Vor einiger Zeit tauschten sich am Rande einer Bundestagssitzung zwei Abgeordnete aus, die ansonsten wenig gemein haben: die grüne Außenministerin Annalena Baerbock und CSU-Mann Peter Ramsauer. Interne Unterlagen zeigen, dass Ramsauer dabei die Anliegen eines Interessenverbandes vertrat – und womöglich gegen das Gesetz verstieß.
Außerdem in diesem Newsletter: Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat seine erste meldepflichtige Großspende erhalten.
Die Themenübersicht:
- Türöffner für Lobbyverband: Der CSU-Abgeordnete und die Außenministerin
- Gekaufter Zugang zur Politik
- +++ Großspenden-Ticker: Bündnis Sahra Wagenknecht erhält 990.000 Euro +++
- Abstimmungen über Staatsbürgerschaft, Entlastung der Landwirtschaft, Marschflugkörper für die Ukraine: So stimmten die Abgeordneten ab
- Recherche: Regierung hält Unterlagen zu Lobbygesprächen mit Investor René Benko geheim
- NEU: Befragen Sie die neu gewählten Abgeordneten im Landtag Hessen
- Wiederholungswahl in Berlin: Wer darf wählen, wer steht zur Wahl, welche Änderungen sind möglich?
- Fragen und Antworten des Monats
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Türöffner für Lobbyverband: Der CSU-Abgeordnete und die Außenministerin
© | picture alliance / dpa | Maurizio Gambarini |
Der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer behauptet, er trenne sein Bundestagsmandat "strikt" von seinen Nebentätigkeiten. Interne Unterlagen lassen daran Zweifel aufkommen. So nutzte Ramsauer seine Tätigkeit im Bundestag, um für den arabisch-deutschen Unternehmensverband Ghorfa Kontakt zu Außenministerin Annalena Baerbock herzustellen. Von dem Verband erhält er als Präsident 45.000 Euro pro Jahr. Nun stellt sich die Frage, ob Ramsauer gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen hat.
Wie Peter Ramsauer einem Unternehmensverband die Tür zur Regierung öffnete
Gekaufter Zugang zur Politik
Manche Abgeordnete haben neben ihren monatlichen Diäten von gut 10.000 Euro noch ein einträgliches Zusatzeinkommen. Ein Versicherungskonzern zahlt dem FDP-Abgeordneten Lars Lindemann beispielsweise jeden Monat 2.400 Euro für einen Aufsichtsratsposten. Sein CSU-Kollege Peter Ramsauer bekommt als Präsident des arabisch-deutschen Unternehmensverbandes Ghorfa pro Monat 3.750 Euro.
Für Unternehmen und Lobbyverbände sind solche Zahlungen eine lohnende Investition. Sie binden wichtige Entscheidungsträger:innen an sich – oder anders ausgedrückt: Sie erkaufen sich Zugang zur Politik. Wer einen Abgeordneten in seinen Gremien hat, verfügt über einen kurzen Draht ins Parlament. Das zeigt auch unsere neuste Recherche: Ramsauer nutzte seine Tätigkeit im Bundestag, um Außenministerin Annalena Baerbock auf seinen Interessenverband anzusprechen.
Das ist kein Einzelfall. Der Amthor-Skandal ging damit los, dass der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor eine Fraktionssitzung nutzte, um mit dem damaligen Wirtschaftsminister Peter Altmaier über ein Anliegen eines amerikanischen Startups zu sprechen. (Mehr: Wie Philipp Amthor zum Türöffner für Augustus Intelligence wurde).
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+++ Großspenden-Ticker: Bündnis Sahra Wagenknecht erhält 990.000 Euro +++
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat erstmals eine meldepflichtige Großspende erhalten. Am 8. Januar ging bei der vor kurzem gegründeten Partei 990.000 Euro von Thomas Stanger ein, einer Privatperson aus Mecklenburg-Vorpommern. Aus dem dänischen Handelsregister ergibt sich, dass eine Person dieses Namens und mit identischer Adresse an einem dänischen LED-Hersteller beteiligt ist.
Die zweite Großspende in diesem Jahr erhielt die FDP. Der Unternehmer Ulrich Horst Marseille (Gründer der Marseille-Kliniken AG) spendete der Partei vergangene Woche 51.000 Euro.
Auch zwischen Weihnachten und Silvester gingen hohe Spenden ein:
- CSU: 569.962 Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
- Freie Wähler: 110.000 Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
- FDP: 60.000 Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
- SPD: 50.001 Euro vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
- Team Todenhöfer: 67.240 Euro von Jürgen Todenhöfer
Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen können in unbegrenzter Höhe Geld an Parteien spenden. Warum das ein großes Problem ist, zeigt eine neue Auswertung von uns. Denn die Großspenden sind höchst ungleich verteilt. Vergangenes Jahr gingen rund zwei Drittel aller Einnahmen aus Großspenden an nur zwei Parteien: CDU und CSU. Die Parteien können dadurch mehr Werbung dafür machen, um gewählt zu werden.
