsfreundes" überwiesen habe, es habe sich hierbei um einen Gefallen gehandelt (Quelle: tagesschau.de). Der Freund überwies das Geld an die Firma PWS, die es anschließend auf das Konto der AfD transferierte. Die AfD überwies die Spende nach eigenen Angaben im April 2018 zu einem Großteil zurück.

Warum ist die Spende problematisch/illegal:

  • Die Spende wurde im Auftrag eines (unbekannten) Dritten an die AfD überwiesen. Dies ist eine sogenannte Strohmannspende, die nach dem Parteiengesetz verboten ist.
  • Spenden aus nicht-EU-Ländern sind verboten, wenn sie 1.000 Euro überschreiten, es sei denn das Unternehmen gehört zu mehr als 50 Prozent einem deutschen Staatsbürger oder einer deutschen Staatsbürgerin. In diesem Fall ist die Firma im Schweizer Besitz.
  • Alle Spenden ab 10.000 Euro müssen im Rechenschaftsbericht der Partei veröffentlicht werden. Die 132.000 Euro-Spende war augenscheinlich so gestückelt, dass die einzelnen Überweisungen in Höhe von rund 7.900 Euro jeweils unter der Veröffentlichungsgrenze lagen.
  • Spenden von mehr als 50.000 Euro müssen sogar unverzüglich gemeldet und veröffentlicht werden. Trotz Stückelung hätte die AfD die Spende nach Überschreiten der 50.000 Euro-Grenze sofort beim Bundestag angeben müssen – was sie nicht tat.
  • Da die Annahme der Spende nach dem Parteiengesetz illegal war, hätte die AfD diese unverzüglich (d.h. "ohne schuldhafte Verzögerung") an den Spender zurückzahlen oder an die Bundestagsverwaltung weiterleiten müssen. Allerdings überwies die Partei einen Großteil des Geldes erst im April 2018 auf das Konto der Firma PWS zurück – über ein halbes Jahr nach Spendeneingang. Die AfD nutzte das Geld in der Zwischenzeit unter anderem dafür, um Anwaltsrechnungen zu bezahlen.
  • Bis zur Medienberichterstattung im November 2018 war die Verwaltung des Bundestags nicht über die illegale Spende informiert, obwohl mehrere Verantwortliche innerhalb der AfD über den Spendeneingang Bescheid wussten. Fraktionsvorsitzende Alice Weidel selbst erklärte, von der Überweisung bereit im September 2017 erfahren zu haben.

Forderung: Unternehmensspenden sollten grundsätzlich verboten werden, da diese ein Einfallstor für Lobbyismus darstellen. Bei Einzelpersonen sollten die Spenden deutlich begrenzt werden. Dies ist in mehreren Ländern wie beispielsweise in Frankreich bereits der Fall: Dort können nur Einzelpersonen bis zu 7.500 Euro im Jahr an Parteien spenden, im Wahlkampf noch weniger (4.600 Euro). Beide Maßnahmen - ein Unternehmensspendenverbot und eine Begrenzung von Privatspenden - würde die Verschleierung der wahren Geldgeber deutlich erschweren. abgeordnetenwatch.de setzt sich für eine Verschärfung der Parteispendenregeln ein: Hier geht es zur Petition Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!

Quellen und weitere Informationen:

Folgen und weitere fragwürdige Spenden:

  • 14.11.2018: Die AfD räumt in einer Pressemeldung ein, dass der Kreisverband Bodensee im Februar 2018 eine Spende in Höhe von 150.000 Euro von einer niederländischen Stiftung erhalten hatte. Weil die Identität des Spenders unklar war, überwies die Partei das Geld im Mai 2018 zurück - ohne die meldepflichtige Großspende beim Bundestag angegeben zu haben. (Quelle: tagesschau.de)

  • 16.11.2018: Mehrere aktuelle und ehemalige AfD-Funktionäre bestätigen, dass die niederländische Stiftung bereits im Jahr 2016 49.000 Euro an den Landesverband in Nordrhein-Westfalen gespendet hatte. Diese Spende wurde allerdings in Rücksprache mit dem Landes- und Bundesschatzmeister umgehend zurücküberwiesen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Von dieser einen Stiftung kamen also insgesamt 2016 und 2018 rund 200.000 Euro.

  • 21.11.2018: Medienrecherchen belegen eine intensivere Verbindung zwischen AfD und einem Unterstützerverein namens "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten". Der Stuttgarter Verein soll millionenschwere Wahlwerbung der Partei finanziert haben, die Geldgeber sind bislang unbekannt. Offiziell distanziert sich die AfD, interne Mails aus dem Jahr 2017 belegen jedoch eine enge Verbindung zwischen AfD-Funktionären und Verein. Es besteht der Verdacht einer illegalen Parteienfinanzierung. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

  • 30.11.2018: Laut zwei ehemaligen Vorstandsmitgliedern der AfD wusste der Bundesvorstand bereits 2013 über die Anschubfinanzierung anonymer Spender Bescheid. Demnach habe sich der AfD-Bundesvorstand mit der Rolle der ehemaligen Pressesprecherin Dagmar Metzger beschäftigt, deren PR-Agentur mehrfach Rechnungen von Parteiveranstaltungen beglichen hatte. AfD-Vorstände hätten damals befürchtet, "dass die unbekannten Spender uns mit der Justiz in Konflikt bringen könnten" (Quelle: Spiegel Online).

  • 12.12.2018: Eine SMS eines Mitarbeiters von Frauke Petry aus dem Bundestagswahljahr 2017 wirft weitere Fragen auf. Darin heißt es, die Agentur "Stöer" wünsche ein dringendes Gespräch, es ginge um die Koordination mit "dem edlen Spender aus dem Süden". Bei diesem handelt es sich wohl um den "Verein für Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Freiheiten", der für die AfD im selben Jahr großflächig Anzeigen schaltete. Damit könnte es sich um eine so genannte "Strohmannspende" handeln, bei der der wahre Geldgeber verheimlicht wird. Dies ist illegal. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)