in dieser Ausgabe geht es um Abgeordnete, die in eigener Sache Politik machen, um mehrere neue Großspenden – und um einen Gerichts-Krimi in den Schweizer Bergen, für den sich Finanzminister Christian Lindner interessieren dürfte.
Die Themen in der Übersicht:
- Interessenkonflikte: Wie Abgeordnete in eigener Sache Politik machen
- Befangen oder nicht, das ist hier die Frage
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Überweisungen an CDU, SPD, FDP und Grüne +++
- Ampel-Pläne zum Lobbyregister: Viel Licht – und ein großer Schatten
- Abstimmung über 2-Prozent-Hürde zur Europawahl: So stimmten die Abgeordneten
- Gerichts-Krimi: Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Das sind die Nebeneinkünfte Ihrer Abgeordneten
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Interessenkonflikte: Wie Abgeordnete in eigener Sache Politik machen
Ein CDU-Bundestagsabgeordneter schrieb kürzlich an einem Gesetzentwurf mit, in dem es um Ausnahmeregelungen für eine bestimmte Gruppe von Landwirten geht. Das Problem: Er ist selbst Landwirt und würde von den geforderten Ausnahmen profitieren. Eine andere Abgeordnete erkundigte sich in interner Ausschusssitzung über den Einstieg des Staates beim angeschlagenen Energiekonzern Uniper. Das Problem: Sie besitzt selbst Uniper-Aktien. Unsere gemeinsame Recherche mit dem SPIEGEL zeigt, wie sich private Interessen von Abgeordneten und ihr Bundestagsmandat oftmals miteinander vermischen.
Interessenkonflikte: Wie Abgeordnete in eigener Sache Politik machen
Befangen oder nicht, das ist hier die Frage
Abgeordnete können Gesetze beschließen, die sie selbst betreffen. Das kann keine andere Bevölkerungsgruppe.
Unsere aktuelle Recherche zeigt, dass so etwas häufig passiert. In 65 Fällen haben Abgeordnete vor einer Beratung einen Interessenkonflikt angezeigt – und das sind nur die Fälle, von denen wir wissen. Denn vieles muss nicht transparent gemacht werden, zum Beispiel der Besitz von Aktien.
In vielen Ländern ist es selbstverständlich, dass Abgeordnete ihre Vermögenswerte offenlegen müssen, zum Beispiel Wertpapiere und Immobilien. Der Grund ist naheliegend: Die Öffentlichkeit soll sehen können, wenn jemand befangen ist. Wenn es im Parlament zum Beispiel um die Mietpreisbremse geht, kann ein Abgeordneter nicht unbefangen sein, wenn er selbst eine Immobilie vermietet.
Unterstützen Sie uns dabei, weitere Interessenkonflikte transparent zu machen – und strenge Transparenzregeln durchzusetzen! Ob 5, 10 oder 20 Euro: jede Spende hilft (und ist für Sie steuerlich absetzbar).
+++ Großspenden-Ticker: Hohe Überweisungen an CDU, SPD, FDP und Grüne +++
Mehr als 370.000 Euro an Großspenden sind kürzlich auf den Konten von vier Parteien eingegangen:
- Das Beratungsunternehmen Christ&Company Consulting überwies der FDP in dieser Woche 100.000 Euro. CDU, SPD und Grüne bekamen jeweils 51.000 Euro. Firmengründer Harald Christ war viele Jahre Mitglied in der SPD. Seinen Austritt 2019 begründete er mit einem "Linksruck" der Partei. Er trat der FDP bei und wurde deren Schatzmeister.
- Die CDU erhielt 65.000 Euro von dem Unternehmer und Mäzen Klaus-Michael Kühne. Er ist Mehrheitseigentümer des Logistikdienstleisters Kühne + Nagel. Fußballinteressierten ist Kühne als Geldgeber des Hamburger Sportvereins bekannt.
- Die SPD meldete 54.492 Euro von der ESC Ingenieursgesellschaft für Softwareentwicklung mbH. Diese sitzt in Hamburg und hat bislang noch nie eine meldepflichtige Parteispende getätigt.
abgeordnetenwatch.de setzt sich für ein Verbot von Unternehmensspenden und eine Begrenzung von Privatspenden ein. Schließen Sie sich unserer Forderung an und zeichnen Sie hier unsere Petition.
