Wer wissen will, von welchen Konzernen, Lobbyverbänden und Privatpersonen die Parteien Geld überwiesen bekommen, muss teils Jahre auf eine Antwort warten. Nun sind neue Spendenlisten veröffentlicht worden – dieses Mal dauerte das besonders lange.
Die Übersicht:
- Tabaklobby, Versicherungen, Immobilienwirtschaft: Von wem die Parteien Geld bekamen
- Ein Investment namens Parteispende
- Bundeswehreinsätze verlängert: So stimmten die Abgeordneten
- Neue Jobs von Ex-Regierungsmitgliedern | Geheimnis um Parlamentariergruppen | Lobbykontakte von Scholz-Vertrauten: Neues aus den Sozialen Netzwerken
- Neu gewählte Abgeordnete in NRW und Schleswig-Holstein: Jetzt Fragen stellen
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Text im letzten Newsletter: Spahn-Vertrauter arbeitet für Lobbyagentur – mit Großkunden aus der Gesundheitswirtschaft
Tabaklobby, Versicherungen, Immobilienwirtschaft: Von wem die Parteien Geld bekamen

© | Pixabay |
Mehr als 16,3 Mio. Euro haben die Bundestagsparteien im Jahr 2020 aus der Wirtschaft kassiert, unter anderem von der Allianz-Versicherung, dem Tabakkonzern Philip Morris und mehreren Immobilienkonzernen. Das zeigen Spendenlisten, die die Parlamentsverwaltung erst jetzt veröffentlicht hat. Bei der CDU fallen drei außergewöhnlich hohe Spenden von Privatpersonen auf – sie alle kommen aus der Immobilienwirtschaft.
Tabaklobby, Versicherungen, Immobilienwirtschaft: Von wem die Parteien Geld bekamen
In den vergangenen Tagen sind außerdem zwei aktuelle Großspenden an die Grünen auf der Bundestagsseite veröffentlicht worden. Von dem Unternehmer Florian Rehm (Jägermeister) erhielt die Regierungspartei 75.001 Euro, von dem Unternehmer Per Fragemann (Small Improvements Software GmbH) 65.000 Euro. Großspenden von mehr als 50.000 Euro sind der Bundestagspräsidentin unverzüglich zu melden und werden anschließend veröffentlicht. Spenden unterhalb der Schwelle erscheinen erst mit langer Verzögerung in den Rechenschaftsberichten der Parteien.
Ein Investment namens Parteispende

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Letzten Sommer gingen auf dem Konto der FDP zwei 100.000 Euro-Spenden ein. Die eine stammte vom Discounter Woolworth, die andere von der Billigkette Tedi, beide über eine Holding miteinander verbunden. Man hoffe, dass die FDP "einen wichtigen Beitrag in einer neuen Regierung" leisten könne, erklärten die beiden Unternehmen anschließend auf Nachfrage.
Normalerweise begründen Konzerne ihre Parteispenden phrasenhaft blumig mit der "gesellschaftlichen Verantwortung", der man nachkommen wolle. Die Discounter dagegen waren unverblümt ehrlich: Wenige Wochen vor der Bundestagswahl hatten sie viel Geld in der Erwartung investiert, dass eine Partei an die Regierung kommt und die eigenen Interessen durchsetzt. Das ist erlaubt – und das ist ein Problem.
Das Problem ist offensichtlich: Wer mehr Geld in der Kasse hat als andere Parteien, kann mehr Großplakate drucken, mehr für Online-Werbung ausgeben, mehr Sichtbarkeit kaufen, mehr Menschen mobilisieren. Hinzu kommt: Großspenden sind ungleich verteilt. Wer sich für Interessen von Menschen mit wenig Geld einsetzt, bekommt aus naheliegenden Gründen selten hohe Spendenzahlungen.
Solange finanzstarke Konzerne, Lobbyverbände und wohlhabende Privatpersonen unbegrenzt Geld an Parteien überweisen dürfen, gibt es eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten einiger weniger Parteien. Das ist schädlich in einer Demokratie und nicht hinnehmbar.
Wir setzen uns dafür ein, dass Konzernspenden verboten werden. Und dass reiche Privatpersonen nicht mehr in unbegrenzter Höhe spenden dürfen. Beides ist in Frankreich gängige Praxis. Hierzulande wird dies ohne Druck aus der Zivilgesellschaft jedoch nie passieren: Beschließen müssten es am Ende auch die Parteien, die am meisten von den unbegrenzten Spenden profitieren.
Mit einer regelmäßigen Förderung unterstützen Sie unsere Arbeit gegen einseitige Beeinflussung der Politik durch Großspenden und gegen Lobbyarbeit im Verborgenen. Fördern können Sie uns bereits ab 5 Euro im Monat, Ihre Beiträge sind steuerlich absetzbar.
Bundeswehreinsätze verlängert: So stimmten die Abgeordneten

