der russische Angriff auf die Ukraine beherrscht in diesen Tagen unsere Gedanken. Der Krieg, der viel menschliches Leid verursacht, ist inzwischen längst Thema der deutschen Innenpolitik. Auch darum soll es in diesem Newsletter gehen – Stichwort: Großaufträge für die Rüstungsindustrie.
Doch im Mittelpunkt steht eine Person, deren Name im Zusammenhang mit Russland häufig fällt: Gerhard Schröder. Was hatte der Altkanzler am 4. Oktober 2021 mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu besprechen? Das Kanzleramt will ein Dokument zu dem Treffen vor uns geheim halten – wegen angeblicher Sicherheitsbedenken.
Unsere Themen:
- Kanzleramt verweigert Herausgabe von Kalendereinträgen zu Schröder-Gesprächen mit Merkel
- Altkanzler und Lobbyist
- Rüstungskonzerne stecken Millionen in Lobbyarbeit für neue Großaufträge
- Aus den Sozialen Medien: Unbekannte Grünen-Spenden, Pflichtverstöße von Abgeordneten, Lobbyjob eines Beamten
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Abgeordnete verstießen hundertfach gegen Transparenzvorschriften - ohne Konsequenzen
Kanzleramt verweigert Herausgabe von Kalendereinträgen zu Schröder-Gesprächen mit Merkel
© | picture-alliance/ dpa | Peer Grimm |
Wenige Tage nach der Bundestagswahl 2021 führte Gerhard Schröder ein vertrauliches Gespräch mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Inhalt ist unbekannt. Einen Kalendereintrag zu dem pikanten Termin will das Kanzleramt nicht herausgeben – wegen angeblich „nachteiliger Auswirkungen auf die innere oder äußere Sicherheit“. Auch Olaf Scholz könne sonst in Gefahr geraten, behauptet die Bundesregierung.
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Kanzleramt verweigert Herausgabe von Kalendereinträgen zu Schröder-Gesprächen mit Merkel
Altkanzler und Lobbyist
© | picture alliance/photothek | Thomas Trutschel |
Vor einigen Monaten deckten wir auf, dass Gerhard Schröder sein Altkanzlerbüro im Deutschen Bundestag für private Lobbyaktivitäten einspannte. Schröder war damals für einen Interessenverband aus der Versicherungsbranche tätig. Wenn es darum ging, einen Termin mit einem Minister zu vereinbaren, wurden seine aus Steuermitteln bezahlten Mitarbeiter:innen aktiv: In etlichen Schreiben mit dem Vorzimmer der Minister stimmten sie Termine ab oder reservierten einen Tisch in edlen Berliner Restaurants. Belegt ist dies durch interne Unterlagen, die wir bei der Regierung beantragt haben.
Bei Schröders Lobbyaktivitäten gibt es allerdings mehrere Leerstellen: Zu einigen Gesprächen gibt es bei der Bundesregierung angeblich keine offiziellen Dokumente, zum Beispiel Vermerke. So ist etwa bei einem Gespräch kurz nach der Bundestagswahl mit der damals amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel bis heute unbekannt, um welches Thema es ging.
Der Kalendereintrag der Unterhaltung könnte Aufschluss geben, doch das Kanzleramt will diesen unbedingt unter Verschluss halten. Wir werden deswegen nun juristische Schritte prüfen.
Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass Bundesregierung oder Bundestag uns Unterlagen vorenthalten - nicht selten ist das widerrechtlich, wie Gerichte später feststellen. Interne Regierungsunterlagen erlauben uns Einblicke in die Arbeit von Lobbyakteuren, die andernfalls nicht öffentlich würden. Solche Auskunftsanträge sind nicht nur zeitintensiv und ziehen sich teilweise über Monate, wenn nicht Jahre. Sie können darüber hinaus auch äußerst kostspielig sein, vor allem wenn es wie in der Vergangenheit zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten kommt. Um Transparenzblockaden der Bundesregierung und des Bundestags notfalls vor Gericht entgegentreten zu können und weitere Recherchen zu starten, möchten wir Sie um Unterstützung mit einer regelmäßigen Spende bitten. Eine Förderung ist schon ab 5 Euro im Monat möglich, Ihre Spende können Sie steuerlich absetzen.