Ampel-Pläne zum Lobbyregister: Viel Licht – und ein großer Schatten
Im Koalitionsvertrag kündigten SPD, Grüne und FDP an, das Lobbyregister "nachschärfen" zu wollen. Nun liegen die Pläne auf dem Tisch. Unsere Analyse zeigt: Viele Vorschläge sind gut. Doch die wichtigste Maßnahme fehlt.
Mehr:
Ampel-Pläne zum Lobbyregister: Viel Licht – und ein großer Schatten
Abstimmung über 2-Prozent-Hürde zur Europawahl: So stimmten die Abgeordneten
Die Abgeordneten des Bundestags haben die Einführung einer 2-Prozent-Hürde für Europawahlen beschlossen. Damit folgten sie einem EU-Beschluss, der ab der übernächsten Europawahl im Jahr 2029 gelten soll. Kleinere Parteien wie die Piratenpartei, ÖDP, Volt und "Die Partei" kritisieren, dass durch die künftige Sperrklausel Millionen Wähler:innen nicht mehr im Europaparlament repräsentiert würden.
Außerdem beschloss der Bundestag einen Gesetzentwurf, mit dem die Rechte von ausländischen Kraftfahrer:innen gestärkt werden. Die EU-weit geltende Regelung soll unter anderem Lohndumping verhindern.
Wie die Abgeordneten abstimmten, haben wir hier für Sie dokumentiert:
Millionen-Klage: Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
Durch Zufall stießen wir bei einer Recherche auf eine ungewöhnliche Beteiligung des deutschen Staates. Im noblen Schweizer Gebirgsort Davos besitzt die Bundesrepublik Deutschland die “Genossenschaft Höhenklinik Valbella Davos". Das ehemalige Sanatorium, das in Thomas Manns "Zauberberg" beschrieben wird, ist seit Jahren Gegenstand eines Gerichtskrimis. Es geht um Millioneneinnahmen für den Haushalt von Finanzminister Lindner.
Millionen-Klage: Warum die Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz die "Höhenklinik Davos" besitzt
Fragen und Antworten des Monats
- Seitenwechsel | Was sie vom Wechsel des früheren Büroleiters ihrer Parteifreundin Annalena Baerbock zum Energiekonzern RWE halte, wurde die Grünen-Abgeordnete Susanne Menge im November 2022 auf abgeordnetenwatch.de gefragt. Vergangene Woche hat Menge eine Antwort geschickt. "Zu Personalentscheidungen einzelner Politiker:innen kann ich leider keine Auskunft geben und diese auch nicht bewerten." Grundsätzlich gelte für sie persönlich, sehr wachsam gegenüber lobbyistischer Einflussnahme zu sein. "Alle Anliegen prüfe ich zunächst."
- China-Reisen | Vor einiger Zeit sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Unternehmer Thomas Heilmann in einem Podcast: "Ich war jetzt im letzten Jahr zweimal in China und hab‘ mir da 20, 30 Unternehmen und auch deren Finanzierungsstruktur angeschaut." Ein Bürger wollte von Heilmann wissen, was seine Reisen nach China mit seinem Bundestagsmandat und der Vertretung seines Wahlkreises Steglitz-Zehlendorf zu tun hätten. Heilmann antwortet, er sei 2019 offiziell und ausschließlich als Mitglied des Deutschen Bundestags nach China gereist. Die Intention seiner Reise habe keinen privaten Ursprung gehabt, "sondern für Deutschland sehr bedeutende digitalpolitische Fragestellungen, mit deren Lösung ich mich vor Ort auseinandergesetzt habe."
- Nordstream 2 | Der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer ist bekannt für pointierte Antworten. Ein Bürger fragte den Grünen-Politiker, wer die Ostsee-Pipeline Nordstream 2 gesprengt habe – und ob er selbst im Vorfeld Bescheid wusste? Bütikofers Antwort: "Einerseits dürfen Sie durchaus durch die Art, wie Sie Ihre Frage formulieren, den Verdacht verbreiten, ich könnte mit diesem Anschlag etwas zu tun haben; das ist zwar kompletter Blödsinn, aber auch kompletter Blödsinn wird durch die Meinungsfreiheit gedeckt; andererseits sollten Sie doch etwas vorsichtiger sein mit solchen impliziten Beschuldigungen, ich kann durchaus auch unhöflich werden."
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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