Hoffentlich haben Sie frohe und erholsame Festtage verbracht.
Kurz bevor 2017 zu Ende geht, blicken wir in Teil 2 unserer Jahreschronik noch einmal zurück auf Recherchen und Veröffentlichungen aus den vergangenen zwölf Monaten. (Teil 1 unseres Rückblicks können Sie hier nachlesen).
Unsere Themen:
Wie CDU und CSU die Veröffentlichung ihrer Lobbykontakte verhindern wollten
Parteien füllen ihre Kassen mit teurer Lobby-Werbung
Hausausweisliste: Diese Lobbyisten haben Zugang zum Bundestag
Lobbyisten in der Übermacht
CDU nahm illegale Parteispende an – und bleibt straffrei
Steuerbeamte kassierten mit Nebenjobs zehntausende Euro aus der Wirtschaft
abgeordnetenwatch.de-Klage bewahrt Deutschland vor peinlichem Mahnverfahren
Wenn große Medienhäuser an Parteien spenden
Fragen und Antworten aus 2017
Eine Bitte: Wenn Sie die Sozialen Netzwerke nutzen, liken Sie uns doch bei Facebook bzw. folgen Sie uns bei Twitter, was aktuell über 97.000 bzw. 27.000 Menschen tun. Teilen Sie gerne auch den Link zu diesem Newsletter – so erreichen wir mit unserer Arbeit noch mehr Menschen und können noch mehr bewirken! In unserem Recherche-Blog finden Sie weitere Ergebnisse unserer Arbeit. Unterstützen können Sie uns durch regelmäßige und einmalige Spenden.
Nach einer abgeordnetenwatch.de-Klage kam 2015 ans Licht, welche Lobbyisten von den Fraktionen einen Hausausweis zum Bundestag bewilligt bekamen. Interne Dokumente belegen nun, wie CDU und CSU die Veröffentlichung ihrer Lobbykontakte – darunter Vertreter von Rüstungskonzernen, Frackingunternehmen und der Autobranche – unbedingt verhindern wollten. Dabei störte die Unionsfraktion auch nicht, dass selbst der damalige Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) und die Anwälte des Bundestages erhebliche Zweifel hatten, dass sich die Herausgabe der Lobbykontakte juristisch abwenden ließe.
Parteien füllen ihre Kassen mit teurer Lobby-Werbung
Beim Durchblättern von Parteizeitungen lässt sich mitunter der Eindruck gewinnen, man halte ein Werbemagazin in den Händen. Unternehmen und Verbände wie Volkswagen, E.ON, PricewaterhouseCoopers oder die Deutsche Automatenwirtschaft werben bei Parteifunktionären und -mitgliedern für ihre Anliegen. abgeordnetenwatch.de-Recherchen zeigen nun, welche Lobbyakteure Anzeigen in Parteizeitungen wie dem Vorwärts, dem UNION Magazin oder fdplus schalten – und wie viel sie dafür bezahlen. Teilweise ist den Unternehmen und Verbänden ihre Präsenz in einem Mitgliedermagazin sogar mehr wert als eine Anzeige im SPIEGEL. Trotz der beträchtlichen Werbeeinnahmen gibt es für die Parteien keinerlei Transparenzpflichten.
Volkswagen, E.ON, DHL: So viel zahlen Lobbyisten für Werbung in Parteizeitungen
Eine weitere lukrative Einnahmequelle für Parteien sind die Standmieten auf Parteitagen. Was Unternehmen und Verbände dafür zahlen müssen, zeigen wir hier.
Als Konsequenz aus unserer erfolgreichen Hausausweisklage erhalten die Lobbyisten von Unternehmen und Agenturen seit 2016 keinen Jahresausweis mehr zum Deutschen Bundestag. Ihre Anliegen gelangen aber auch weiterhin bis in die Abgeordnetenbüros. Eine Hausausweisliste, die der Bundestag auf Antrag von abgeordnetenwatch.de herausgegeben hat, gibt nun Aufschluss darüber, welche 787 Lobbyisten einen beinahe ungehinderten Zugang zum Parlament besitzen. Unter den Inhabern der begehrten Zugangsscheine finden sich u.a. die Verbandsvertreter der Auto-, Banken- und Rüstungslobby. Wir veröffentlichen die vollständige Liste in unserem Blog.
