Andreas Scheuer und gelöschte Handy-Nachrichten, der Wirecard-Untersuchungsausschuss und Recherchen von abgeordnetenwatch.de – sowie eine neue Folge unseres Podcasts "Unter der Lupe" zum Thema Lobbyismus: Dies und mehr im aktuellen Newsletter.
Die Themen in der Übersicht:
- Verkehrsminister Scheuer löschte offenbar Handy-Nachrichten
- 80:1 für die Autolobby
- Bundestagswahl: Befragen Sie jetzt Ihre Kandidierenden
- Wirecard-Untersuchungsbericht greift Recherchen von abgeordnetenwatch.de auf
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen aus der Wirtschaft und von Privatpersonen +++
- "Unter der Lupe": Neue Podcast-Folge zu Lobbyismus und Korruption
- Zeugnisnoten: So reagierten die Bundestagsabgeordneten auf Fragen aus der Bevölkerung (Teil III)
- Selbstorganisierte Volksabstimmung auf Bundesebene: Jetzt mitmachen
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Bundesregierung will unsere Transparenzkampagne "Lobbyregister selbstgemacht" ausbremsen
Verkehrsminister Scheuer löschte offenbar Handy-Nachrichten
© | picture alliance / Flashpic | Jens Krick |
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) weigerte sich beharrlich, Korrespondenzen mit den Gründern des umstrittenen Start-ups Augustus Intelligence herauszugeben. Nun zeigt sich: Die Nachrichten wurden offenbar von seinen Mobiltelefonen gelöscht – obwohl die Initiative FragDenStaat versucht hatte, die Löschung gerichtlich untersagen zu lassen.
Verkehrsminister Scheuer löschte offenbar Handy-Nachrichten
Das Unternehmen Augustus Intelligence, mit deren Gründern der Bundesverkehrsminister korrespondierte, spielt auch in der sogenannten Amthor-Affäre eine wichtige Rolle. Anhand interner Dokumente haben wir kürzlich gezeigt, wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor dem umstrittenen Unternehmen die Tür zur Bundesregierung öffnete.
80:1 für die Autolobby
© | picture alliance/Keystone| Peter Klaunzer |
Verkehrsminister Scheuer sorgt nicht nur mit Intransparenz für Schlagzeilen, sondern auch mit seinen Lobbykontakten. Kürzlich kam heraus, dass Scheuer seit seinem Amtsantritt im März 2018 der Autolobby 80 Termine gewährte, großen Umweltverbänden lediglich einen.
An die Öffentlichkeit kommen die einseitigen Lobbykontakte meist nur durch Zufall. Entweder, weil die Bundesregierung sie erst nach Anfragen der Opposition offenlegen muss. Oder weil Journalist:innen sie aufdecken.
Zwei von drei Menschen in unserem Land haben den Eindruck, die Bundesregierung werde durch große Lobbyakteure gesteuert, die nur ihre eigenen Interessen vertreten. Das hat jüngst eine repräsentative Umfrage des Instituts Kantar im Auftrag von Transparency International ergeben. Eigentlich müsste die Regierungskoalition aus Union und SPD dieser Sorge begegnen, indem sie strenge Transparenzregeln beschließt – ganz konkret die Offenlegung von Lobbykontakten und einem legislativen "Fußabdruck", der den Einfluss auf Gesetzentwürfe sichtbar macht. Doch das hat die Große Koalition, insbesondere auf Betreiben von CDU und CSU, nicht getan. Stattdessen hat sie kürzlich ein weitgehend unbrauchbares und wirkungsloses Lobbyregister verabschiedet, das niemandem weh tut.
Es ist skandalös, dass Lobbyakteure weiterhin im Verborgenen Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können. Doch ohne öffentlichen Druck wird sich das nicht ändern und keine strengen Regeln beschlossen werden. Deswegen möchten wir Sie um Unterstützung bitten: Helfen Sie uns dabei, öffentlichen Handlungsdruck auf die Politik zu erzeugen – durch Recherchen und öffentlichkeitswirksame Aktionen. Förder:in von abgeordnetenwatch.de können Sie bereits ab 5 Euro im Monat werden. Ihr Förderbeitrag ist steuerlich absetzbar.
Bundestagswahl: Befragen Sie jetzt Ihre Kandidierenden
© | Sharon Ang / Pixabay |
Wer sind die Kandidierenden in Ihrem Wahlkreis – und welche Positionen vertreten sie? Auf unserem in dieser Woche gestarteten Wahlportal können Sie alle Direktkandidierenden zur Bundestagswahl öffentlich befragen, insgesamt fast 2.500 Politiker:innen. Einfach Postleitzahl eingeben und Ihre Wahlkreiskandidierenden finden.
