Durch eine abgeordnetenwatch.de-Klage kam ans Licht, dass Rüstungskonzerne oder die Autolobby lange Zeit einen ungehinderten Zugang zum Bundestag hatten. Nun hat sich ein Forscher die von uns herausgeklagte Hausausweisliste vorgenommen. Mehr zu diesem und zu anderen Themen im folgenden Newsletter.
Unsere Themen:
Lobbyzugang durch die Hintertür
+++ Nebeneinkunfts-Ticker: Hohe Zahlungen an Ramsauer, de Maizière und Martin Schulz +++
Auf der Gehaltsliste von Konzernen
Tempolimit: So stimmten Ihre Wahlkreisabgeordneten
Illegale Parteienfinanzierung: Strafzahlungen für CDU, SPD, Grüne und Linke
abgeordnetenwatch.de wird Unterrichtsthema
Fragen und Antworten des Monats
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Lobbyzugang durch die Hintertür
Welche Lobbyakteure haben einen Hausausweis für den Bundestag – und damit auch einen ungehinderten Zugang zu den Büros unserer Abgeordneten? Eine abgeordnetenwatch.de-Klage brachte vor einiger Zeit die Namen von hunderten Unternehmen, Kanzleien und Verbänden ans Licht, darunter Rüstungskonzerne wie Krauss-Maffei Wegmann oder das Ölunternehmen ExxonMobil. Nun hat ein Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum die Daten ausgewertet und kommt zu einem eindeutigen Befund: Im Parlament herrscht "ein großes Übergewicht wirtschaftlicher Interessen“. Begünstigt wurde dies lange Zeit auch durch eine wenig bekannte „Hintertür“: Die Lobbyakteure konnten über die Fraktionen an einen der begehrten Hausausweise gelangen – eine Unterschrift genügte.
Hinter verschlossenen Türen: Welche Lobbyakteure über die Fraktionen in den Bundestag gelangten
Lobbyregister jetzt! Hier Petition gegen geheimen Lobbyismus unterschreiben (270.000 Menschen haben bereits mitgemacht).
+++ Nebeneinkunfts-Ticker: Hohe Zahlungen an Ramsauer, de Maizière und Martin Schulz +++
Zahlreiche Bundestagsabgeordnete haben in den vergangenen Wochen neue Nebeneinkünfte gemeldet, darunter auch mehrere prominente Volksvertreter:
Peter Ramsauer (CSU) gab u.a. eine Zahlung zwischen 30.000 und 50.000 Euro an, die er für einen Aufsichtsratsposten bei der Münchener Hypothekenbank erhielt (die Tätigkeit hat Ramsauer inzwischen aufgegeben).
Thomas de Maizière (CDU) meldete als Rechtsanwalt Einkünfte zwischen 50.000 und 75.000 Euro von einem unbekannten Mandanten mit der Bezeichnung „Mandant 1“. (Hintergrundlektüre in unserem Blog: Geldgeber unbekannt - Abgeordnete erhalten Millionen aus anonymen Quellen)
Martin Schulz (SPD) veröffentlichte mehrere Honorare in Höhe von je 7.000 bis 15.000 Euro, die er für Vorträge u.a. bei der Investmentbank J.P. Morgan und vor französischen Unternehmern kassierte. (Schulz' einträgliche Vortragstätigkeit erinnert an den Fall Steinbrück, den abgeordnetenwatch.de 2010 öffentlich gemacht hatte: Zwei Bücher, 60 Vorträge und über eine Millionen Euro - die Nebeneinkünfte des Peer Steinbrück)
Ihre Nebeneinkünfte müssen Bundestagsabgeordnete nicht auf Euro und Cent genau angeben, sondern in Verdienststufen. Dadurch erklärt sich die große Bandbreite.
Wie viel die Bundestagsabgeordneten seit der Wahl 2017 hinzuverdient haben, können Sie in unserem Artikel aus dem vergangenen Sommer nachlesen: Das sind die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten.