CDU nahm illegale Parteispende an – und bleibt straffrei
Warum spendet ein aserbaidschanischer Energiekonzern 28.000 Euro an eine deutsche Partei – und warum nimmt die das Geld an? Diese und andere Fragen stellen sich, seitdem abgeordnetenwatch.de vor einigen Wochen eine illegale Zahlung des Öl- und Erdgasunternehmens SOCAR an die Frankfurter CDU aufgedeckt hat. Sowohl CDU als auch SOCAR haben den Vorgang eingeräumt. Zwar liegt dieser schon einige Jahre zurück, doch erst vor kurzem hat die Bundestagsverwaltung eine interne Überprüfung des Falls abgeschlossen. Ergebnis: Die CDU hat gegen das Parteiengesetz verstoßen – dennoch kommt sie ohne Strafzahlung davon.
Die Recherche haben wir gemeinsam mit WDR und Süddeutscher Zeitung durchgeführt. Deren Berichte:
tagesschau.de: Aserbaidschan-Verbindungen - Unzulässige Parteispende für CDU
Süddeutsche Zeitung: CDU erhält mysteriöse Gelder aus Aserbaidschan
In den Artikeln über die #ParadisePapers tauchten kürzlich immer wieder die Namen der vier großen Beratungsgesellschaften Ernst & Young, Deloitte, PriceWaterhouseCoopers und KPMG auf. Zu deren Geschäftsmodell gehört es wohlhabenden Kunden bei der Steuervermeidung zu helfen. Was die meisten Menschen nicht wissen: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bezahlen auch Steuerbeamte aus dem Bundesfinanzministerium – für Vorträge und „schriftstellerische Tätigkeiten“. Einige Staatsdiener kassierten mit ihren Nebenjobs in der Wirtschaft mehrere zehntausend Euro pro Jahr.
Seit Jahren fordert der Europarat von Deutschland strengere Regeln gegen geheimen Lobbyismus, doch die Bundesregierung saß das bislang einfach aus. Nun ist Deutschland sogar knapp an einem Mahnverfahren vorbeigeschrammt. Dass es dazu am Ende nicht kam, liegt u.a. an der erfolgreichen Hausausweisklage von abgeordnetenwatch.de. Weil daraufhin zumindest die Zugangsregeln für Lobbyisten zum Bundestag verschärft wurden, sah der Europarat noch einmal von einem peinlichen Mahnverfahren ab. Und auch in einem weiteren Fall wurde die Bundesregierung erst tätig, als sie von abgeordnetenwatch.de zu mehr Transparenz gedrängt wurde.
Die ZEIT als Parteispender? Gruner + Jahr? Der SPIEGEL-Verlag? Was aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar ist, war einst gang und gäbe: Viele namhafte Medienhäuser überwiesen Geld an Parteien oder stellten Gratis-Anzeigen zur Verfügung. Dass der Spendenfluss mit der Zeit fast komplett versiegte, war kein Zufall – auch wenn einige Verlage noch bis vor kurzem in Spendierlaune waren.
Fragen und Antworten aus 2017
Einen interessanten Gedanken entwickelt ein Bürger in seinen Schreiben an Volker Kauder und Thomas Oppermann: Das Abschließen von Verträgen mit Kindern sei unzulässig, weil sie die Tragweite nicht verstehen könnten. Was aber ist, wenn Abgeordnete die Tragweite eines Gesetzesentwurfes nicht erfassen können, etwa weil ihnen schlicht die Zeit zur inhaltlichen Prüfung fehlt? Der Fragesteller bringt dies auf den Punkt mit der Frage: „Wieviel Prozent der Abgeordneten müssen ihrer Meinung nach eine Beschlussvorlage verstehen, damit sie Vertragsverbindlichkeit erlangt?“
Ein Bürger befragt die Bundestagsabgeordnete Renate Künast zu einem Foto, das diese in einem spritschluckenden SUV zeigt. In ihrer Antwort klärt die Grünen-Politikerin die Geschichte auf und schreibt: „Ich bin auch nur ein Mensch, der nicht alles zu 100% lebt. Was ich aber auch nie behauptet habe.“
Welche Nebeneinkünfte hat die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt? Und warum will sie Fracking und Glyphosat nicht verhindern? Auf Fragen wie diese möchte die SPD-Abgeordnete nicht öffentlich antworten. Ein Bürger schreibt an Schmidt: „Demokratie hat m.E. etwas mit Tranzparenz zu tun. (…) Ich bin erschrocken, dass meine Abgeordnete sich so verhält, deshalb bitte ich Sie aufrichtig um Darlegung Ihrer Beweggründe.“
Haben Sie Fragen an Ihre Abgeordneten? Hier können Sie sie stellen.
Zum Ende eines ereignisreichen Jahres möchten wir uns herzlich dafür bedanken, dass Sie unsere Arbeit über diesen Newsletter verfolgt haben. Ihnen und Ihrer Familie die besten Grüße und einen guten Start ins neue Jahr!