In diesem Newsletter geht es um Dokumente, die angeblich das Wohl der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die Bundesregierung hält sie deswegen unter Verschluss: 30 Jahre lang sollen sie nicht für die Öffentlichkeit zugänglich werden.
Lobby-Dokumente sollen frühestens 2045 öffentlich werden
Seit fast einem Jahr bemühen wir uns um diese Unterlagen. Eigentlich geht es um etwas, das im politischen Berlin alltäglich ist: Gespräche von Lobbyist:innen mit der Bundesregierung. Doch in diesem Fall geht es um ganz besondere Kontakte: Gespräche, die die damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel (beide SPD) mit den Chefs von Gazprom und der Nord Stream AG geführt haben. Gespräche wie diese:
- Außenminister Frank-Walter Steinmeier: Bürotermin mit Alexey Miller (CEO Gazprom) am 13.4.2015 zur "Erweiterung der Nord Stream-Gaspipeline"
- Außenminister Sigmar Gabriel: Gespräch mit Mathias Warnig (CEO Nord Stream 2 AG) am 3.5.2017 zum "Stand des Projektes Nord Stream 2"
In den vergangenen Tagen hat uns das Auswärtige Amt mitgeteilt, dass wir die Unterlagen zu den Lobbykontakten der früheren SPD-Minister in Sachen Nord Stream 2 nicht bekommen werden. Nicht jetzt und nicht in absehbarer Zeit – sondern erst, wenn eine sogenannte "Schutzfrist" abgelaufen ist. Das wird frühestens 2045 der Fall sein.
Uns interessieren die Unterlagen, weil sie Aufschluss über die umstrittene Energiepolitik der Großen Koalition geben könnten, die in einer Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen mündete. Uns geht es nicht um diplomatische Korrespondenzen zwischen der Bundesregierung und Russland. Auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Gazprom und anderen Konzernen haben wir in unserem Antrag ausgenommen. Doch für das Auswärtige Amt stellt Transparenz offenbar eine Gefahr dar. Würden die Dokumente öffentlich, so behauptet es das Ministerium, drohe eine "konkret zu befürchtende Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen". Außerdem sei das "Wohl der Bundesrepublik Deutschland" gefährdet.
Wenn bereits Dokumente zu Lobbytreffen mit Gaskonzernen das Wohl unseres Staates gefährden können, wie es das Auswärtige Amt darstellt, dann muss in diesen Unterlagen spannendes stehen. Wir prüfen nun rechtliche Schritte gegen das Außenministerium.
(Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen möchten, können Sie uns hier eine Spende zukommen lassen)
Was besprach Gerhard Schröder mit seinen Parteifreunden Gabriel und Zypries?
© | picture alliance / Federico Gambarini / dpa |
Seit Monaten ärgern wir uns in Sachen Nord Stream 2 auch mit einem anderen Ministerium herum: dem Wirtschaftsministerium. Auch dort will man Dokumente zu Lobbykontakten bislang nicht herausgeben. Zwei Termine sind besonders interessant: Gespräche des Gaslobbyisten Gerhard Schröder mit dem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (2015) und dessen Nachfolgerin Brigitte Zypries (2017); beide Male war Schröder in Begleitung des Gazprom-Chefs. Seit mehr als zehn Monaten prüft das Ministerium unseren Antrag auf Herausgabe der Unterlagen bereits. Jetzt ist unsere Geduld am Ende. In Kürze werden wir Untätigkeitsklage gegen das Wirtschaftsministerium einreichen.
Es ist ärgerlich und ermüdend, von der Bundesregierung immer und immer wieder Transparenz einzufordern, notfalls vor Gericht. Es ist zeitintensiv und kostet Geld. Doch die Hände in den Schoß zu legen wäre genau das, was sich die Ministerien wünschen.
In einer funktionierenden Demokratie muss das Handeln der Regierung kontrollierbar sein. Darum möchten wir Sie heute bitten: Unterstützen Sie uns dabei, genau das zu tun – die Arbeit der Regierung zu kontrollieren. Jede Spende hilft. (Ihre Spendenbeiträge sind übrigens steuerlich absetzbar).
Fanden Sie diesen Newsletter interessant? Dann leiten Sie die Mail gerne an Freunde und Bekannte weiter. Abonnieren können diese unseren Newsletter hier (natürlich kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar).