Vortragshonorare, Hauskredit, Grußwort: Christian Lindner und die BBBank verbindet seit Jahren eine enge Beziehung. Interne Unterlagen aus dem Finanzministerium, die wir gemeinsam mit dem SPIEGEL ausgewertet haben, werfen die Frage auf: Hat Lindner sämtliche Kontakte zu dem Geldhaus offengelegt? Außerdem in diesem Newsletter: AfD, FDP und Grüne haben hohe Spenden erhalten.
Die Themen:
- "Lieber Herr Lindner, hoffe Sie hatten schöne Ostern"
- Kurzer Draht zur Regierung: Die Kanzlerin, der Finanzminister und die Banken
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen an AfD, FDP und Grüne +++
- Scholz' Reisebegleitung | Korruption | Interessenkonflikt bei Bundestagspräsidentin: Aus unseren Sozialen Netzwerken
- Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses jetzt befragbar
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten angeklickter Link im letzten Newsletter: Finanzministerium verschwieg Kommunikation zwischen Bank und Christian Lindner
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"Lieber Herr Lindner, hoffe Sie hatten schöne Ostern"
© | picture alliance / photothek | Xander Heinl/ photothek |
Interne Dokumente aus dem Bundesfinanzministerium werfen die Frage auf, ob Christian Lindner wirklich alle Kontakte zur BBBank offengelegt hat. Es geht um eine E-Mail, die ein Mitarbeiter des Bankhauses im vergangenen April an den Minister schickte ("Lieber Herr Lindner, hoffe Sie hatten schöne Ostern").
Lindners Ministerium hatte die Mail gegenüber abgeordnetenwatch.de zunächst verschwiegen. Erst auf Nachfrage räumte es die Existenz ein.
Nun liegt uns das vertrauliche Schreiben der BBBank an Lindner vor. Darin geht es um ein geplantes Grußwort des Ministers. Die Mail legt nahe, dass es weitere bislang unbekannte Kontakte zwischen Lindner und der Bank gegeben haben könnte. Das Ministerium und Lindner mauern.
Mehr:
Der SPIEGEL, mit dem wir die Unterlagen aus dem Finanzministerium ausgewertet haben, berichtet in diesem Artikel: Christian Lindners Nähe zur BBBank – "Hoffe, Sie hatten schöne Ostern" (€)
Kontext zu Christian Lindner und BBBank: In den Jahren 2017 und 2019 hielt Lindner auf sieben "Exklusiven Abenden" der Bank Vorträge und erhielt dafür insgesamt zwischen 35.000 und 73.000 Euro Honorar. Auch in den Folgejahren hatte Lindner mit der Karlsruher Bank zu tun. Als Privatperson ließ er sich von der BBBank einen Hauskauf finanzieren, als Minister hielt er ein Grußwort zum 100jährigen Bankjubiläum. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft prüfte einen Anfangsverdacht auf Vorteilsannahme, stellte ihre Vorermittlungen aber ein, weil sie kein strafbares Verhalten erkennen konnte.
Kurzer Draht zur Regierung: Die Kanzlerin, der Finanzminister und die Banken
Vor einigen Jahren klingelte ein alter Bekannter mit einem Anliegen bei der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel durch. Es war Sigmar Gabriel. Gabriel war gerade von der Deutschen Bank als Aufsichtsrat nominiert worden und bat die Kanzlerin nun um einen Gefallen zum Thema EU-Bankenabgabe.
Der Vorgang lässt sich bestens belegen: Im Nachgang schickte Gabriel sein Anliegen noch mal per Mail an die "liebe Frau Bundeskanzlerin" und bedankte sich für das Telefonat. Das Lobbyschreiben haben wir hier öffentlich gemacht.
Letzten April bekam auch Finanzminister Christian Lindner eine Mail mit der Bitte um einen Gefallen. Die BBBank wollte von Lindner ein Grußwort für ihr 100. Jubiläum. Auch das lässt sich anhand des Schreibens, das wir diese Woche veröffentlicht haben, gut nachvollziehen.