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Mit großer Mehrheit haben die Abgeordneten im Bundestag für die Verlängerung von zwei Bundeswehreinsätzen gestimmt:
Bei der EU-geführten Operation im Mittelmeer geht es darum, das Waffenembargo gegen Libyen zu überwachen sowie illegale Ölexporte und Menschenhandel zu unterbinden. Bei einem Einsatz in Mali ist die Bundeswehr daran beteiligt, das Friedensabkommen umzusetzen sowie die Waffenruhe zu überwachen.
Wie die 736 Abgeordneten abstimmten, haben wir hier für Sie dokumentiert:
Neue Jobs von Ex-Regierungsmitgliedern | Geheimnis um Parlamentariergruppen | Lobbykontakte von Scholz-Vertrauten: Neues aus den Sozialen Netzwerken
Neben unserer Website liefern wir auch bei Twitter, Instagram und Facebook Hintergründe zu aktuellen Themen und zu unseren Recherchen. Hier einige Beispiele aus den vergangenen Tagen:
- Neue Jobs von Ex-Regierungsmitgliedern: Drei frühere Regierungsmitglieder der Groko haben gegenüber der aktuellen Regierung neue Tätigkeiten angezeigt. Es handelt sich um den früheren Kanzleramtschef Helge Braun und die ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretäre Günter Krings (CDU) und Florian Pronold (SPD). In zwei Fällen verhängte die Regierung Auflagen und untersagte die Tätigkeit für zwölf Monate, wie wir hier auf Twitter erklären.
- Geheimnis um Parlamentariergruppen: Die Bundestagsverwaltung will nicht öffentlich machen, welche Abgeordneten Mitglied in sogenannten Parlamentariergruppen sind, die im engen Austausch mit anderen Ländern stehen. Die Geheimniskrämerei ist auch deswegen erstaunlich, weil Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen sind, wie an diesen Beispielen deutlich wird (Twitter).
- Lobbykontakte von Scholz-Vertrauten: Die Tagesschau enthüllte kürzlich ein pikantes Treffen des Scholz-Vertrauten Jörg Kukies, der sich im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal mit dem Chef der privaten Warburg-Bank und dem früheren SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs traf. Überraschend ist, dass es zu dem vertraulichen Frühstück Unterlagen gibt. Denn normalerweise existieren zu Kukies' Lobbykontakten keinerlei Aufzeichnungen, wie wir hier bei Twitter zeigen.
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Neu gewählte Abgeordnete in NRW und Schleswig-Holstein: Jetzt Fragen stellen
Nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben wir alle neu gewählten Abgeordneten auf unserer Frageplattform zusammengetragen. Wenn Sie ein Anliegen oder eine Frage haben, können Sie diese ab sofort hier loswerden:
Fragen und Antworten des Monats
- Energiepauschale | "Ich möchte fragen, ob man die Energiepauschale ablehnen kann?" schreibt ein Bürger an den FDP-Abgeordneten und Bundesfinanzminister Christian Lindner. "Ich möchte die 300€ nicht erhalten." Die Frage sei absolut ernst gemeint, fügt er hinzu, "einige meiner Kollegen/innen möchten wie ich keine Sonderzahlung." Lindners Antwort steht noch aus. Abonnieren können Sie diese hier.
- Russland | "Was würden Sie tun, wenn Russland uns angreifen würde?", wollte ein Fragesteller kürzlich von Linken-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte wissen. In seiner Antwort schreibt Korte: "Was hat meine ablehnende Position zu immer massiveren Waffenlieferungen an die Ukraine, die das Risiko enorm vergrößern, dass Deutschland immer tiefer in den Krieg hineingezogen und schließlich selbst direkte Kriegspartei wird, mit der Frage zu tun, was ich machen würde, wenn Russland Deutschland angreifen würde?" Ihm gehe es ja gerade darum, dass dies nicht passiere. Der Bürger solle dies doch diejenigen fragen, "die durch ihre Politik die Gefahr eines Krieges zwischen Deutschland und Russland, mithin also eines Atomkrieges, erhöhen. Vielleicht bekommen sie dann zur Antwort: 'Meine Aktentasche über den Kopf halten, damit mich der atomare Blitz nicht trifft.'"
- Staatshilfen für Unternehmen | Ein Bürger fragt die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig: "Was unternehmen sie dagegen, wenn z.B. Firmen wie Mercedes-Benz eine Dividende von über 5 Mrd. € ausschütten, gleichzeitig aber Staatshilfen wie Kurzarbeitergeld bekommen?" Ludwig schreibt, sie sehe das "sehr kritisch". "Ich bin mir sicher, dass unsere Fraktion dazu Diskussionsbedarf haben wird."
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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