Ein Bundestagsabgeordneter verdiente jahrelang über eine halbe Million Euro nebenher – doch sichtbar wurde das erst jetzt. Zu dieser neuen Recherche passt auch unsere aktuelle Podcast-Folge "Nebeneinkünfte, und warum sie problematisch sind". Außerdem in diesem Newsletter: Die Grünen haben die mit Abstand höchste Parteispende im laufenden Jahr erhalten – in Millionenhöhe.
Unsere Themen in der Übersicht:
- Hunderttausende Euro von Abgeordneten blieben jahrelang unentdeckt
- Ein Bundestagspräsident, der sich selbst kontrolliert
- Neuer Kandidierenden-Check zur Wahl: Wer tickt wie Sie?
- +++ Großspenden-Ticker: Millionen-Überweisung an die Grünen +++
- Neue Podcast-Folge: Nebeneinkünfte, und warum sie problematisch sind
- Änderung des Infektionsschutzgesetzes und Grundrechtseinschränkungen: So stimmten die Abgeordneten
- Bundestagswahl: Gratis-App macht Wahlplakate lebendig
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten angeklickter Artikel im letzten Newsletter: Rekord an Großspenden – Vermögende und Wirtschaft füllen Wahlkampfkassen mit Millionen
Hunderttausende Euro von Abgeordneten blieben jahrelang unentdeckt
© | picture alliance/dpa | Christoph Soeder |
Seit seinem Einzug in den Bundestag vor vier Jahren verdiente der CSU-Abgeordnete Michael Kuffer mehr als 600.000 Euro nebenher – unter anderem mit einer Beratungsfirma und einer Servicegesellschaft. Doch von den Zahlungen erfuhr die Öffentlichkeit über Jahre hinweg nichts. Den Grund für die Intransparenz vermochte Kuffer bislang nicht zu erklären. Die zuständige Bundestagsverwaltung will zu den unsichtbaren Nebeneinkünften ebenfalls nichts sagen – aus rechtlichen Gründen.
Hunderttausende Euro von Abgeordneten blieben jahrelang unentdeckt
Über den Fall berichtet auch das Nachrichtenportal t-online, mit dem wir bei der Recherche kooperiert haben.
Ein Bundestagspräsident, der sich selbst kontrolliert
Kürzlich erhielt der CDU-Abgeordnete Wolfgang Schäuble ein neues Honorar aus einem Buchvertrag, das er nach den Transparenzregeln beim Präsidenten des Deutschen Bundestages melden musste. Das ist praktischerweise: er selbst.
Ein Bundestagspräsident, der sich selbst kontrolliert. Allein das zeigt den eklatanten Missstand, den es in Sachen Nebeneinkünfte nach wie vor gibt. Da spielt es auch keine Rolle, dass bei Schäubles Buchhonorar alle Regeln eingehalten wurden, zumindest gibt es keinen Anlass, das anzuzweifeln.
Doch in anderen Fällen, die Schäuble zu prüfen hat, läuft es nicht so, wie es die Transparenzvorschriften verlangen. Warum konnten die Nebeneinkünfte eines CSU-Parlamentariers jahrelang im Verborgenen bleiben, wie wir jetzt publik gemacht haben? Denn eigentlich müssen die Abgeordneten neue Einkünfte innerhalb von drei Monaten melden, dann werden sie von Schäuble veröffentlicht.
Der Fall zeigt: Um Missstände öffentlich zu machen, braucht es Recherchen. Und es braucht Druck durch öffentlichkeitswirksame Aktionen. Mit ihnen wollen wir erreichen, dass dem Bundestagspräsidenten die Prüfung der Nebeneinkünfte entzogen und einem unabhängigen Gremium übertragen wird. Helfen Sie uns dabei und werden Sie jetzt Förder:in von abgeordnetenwatch.de, das geht bereits ab 5 Euro im Monat. Ihr Förderbeitrag ist steuerlich absetzbar.
Neuer Kandidierenden-Check zur Wahl: Wer tickt wie Sie?
© | abgeordnetenwatch.de / Fotoquelle |
Sind die Kandidierenden in Ihrem Wahlkreis für Tempo 130? Wollen sie mehr Videoüberwachung an öffentlichen Orten oder eine Anhebung des Renteneintrittsalters? Genau das können Sie jetzt mit unserem Kandidierenden-Check zur Bundestagswahl herausfinden. Dort haben die Politiker:innen aus Ihrem Wahlkreis zu 24 Thesen Stellung genommen. Wenn Sie die Thesen ebenfalls beantworten, erfahren Sie, mit wem Sie die meisten Übereinstimmungen haben.