Die Frage ist nun: Gab es auch bei Lindner und der BBBank einen vorherigen Kontakt? Das Finanzministerium hat das bisher verneint. Doch wer die im vertrauten Ton formulierte Mail liest, kann den Eindruck bekommen, dass es sich nicht um den ersten Austausch handelt.
Fragt man bei Lindner nach, meldet sich ein bekannter Medienanwalt. Die Fragen zu möglichen weiteren Kontakten mit der Bank beantwortet er nicht. Auch das Finanzministerium will sich dazu nicht konkret äußern.
Dabei wäre es leicht, Klarheit über den Austausch zwischen Regierungsmitgliedern und Banken oder Lobbyverbänden zu schaffen: Lobbyakteure müssten gesetzlich verpflichtet werden, ihre Kontakte zur Politik offenzulegen. Dass das nicht geschieht, liegt auch an Christian Lindner und seiner Partei. Die FDP verhindert seit Jahren eine Offenlegungspflicht von Lobbykontakten. Und auch SPD und Grüne wollen keine Veröffentlichungspflicht.
Die Öffentlichkeit sollte wissen, mit welchen Interessengruppen sich unsere Regierung austauscht. Unterstützen Sie uns dabei, weitere unbekannte Lobbykontakte transparent zu machen – durch Recherchen, die Veröffentlichung von internen Dokumenten und notfalls auch durch Klagen. Ihre Spenden an abgeordnetenwatch.de sind steuerlich absetzbar.
+++ Großspenden-Ticker: Hohe Zahlungen an AfD, FDP und Grüne +++
In den ersten Wochen des Jahres sind bereits mehrere meldepflichtige Großspenden über 50.000 Euro eingegangen.
- Die AfD erhielt 265.050 Euro von dem Unternehmer Hartmut Issmer. Der Großspender ist Bauingenieur, der laut seiner Unternehmenswebsite Immobilienprojekte in Hessen, Thüringen und Sachsen realisiert hat. Laut dem Portal Uebermedien bemühte sich Issmer vor einigen Jahren um Radio-Lizenzen in Thüringen.
- Die FDP bekam 51.901,23 Euro von dem Unternehmer Ulrich Horst Marseille. Der Spender gründete einst den privaten Klinikkonzern Marseille-Kliniken und sitzt im Aufsichtsrat der PR- und Lobbyagentur WMP EuroCom. 2002 kandidierte Marseille als Spitzenkandidat für die Partei Rechtsstaatlicher Offensive ("Schill-Partei") bei der Landtagswahl Sachsen-Anhalt.
- Weitere 55.000 Euro erhielt die FDP von dem Immobilienunternehmer Ludgerus Inholte. Sein Konzern LIP realisiert nach eigenen Angaben "hochwertige Gewerbe- und Wohnimmobilien in erstklassigen Lagen deutscher Metropolregionen". Aktuelle Projekte sind eine Wohn- und Geschäftsimmobilie am Humboldthafen in Berlin und zwei Bürogebäude am Südkreuz. In Hamburg ist LIP am sogenannten Elbtower in der Hafencity beteiligt.
- Auch die Grünen meldeten Spenden, die bereits im Dezember eingetroffen waren. 100.000 Euro stammen von dem Vermögensberater Jochen Wermuth, dessen Firma im Bereich der Nachhaltigen Investments aktiv ist. Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie spendete der Partei 50.001 Euro.
Parteien müssen Großspenden ab einem Betrag von mehr als 50.000 Euro unverzüglich bei der Bundestagspräsidentin melden, die diese anschließend im Internet veröffentlicht.
Sehr viel mehr nehmen Parteien mit Spenden unterhalb der 50.000 Euro-Schwelle ein. Das Problem: Von wem die Zahlungen stammen, wird teilweise erst mit mehr als zwei Jahren Verspätung transparent. Die vollständigen Spendenlisten aus diesem Jahr werden vermutlich erst Anfang 2025 in den Rechenschaftsberichten der Parteien erscheinen.