Jetzt Fragen an die Kandidierenden stellen
Über den Start unseres Wahlportals haben am Mittwoch unter anderem die ARD-Tagesthemen berichtet. Hier können Sie den informativen Beitrag in der Mediathek sehen (ab Minute 23:15).
Wirecard-Untersuchungsbericht greift Recherchen von abgeordnetenwatch.de auf
© | picture alliance / dpa | Wolfgang Kumm |
Bei der Aufklärung des Skandals um den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard hat der Bundestag auch auf Recherchen von abgeordnetenwatch.de zurückgegriffen. Im kürzlich veröffentlichten Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses wird an mehreren Stellen auf von uns veröffentlichte interne Regierungsdokumente Bezug genommen. Sie geben Aufschluss über die Lobbyaktivitäten des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich unter anderem bei Bundeskanzlerin Angela Merkel erfolgreich für das Skandalunternehmen eingesetzt hatte. Mit seiner Firma lobbyierte der Ex-Minister auch bei der deutschen Botschaft in Peking.
Hier können Sie unsere Recherchen noch einmal nachlesen:
+++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen aus der Wirtschaft und von Privatpersonen +++
In den vergangenen Tagen sind folgende Großspenden eingegangen:
- CDU: 300.000 Euro von der Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG)
- CDU: 75.000 Euro von Martin Herrenknecht, Vorstandsvorsitzender des Tunnelbohrherstellers Herrenknecht AG
- CDU: 100.000 Euro von Andreas Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp Holding AG
- FDP: 51.000 Euro von Ulrich Horst Marseille, Gründer der Marseille-Kliniken AG
- CDU: 75.000 Euro vom Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen
Eine Großspende muss unverzüglich auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht werden, wenn sie über 50.000 Euro liegt. Zahlungen unterhalb dieser Schwelle werden erst mit großer Verzögerung in den Rechenschaftsberichten der Parteien öffentlich – Spenden aus dem laufenden Superwahljahr höchst wahrscheinlich also erst 2022.
abgeordnetenwatch.de fordert eine deutlich frühere Veröffentlichung sowie eine Obergrenze für Parteispenden von Privatpersonen. Lobbyspenden von Unternehmen und Verbänden sollten komplett verboten werden. Wenn Sie derselben Meinung sind, unterschreiben und verbreiten Sie bitte unsere Petition "Lobbyspenden an Parteien verbieten" – über 128.000 Menschen haben bereits mitgemacht.
"Unter der Lupe": Neue Podcast-Folge zu Lobbyismus und Korruption
© | abgeordnetenwatch.de |
Wie sehr hat die Glaubwürdigkeit von Politiker:innen unter Skandalen wie den Maskengeschäften von Abgeordneten gelitten? Und was passiert, wenn Abgeordnete nicht mehr im Auftrag ihrer Wähler:innen handeln, sondern die Interessen einzelner Unternehmen in den Vordergrund rücken? Über diese und andere Fragen spricht unsere Kollegin Josephine Andreoli in Folge 4 unseres Podcasts "Unter der Lupe" mit Britta Haßelmann, der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag.
Zur aktuellen Podcast-Folge "Lobbyismus und Korruption"
Alle zwei Wochen erklären Bundestagsabgeordnete in unserem Podcast "Unter der Lupe", wie die parlamentarischen Prozesse und das Leben im Bundestag laufen oder wie sie zu Themen wie Nebeneinkünften, Parteispenden und Lobbyismus stehen. Die insgesamt acht Folgen erscheinen jeden zweiten Mittwoch bis zur Bundestagswahl und sind auf allen Podcast-Plattformen verfügbar.
Bisher erschienen:
Zeugnisnoten: So reagierten die Bundestagsabgeordneten auf Fragen aus der Bevölkerung (Teil III)
© | abgeordnetenwatch.de |
Nicht nur für die Schüler:innen in zahlreichen Bundesländern gab es in den vergangenen Tagen Zeugnisse, sondern auch für die dortigen Bundestagsabgeordneten. Wie schon in den Vorjahren haben wir die Antwortquoten auf abgeordnetenwatch.de in Schulnoten umgerechnet – dabei gab es reihenweise die Bestnote. Ein "sehr gut" ging unter anderem an Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Katja Kipping (Linkspartei) und den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU). Keine Fragen beantwortete beispielsweise der frühere CSU-Fraktionsvize Georg Nüßlein, gegen den derzeit wegen Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit Maskengeschäften ermittelt wird. Er erhielt ebenso die Note 6 wie Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), Ex-AfD-Chefin Frauke Petry und der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU).