Tempolimit: So stimmten Ihre Wahlkreisabgeordneten
Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird es vorerst nicht geben: Mit großer Mehrheit hat der Bundestag kürzlich einen Antrag zur Einführung von Tempo 130 abgelehnt. Auf abgeordnetenwatch.de finden Sie heraus, wie Ihre Wahlkreisabgeordneten gestimmt haben:
Illegale Parteienfinanzierung: Strafzahlungen für CDU, SPD, Grüne und Linke
Alle Bundestagsfraktionen missbrauchten im Wahljahr 2013 das ihnen anvertraute Steuergeld rechtswidrig für Parteizwecke. Nun hat die Bundestagsverwaltung gegen CDU, SPD, Grüne und Linke Strafzahlungen zwischen 93,96 Euro (kein Scherz) und 90.168 Euro verhängt. Auffällig: Die FDP ging straffrei aus – dabei hatte sie laut Bundesrechnungshof am meisten Steuergeld zweckentfremdet.
Steuergeld zweckentfremdet: Rechnungshof rügt Fraktionen
Der AfD droht ebenfalls eine Strafzahlung wegen einer mutmaßlich illegalen Parteispende. Laut einem Medienbericht (SZ) soll die Partei rund 400.000 Euro Strafe wegen einer gestückelten Spende aus der Schweiz zahlen, die vor der letzten Bundestagswahl an den Wahlkreis der heutigen Fraktionschefin Alice Weidel ging.
An einigen Schulen in Nordrhein-Westfalen ist abgeordnetenwatch.de seit kurzem Unterrichtsthema. In dem neuen Oberstufenbuch „Politik-Gesellschaft-Wirtschaft“ (Sowi S II) des Westermann-Verlags sollen Schüler:innen darüber diskutieren, ob abgeordnetenwatch.de ein Mittel zur Bekämpfung von Politikverdrossenheit sein kann.
Zur Wirkung von abgeordnetenwatch.de gibt es inzwischen auch eine wissenschaftliche Untersuchung, die ein Forscher der Universität Oxford vorgelegt hat. Danach würden Bürger:innen abgeordnetenwatch.de eine deutlich größere Wirkung zuschreiben als die Abgeordneten. Die Einschätzung der Politiker:innen birgt aus Sicht des Autors eine Gefahr: „In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit, könnte das vergleichsweise indifferente Bild seitens der Abgeordneten gegenüber der Plattform, negative Folgen für die Bindung zwischen der Politik und der Bevölkerung haben“, schreibt Gorgi Krlev, der derzeit an der Universität Heidelberg arbeitet, in der Zusammenfassung seiner Studie von 2018.
Fragen und Antworten des Monats
- Nebeneinkünfte | Im Sommer berichteten wir, dass jede:r vierte Bundestagsabgeordnete über Nebeneinkünfte verfügt. Für den CDU-Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter sind bezahlte Nebentätigkeiten dagegen nicht vorstellbar – weil er mit seinem Mandat vollkommen ausgelastet ist: „Ich komme zum Beispiel auf etwa 100 Stunden Arbeitszeit in der Woche, habe also auch deshalb nicht mal Zeit für Nebeneinkünfte,“ schreibt er in einer Antwort.
- Drogenbeauftragte | Im September wurde die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig zur Drogenbeauftragten der Bundesregierung ernannt. Ein Fragesteller hat bei der CSU-Politikerin nachgehakt, welche Aus- oder Weiterbildung sie dazu befähigten. Ludwigs Antwort: „Meine zahlreichen Erfahrungen in meinen Ehrenämtern, die vielen Gespräche und Begegnungen mit Menschen in meiner Heimat und über die Grenzen hinaus, ermöglichen es mir sehr gut, diese Aufgabe anzugehen.“
- Wildtierverbot | Linken-Politiker Gregor Gysi ist Pate eines Tigerbabys aus dem Circus Krone, für einen anderen Zirkus verfasste er ein Grußwort. Wie passt das mit dem Wildtierverbot zusammen, das die Linkspartei für Zirkusse fordert, will ein Fragesteller von Gysi wissen. Der frühere Fraktionschef antwortet, er wisse, dass Wildtiere im Zirkus nicht artgerecht gehalten werden können. „Für mich ist das größere Problem wie man Menschen zur Liebe für Tiere bewegt. Lernte man Tiere überhaupt nur über Dokumentarfilme kennen, entstünde eine solche Zuneigung nicht.“
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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