Kandidierenden-Check zur Bundestagswahl starten
Wenn Sie Ihre Kandidierenden direkt befragen möchten oder ein Anliegen haben, können Sie außerdem auf unserem Wahlportal mit den Politiker:innen in Kontakt treten.
Fragen an die Kandidierenden zur Bundestagswahl stellen
Auch zu den Landtagswahlen in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern haben wir einen Wahlservice für Sie:
Abgeordnetenhauswahl Berlin:
Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern:
Unser Kandidierenden-Check für Mecklenburg-Vorpommern erscheint in der kommenden Woche.
+++ Großspenden-Ticker: Millionen-Überweisung an die Grünen +++
© | Gerd Altmann | Pixabay |
Die Grünen haben die mit Abstand höchste Parteispende des Jahres erhalten. Am Dienstag ging auf dem Parteikonto eine Überweisung in Höhe von 1,25 Mio. Euro ein, die von dem niederländischen Tech-Unternehmer Steven Schuurman stammt (mehr zum Spender bei Wikipedia). Die bis dahin höchste Großspende war ebenfalls an die Grünen gegangen: Im April überwies ihnen ein Softwareentwickler 1 Mio. Euro.
Alle weiteren Großspenden der letzten Wochen:
Grüne:
- 250.000 Euro von dem Immobilienunternehmer Sebastian Schels (Ratisbona Handelsimmobilien)
FDP:
- 100.000 Euro von der Beratungs- und Investmentgesellschaft Droege Group AG
- 100.000 Euro von dem Werkzeugbauunternehmen VÖLKEL GmbH
- 100.000 Euro von Ingo Horst Wilhelm Hillen, Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters sino AG
- 100.000 Euro von Harald Link, Vorstandsvorsitzender der B.Grimm-Gruppe, die in den Bereichen Gesundheitswesen, Energie, Bau- und Industriesysteme, Immobilien, E-Commerce und Verkehr tätig ist
Eine Großspende muss unverzüglich auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht werden, wenn sie über 50.000 Euro liegt. Zahlungen unterhalb dieser Schwelle werden erst mit großer Verzögerung in den Rechenschaftsberichten der Parteien öffentlich – Spenden aus dem laufenden Superwahljahr höchst wahrscheinlich also erst 2022.
Neue Podcast-Folge: Nebeneinkünfte, und warum sie problematisch sind
© | abgeordnetenwatch.de |
Der Abgeordnete Marco Bülow setzt sich wie wenig andere im Bundestag für strikte Transparenzpflichten ein. In Folge 7 unseres Podcasts "Unter der Lupe" erklärt der langjährige SPD-Abgeordnete und heutige Fraktionslose von seinen schwierigen Bemühungen, Parlamentskolleg:innen für einen Ethik-Kodex zu gewinnen. Außerdem erzählt er unserer Kollegin Josephine Andreoli, was er von dem Lobbyregister hält, das Union und SPD kürzlich durch den Bundestag gebracht haben.
Folge 7 mit Marco Bülow (Die Partei) anhören
Alle zwei Wochen erklären Bundestagsabgeordnete in unserem Podcast "Unter der Lupe", wie die parlamentarischen Prozesse und das Leben im Bundestag laufen oder wie sie zu Themen wie Nebeneinkünften, Parteispenden und Lobbyismus stehen. Die insgesamt acht Folgen erscheinen jeden zweiten Mittwoch bis zur Bundestagswahl und sind auf allen Podcast-Plattformen verfügbar.
Bisher erschienen:
- Folge 1: Gesetze, und wie sie entstehen – mit Kerstin Griese (Parlamentarische Staatssekretärin im Arbeitsministerium)
- Folge 2: Die Arbeit im Ausschuss – mit Petra Pau (Bundestagsvizepräsidentin)
- Folge 3: Abstimmungen im Parlament – mit Patrick Schnieder (CDU/CSU) und Katharina Dröge (Grüne)
- Folge 4: Lobbyismus und Korruption - mit Britta Haßelmann (Grüne)
- Folge 5: Parteispenden: muss das sein? - mit Konstantin Kuhle (FDP)
- Folge 6: Der Spagat zwischen Wahlkreis und Berlin - mit Josephine Ortleb (SPD)
Änderung des Infektionsschutzgesetzes und Grundrechtseinschränkungen: So stimmten die Abgeordneten
© | Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde |
Der Bundestag hat in dieser Woche Änderungen beim Infektionsschutz sowie Einschränkungen von Grundrechten beschlossen. Die Neuregelungen sehen unter anderem vor, dass Einreisende nach Deutschland dazu verpflichtet werden, über einen Test-, Impf- oder Genesenennachweis zu verfügen. Zudem wird die Hospitalisierungsrate von Covid-Patient:innen in Krankenhäusern als in Zukunft wesentlicher Maßstab für Corona-Beschränkungen definiert. Eine besonders kontrovers diskutierte Neureglung sieht vor, in bestimmten Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Krankenhäusern eine Auskunftspflicht der Mitarbeiter:innen zu ihrem Impf- oder Genesenenstatus zu ermöglichen.