Rüstungskonzerne stecken Millionen in Lobbyarbeit für neue Großaufträge
© | Matthew Plew/U.S. Army |
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine will die Bundesregierung Milliardensummen für die Bundeswehr aufwenden. Um an lukrative Großaufträge zu gelangen, geben Rüstungskonzerne nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de viel Geld aus: Mindestens 14 Millionen Euro haben Rheinmetall, Airbus Defense und Co. zuletzt in ihre Lobbyarbeit investiert. Einige konnten dabei gut vernetzte Politiker:innen und Ex-Militärs für sich gewinnen.
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Rüstungskonzerne stecken Millionen in Lobbyarbeit für neue Großaufträge
Aus den Sozialen Medien: Unbekannte Grünen-Spenden, Pflichtverstöße von Abgeordneten, Lobbyjob eines Regierungsbeamten
Neben unserer Website liefern wir auch bei Twitter, Instagram und Facebook Hintergründe zu aktuellen Themen und eigenen Recherchen. Dies sind einige Beispiele aus den vergangenen Tagen:
- Auf Twitter haben wir bislang unbekannte Großspenden von Unternehmen und Lobbyverbänden an die Grünen aufgelistet. Die Partei hatte kürzlich ihren Rechenschaftsbericht für das Jahr 2020 veröffentlicht. (Den Rechenschaftsbericht der Grünen mit der Spendenliste können Sie hier auf der Website der Partei einsehen)
- Auf Instagram haben wir unsere jüngste Recherche zu bislang unbekannten Pflichtverstößen von Abgeordneten aufgegriffen. In einer Grafik zeigen wir, dass die Verstöße gegen die Verhaltensregeln 2017 sprunghaft anstiegen. (Unsere Recherche können Sie hier auf unserer Website noch einmal nachlesen)
- Auf Twitter beleuchten wir den Fall des langjährigen Regierungsbeamten Jens Hanefeld, der sich für eine Lobbytätigkeit bei Volkswagen beurlauben ließ und nun im Lobbyregister aufgelistet ist. 2018 hatten wir mit dem ARD-Politikmagazin Panorama aufgedeckt, dass Hanefeld sich in der VW-Abgasaffäre im Auftrag des Autokonzerns eng mit seinem früheren Ministerium abstimmte. (Unsere Recherche von 2018 können Sie hier auf unserer Website nachlesen)
Wenn Sie in den Sozialen Netzwerken aktiv sind, teilen Sie doch unsere Einträge. Dies hilft uns, noch mehr Menschen mit unserer Arbeit zu erreichen.
Fragen und Antworten des Monats
- Putin | "Sehr geehrter Herr Gysi", schreibt ein Bürger an den Linken-Abgeordneten. "Ich halte große Stücke auf Sie, aber mir ist Ihr Standpunkt zu Herrn Putin und seinem Handeln nicht klar. Helfen Sie mir bitte Ihre Russland-freundlichen Aussagen zu verstehen." In seiner Antwort schreibt Gysi, dass er den russischen Präsidenten "durchaus kritisch" sehe. Die Zustände in Russland seien in den vergangenen Jahren "nicht besser geworden, sondern schlechter". Eine "Politik der Konfrontation der Sanktionen" halte er aber für falsch. "Dadurch igeln sich Putin und ein großer Teil seiner Gesellschaft immer mehr ein."
- Pharma-Lobby | Eine Fragestellerin konfrontiert die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt mit den Verbindungen ihrer Partei und großen Pharma-Industrie. Der SPD-Parteitag sei unter anderem von DocMorris und Pfizer gesponsert worden. "Besteht hier nicht ein Interessenkonflikt bezüglich Lobbygruppen?", will die Bürgerin wissen. Eine Antwort steht noch aus. Sie können sich per Mail benachrichtigen lassen, sobald diese eintrifft.
- AfD | Eine Fragestellerin will von FDP-Fraktionschef Christian Dürr wissen: "Ist es Ihnen egal, dass Rechtsextreme versuchen, Politiker zu ermorden oder ermorden, oder warum besetzen Sie den Innenausschuss mit der AfD?" Dürr verweist darauf, dass der Vorsitz des Innenausschusses inzwischen kommissarisch von einem SPD-Abgeordneten geleitet werde, gesteht aber ein: "Es wäre eine wirklich schwere Hypothek für die Bekämpfung des Rechtsextremismus gewesen, wenn ausgerechnet der Innenausschuss von einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei geleitet werden würde." An die Bürgerin richtet der FDP-Politiker eine Gegenfrage: "Welchen Ausschuss hätten Sie denn wirklich gerne in den Händen der AfD gewusst?"
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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