Wer erhält ein "sehr gut", wer antwortete "ungenügend"? Finden Sie es hier heraus
Damit haben nun alle Bundestagsabgeordneten Zeugnisnoten für ihre Antwortbereitschaft bei Fragen aus der Bevölkerung erhalten. Die Antwortquote ist der objektivierbare, messbare Teil beim Austausch zwischen Abgeordneten und Bürger:innen. Wie kompetent und überzeugend die Abgeordneten dabei sind, darauf müssen wir Bürger:innen natürlich eine eigene Antwort finden.
Selbstorganisierte Volksabstimmung auf Bundesebene: Jetzt mitmachen
© | abstimmung21 |
Parallel zu den Bundestagswahlen im September findet die erste selbst organisierte, bundesweite Volksabstimmung statt. Auf abstimmung21.de können Sie mitmachen und jetzt die kostenlosen Abstimmungsunterlagen anfordern.
Die Abstimmung wird vom gemeinnützigen Verein ABSTIMMUNG21 organisiert. Unser Vorstand, Gregor Hackmack, ist einer der Initiatoren. Abgestimmt wird über folgende Themen: Einführung von bundesweiten Volksabstimmungen, doppelte Widerspruchsregelung bei Organspenden, Einführung eines gemeinwohlorientierten Krankenhausfinanzierungs-Systems und ein Klimapaket zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels bis 2035. Hintergründe und Pro- und Contra-Positionen werden in einem ausführlichen Begleitheft zur Abstimmung erläutert. Die Ergebnisse sollen im Umfeld der Bundestagswahl öffentlichkeitswirksam präsentiert werden.
Fragen und Antworten des Monats
- Wagenknecht | "Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass Sie in Ihrem Wahlkreis praktisch nicht anwesend sind", schreibt ein Bürger an die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. "Es muss doch möglich sein, 2-3 mal im Jahr im eigenen Wahlkreis Gesicht zu zeigen und für die Bürgerinnen und Bürger, die Ihnen das Vertrauen geschenkt haben, ansprechbar zu sein?" Wagenknecht antwortet, sie könne der immensen Nachfrage nach Einzelgesprächen aus Kapazitätsgründen nicht so nachkommen, wie sie es gerne würde. "Deshalb halte ich hin und wieder öffentliche Bürgersprechstunden ab, bei denen ich auf Fragen eingehe, die mir gestellt werden." Man könne sich jederzeit schriftlich an sie wenden – alle Schreiben würden von ihr persönlich gelesen.
- Bütikofer | "Warum wollen Sie mit Ihrer Partei dafür sorgen, dass der kleine Mann sich das Leben (Haus, Auto, Urlaub, Fleisch essen) in Zukunft nicht mehr leisten kann?" fragt ein Bürger den Grünen-Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer. Dessen Antwort: "Kein Mensch, der nicht völlig verbohrt ist, kann ernsthaft behaupten, dass wir Grüne eine solche Politik machen würden, wie Sie es behaupten. Schämen Sie sich."
- Lindner | Mit Unterrichtsstoff konfrontierte ein Schüler FDP-Chef Christian Lindner: "Wir von der IGS Schaumburg beschäftigen uns gerade mit einem Theoriemodul der Wirtschaft. Dabei ist eine spannende Diskussion über die Notwendigkeit entstanden, ob und wie man am Beispiel von Saugrobotern die übermäßigen staatlichen Subventionen von unnötigen Ausgaben für die Nachfragesteigerung erklären kann. Nehmen sie hierzu bitte Stellung, ob ein einfacher Staubsauger nicht dafür genügen würde." Lindners Antwort: "Kurz und knapp: Die Leute wissen auch ohne staatliche Förderung, ob sie Saugroboter haben wollen oder nicht. Öffentliche Gelder sind in weltbeste Bildung besser angelegt. Scheint an der IGS Schaumburg ja bereits gut zu funktionieren ;-)"
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
Fanden Sie diesen Newsletter interessant? Dann leiten Sie die Mail gerne an Freunde und Bekannte weiter. Abonnieren können diese unseren Newsletter hier (natürlich kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar).
Wenn Sie unsere Arbeit für Transparenz und gegen geheimen Lobbyismus unterstützen möchten, finden Sie hier unsere Spendenseite.