Der Landtag von Sachsen-Anhalt soll nach einem entsprechenden Antrag der AfD-Fraktion einen Untersuchungsausschuss einsetzen, der sich mit Finanzgeschäften dreier Abwasserzweckverbände (AZV) auseinandersetzt. Diese hätten durch zweifelhafte Finanzgeschäfte hohe Verluste für die Kommunen verursacht. Der Ausschuss soll seine Arbeit ab Oktober 2018 aufnehmen. Für den Zeitraum vom 25. Mai 1998 bis 31. Dezember 2017 sollen für die AZV in Bad-Dürrenberg und Köthen sowie das AZV Saale-Fuhne-Ziethe folgende Fragen beantwortet werden:
- Auf welchen rechtlichen Grundlagen wurden Kredit- und Derivatgeschäfte gemacht und gab es Rechtsverstöße?
- Wie hoch waren die Verluste bis Ende 2017?
- Wie war das Verhältnis der AZV zu den jeweiligen Partnerbanken und sind die Banken ihrer Beratungspflicht nachgekommen?
- Inwieweit waren Kontrollgremien und Kommunen an den Entscheidungen beteiligt?
Als Einbringer des Antrages sprach Robert Farle (AfD). Er forderte einer Aufklärung der Finanzgeschäfte der Abwasserzweckverbände in Höhe von mindestens 1,2 Milliarden Euro. Dies sei insbesondere aufgrund der entstandenen Kosten für die Kommunen und somit Bürger*innen notwendig. Sein Parteikollege Hannes Loth (AfD) warf den anderen Parteien vor, die Missstände in den AZV nicht ernst zu nehmen. Er kritisierte insbesondere Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), der Dienstaufsichtsbeschwerden nicht beachtet habe.
Dr. Andreas Schmidt sprach für die SPD. Er hielt den Antrag der AfD für eine überzogene Reaktion. Häufig, wie beispielsweise im Fall des AZV Saale-Fuhne-Ziethe, seien Geschäfte mit Derivaten rechtskonform gewesen und hätten dazu noch Risiken minimiert. Jedoch würden sich noch weitere Fragen stellen. Schmidt hob insbesondere die Rolle der Entscheidungen von Geschäftsführern und die Prüfungspflicht der Kommunen heraus. Diese Fragen müssten zivil- und strafrechtlich vor Gericht geklärt werden und nicht in einem Untersuchungsausschuss. Nichtsdestotrotz erkannte Schmidt das Recht der AfD, einen Ausschuss einzuberufen, an und versicherte die Mitarbeit der SPD im Ausschuss.
Auch Olaf Meister (GRÜNE) kritisierte die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Seiner Meinung nach werde bereits genügend zur Aufklärung der Fälle getan, da der Landesrechnungshof, das Innenministerium, die Kommunalaufsicht genauso wie der Rechnungsprüfungsausschuss zurzeit detaillierte Berichte zur Aufklärung erstellen würden. Außerdem arbeite die Regierung grade an einer gesetzlichen Genehmigungsfrist für Derivatgeschäfte und daran, dass der Landesrechnungshof auch kleinere Kommunen überprüfen kann.
Swen Knöchel (LINKE) stimmte seinem Vorredner zu und sah die Kompetenz zur Prüfung des Sachverhaltes beim Landesrechnungshof. Er warnte die AfD-Fraktion zudem davor, allzu häufig vom Instrument des Untersuchungsausschusses Gebrauch zu machen. Dies werde sonst ineffizient und unglaubwürdig. Genauso wie die Grünen kündigte er stellvertretend für die Linke an, sich zu enthalten.
Frank Scheurell (CDU) gab darüber hinaus zu bedenken, dass der Landesrechnungshof sich bereits bedeutend weitreichender mit dem Problem befasse, als die AfD es für den Untersuchungsausschuss beabsichtige. 50 Abwasserzweckverbände in ganz Sachsen-Anhalt würden demnach überprüft.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) erläuterte noch einmal die bisher bestehende Rechtslage zum Umgang mit Derivaten. Die risikoreiche Spekulation mit ihnen sei bereits vor 2014 verboten gewesen. Er kritisierte die Vorredner der AfD scharf, die sich falsch äußern würden, wenn sie sagten, dass es bisher hierzu keine Regelung gegeben habe.
Mit 22 Ja-Stimmen und 60 Enthaltungen wurde der Untersuchungsausschuss eingesetzt, weil die qualifizierte Mehrheit von 22 Stimmen, die für die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nötig sind, somit erreicht wurde. Der fraktionslose Gottfried Backhaus stimmte gegen den Antrag. Alle drei Anträge zur Besetzung des Ausschusses durch die AfD, die LINKE und den Regierungsfraktionen wurden von allen Fraktionen angenommen.