Unternehmensspenden an Parteien verbieten, Privatspenden deckeln! Unterschreiben Sie hier unsere Petition.
Abstimmungen über Staatsbürgerschaft, Entlastung der Landwirtschaft, Marschflugkörper für die Ukraine: So stimmten die Abgeordneten ab
Der Bundestag hat in der vergangenen Woche über mehrere Anträge namentlich abgestimmt. Hier haben wir das Abstimmungsverhalten der 736 Abgeordneten dokumentiert:
- Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (beschlossen)
- Entlastung der Landwirtschaft (Antrag abgelehnt)
- Lieferung von Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine (Antrag abgelehnt)
Weitere namentliche Abstimmungen des Bundestags aus der laufenden Legislaturperiode finden Sie hier.
Auch im EU-Parlament gab es wichtige Abstimmungen. Wie die deutschen Abgeordneten abstimmten, erfahren Sie hier:
Recherche: Regierung hält Unterlagen zu Lobbygesprächen mit Investor René Benko geheim
© | Signa-Holding-Gründer Rene Benko am Mittwoch, 21. Oktober 2020, im Rahmen des Ibiza-U-Ausschusses in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER |
In der Pandemie bewilligte die Bundesregierung hunderte Millionen Euro für die angeschlagene Galeria Karstadt Kaufhof – jetzt ist der Konzern von Investor René Benko pleite. Hatten Lobbygespräche von Benko etwas mit den Staatshilfen zu tun? Dokumente dazu hält das Wirtschaftsministerium gegenüber abgeordnetenwatch.de geheim.
Nicht vorhanden oder vertraulich: Regierung hält Unterlagen zu Lobbygesprächen mit René Benko geheim
NEU: Befragen Sie die neu gewählten Abgeordneten im Landtag Hessen
Seit vergangener Woche können Sie die 133 neu gewählten Abgeordneten im hessischen Landtag über abgeordnetenwatch.de befragen. Das Parlament war im Oktober gewählt worden, am Freitag fand die erste Sitzung statt.
Wiederholungswahl in Berlin: Wer darf wählen, wer steht zur Wahl, welche Änderungen sind möglich?
Wegen zahlreicher Pannen bei den Wahlen 2021 in Berlin muss die Bundestagswahl in 455 Stimmbezirken wiederholt werden. Wer ist von der Wiederholungswahl am 11. Februar betroffen? Wer steht zur Wahl – und welche Änderungen sind möglich? Antworten auf diese Fragen haben wir hier für Sie zusammengetragen:
Wiederholungswahl in Berlin: Wer darf wählen, wer steht zur Wahl, welche Änderungen sind möglich?
Fragen und Antworten des Monats
- Agrardiesel | "Warum sind Sie für die Rücknahme der Agrardiesel-Subventionen, wo doch auch die CDU/CSU dies im Rechnungsprüfungsausschuss noch im Dezember 2023 gefordert hat?" fragt ein Bürger den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Eine Antwort von Söder liegt noch nicht vor. Hier können Sie sich bei Eintreffen benachrichtigen lassen ("Folgen" anklicken und Mailadresse eingeben).
- AfD | "Mich würde interessieren, welche Reformen und strukturellen Veränderungen die AfD erwägt, um sich von extremistischen Bestrebungen nachhaltig zu distanzieren", schreibt ein Bürger an den AfD-Bundestagsabgeordneten Malte Kaufmann. Der Fragesteller erinnert daran, "dass mit der AfD Sachsen nach jahrelanger Prüfung nun bereits der dritte Landesverband als 'gesichert rechtsextremistisch' vom Verfassungsschutz erkannt worden" sei. Kaufmann antwortet, die AfD setze sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein. "Extremismus liegt uns fern."
- Proteste | "Weshalb werden die Demonstranten des Bauernverbandes und deren Forderungen anders behandelt als die der letzten Generation?" will eine Fragestellerin von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wissen. Angesichts der Blockade von Autobahnauffahrten in den vergangenen Tagen fragt sie: "Wann wird der Bauernverband als kriminelle Vereinigung eingeordnet und Bauern in Vorbeugehaft genommen?" Eine Antwort von Buschmann liegt noch nicht vor. Hier können Sie sich bei Eintreffen benachrichtigen lassen ("Folgen" anklicken und Mailadresse eingeben).
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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