Scholz' Reisebegleitung | Korruption | Interessenkonflikt bei Bundestagspräsidentin: Aus unseren Sozialen Netzwerken
Neben unserer Website liefern wir auch bei Twitter, Mastodon, Instagram und Facebook Hintergründe zu unseren Recherchen und zu aktuellen Themen. Dies sind aktuelle Beispiele:
- Mit dem Kanzler auf Reisen: Bei seiner jüngsten Reise nach Indien wurde Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich von einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation begleitet. Welche Unternehmen in der Regierungsmaschine mitflogen, zeigen wir hier auf Mastodon und hier auf Twitter.
- Korruption in Deutschland: Im neusten Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International liegt Deutschland weltweit auf Platz 9. Das klingt gut. Warum es unter dem Strich aber keine erfreuliche Nachricht ist, erklären wir hier auf Twitter und hier auf Mastodon.
- Interessenkonflikt der Bundestagspräsidentin: Als SPD-Abgeordnete stimmte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas 2018 für eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung. Durch ein Gerichtsurteil ergibt sich nun jedoch ein Interessenkonflikt, den wir hier auf Twitter und hier auf Mastodon erklären.
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Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses jetzt befragbar
Eine Regierung gibt es noch nicht – fest steht aber, wer die 159 neu gewählten Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses sind. Auf unserem neuen Portal können Sie den Parlamentarier:innen jetzt Fragen stellen. Die ersten Fragen und Antworten sind schon da. So will ein Fragesteller von der bisherigen Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wissen, wofür Berlin das Geld aus dem Länderfinanzausgleich verwendet (eine Antwort liegt noch nicht vor). Auch CDU-Spitzenkandidat und möglicher Giffey-Nachfolger Kai Wegner hat bereits mehrere Fragen erhalten.
Fragen und Antworten des Monats
- Verwechselung I: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar ist transparent mit einer Verwechselung umgegangen. Einem Bürger hatte sie zunächst eine fehlerhafte Auskunft auf dessen energie- und finanzpolitische Frage gegeben. Einige Tage später korrigierte Dittmar sich. Als Gesundheitspolitikerin müsse sie sich bei fachfremden Fragen zunächst intern abstimmen, schrieb sie dem Fragesteller. "Leider ist im Zuge der Beantwortungsklärung ein Missverständnis zwischen den Begriffen Einkommensteuer und Umsatzsteuer entstanden. Ich bedauere dies sehr und übermittele hier die korrigierte Antwort."
- Verwechselung II: Einen skurrilen Austausch über die Beleuchtung eines Gehweges in Berlin lieferte sich der FDP-Kandidat zur Abgeordnetenhaus-Wiederholungswahl, Reinhard Frede, mit einer Anwohnerin. Auf die Frage der Bürgerin, wann die "Hertha-Block-Promenade" im Bezirk Tempelhof-Schönefeld endlich beleuchtet werde, antwortete Frede: "Die Beleuchtung einer Promenade für Hertha-Fans ist nicht mein Thema! Ich mache Kommunalpolitik in Tempelhof-Schöneberg." Der Gehweg hat allerdings nichts mit dem Fußballverein zu tun, sondern mit der Widerstandskämpferin Hertha Block, die von den Nazis in einem SA-Gefängnis in der Nähe inhaftiert wurde. Die Fragestellerin ließ nicht locker und fragte Frebe erneut: "Wieso kennen Sie als Kommunalpolitiker die Hertha-Block-Promenade in Tempelhof nicht?" In seiner Antwort bedankte sich der Kandidat "für die Aufklärung" und schrieb weiter: "Kommunalpolitiker sind e h r e n a m t l i c h tätig. Sie können nicht alles kennen oder wissen." Über das Thema Beleuchtung für diesen Weg werde seine Fraktion nun nachdenken.
- Pizza: Fragen zum Privatleben werden von unserem Moderationsteam nicht veröffentlicht, den Abgeordneten jedoch zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Kürzlich meldete sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt bei uns mit der Bitte, eine abmoderierte Frage trotzdem beantworten zu können. Die Frage lautete: "Mögen sie Ananas auf Pizza?" Bergts Antwort: "Nein."
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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