So stimmten die Abgeordneten im Bundestag
Übrigens: Wir haben das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten in den vergangenen vier Jahren zu etlichen Themen dokumentiert – von Bundeswehreinsätzen über Organspende bis Klimaschutz. Schauen Sie doch einmal nach, wie Ihre Abgeordneten in dieser Legislaturperiode gestimmt haben
Bundestagswahl: Gratis-App macht Wahlplakate lebendig
© | abgeordnetenwatch.de |
Wer sind die Kandidierenden, die uns dieser Tage von den Plakaten entgegenschauen und schöne Versprechen machen? Eine neue kostenlose App macht die Wahlplakate nun lebendig. Dazu müssen Sie nichts weiter tun als das Plakat zu scannen - und schon erhalten Sie eine Vielzahl an Informationen über die Kandidierenden:
- Welche Positionen haben sie zu wichtigen politischen Themen?
- Wie haben sie im Bundestag abgestimmt und welche Nebeneinkünfte haben sie (sofern es sich um Bundestagsabgeordnete handelt)?
- Wie ist ihr Lebenslauf?
Die App FaceTheFacts ist ein Nonprofit-Projekt einer Gruppe Studierender der CODE University Berlin, die von abgeordnetenwatch.de, dem UNLOCK Accelerator von Wikimedia und UpdateDeutschland unterstützt wird. Die verwendeten Informationen stammen von abgeordnetenwatch.de, Wikidata und der Internetseite des Bundestags. Verfügbar ist die App für Android und Apples iOS. Auf der Internetseite des Projekts finden Sie einen Direktlink zu den jeweiligen App-Stores. Dort können Sie die Anwendung herunterladen.
Fragen und Antworten des Monats
- Transparenzversprechen | SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Anfrage eines Bürgers zum Anlass genommen, ein Transparenzversprechen zum Thema Lobbyismus abzugeben. Der Fragesteller hatte wissen wollen, warum Mützenich noch nicht an der Aktion "Transparenzversprechen" von abgeordnetenwatch.de teilgenommen hat. Der SPD-Politiker holte dies daraufhin nach: Sollte seine Partei nach der Wahl den Kanzler stellen, werde die Einführung eines sogenannten exekutiven Fußabdrucks "eine der ersten Maßnahmen sein", um Kontakte zwischen Politik und Lobbyakteuren sichtbar zu machen. Seine eigenen Lobbytreffen will Mützenich dagegen nicht offenlegen.
- Impfung | "Im TV-Triell wurde eingeblendet, dass alle Teilnehmer getestet wurden", schrieb ein Bürger an Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock - ob sie denn noch nicht geimpft sei? Baerbock ließ über ihr Team ausrichten, dass sie die beiden Impfungen bereits erhalten habe. "Eine Impfung schützt vor einer schweren Erkrankung. Das Virus kann dennoch weitergeben werden." Deswegen lasse sie sich regelmäßig testen.
- Hertha BSC | Um das Maskottchen des Fußballbundesligisten Hertha BSC Berlin geht es in einer Frage an den Kandidaten der Tierschutzpartei zur Abgeordnetenhauswahl, Mirko Claus. Was er davon halte, dass dem brasilianischen Braunbären ("Herthinho") Kleidung angezogen werde, um diesen dann einer betrunkenen Menschenmenge vorzuführen, will ein Fragesteller wissen. Claus sieht kein Problem. Er finde, dass in diesem Fall keine Tierquälerei vorliege, schreibt der Kandidat "mit einem Augenzwinkern". Das Maskottchen mache aus seiner Sicht immer einen "sehr fröhlichen und glücklichen Eindruck, auch wenn die sportlichen Leistungen gerade etwas anderes erwarten lassen dürften".
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
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