Um Joschka Fischer, Roland Koch, Brigitte Zypries oder Dirk Niebel ist es in der Öffentlichkeit ruhig geworden. Doch hinter den Kulissen sind sie und andere Ex-Politiker:innen sehr aktiv. Recherchen von abgeordnetenwatch.de zeigen, für welche Unternehmen sie lobbyieren oder beratend tätig sind.
Außerdem in diesem Newsletter: Wenige Monate vor der Landtagswahl profitiert die CSU von einer hohen Spende aus dem Umfeld des Autobauers Porsche.
Die Übersicht:
- Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute arbeiten
- Gekaufte Adressbücher
- +++ Großspenden-Ticker: Hohe Summe für die CSU aus dem Porsche-Umfeld +++
- Antwort-Ranking 2023: Wie antworten Ihre Abgeordneten?
- Andreas Scheuer, das Maut-Desaster und der Schadensersatz
- Fragen und Antworten des Monats
Am häufigsten aufgerufener Artikel im letzten Newsletter: Prominente Abgeordnete verstießen offensichtlich gegen Gesetz
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Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute arbeiten
© | Fotos: picture alliance: Malte Ossowski/Sven Simon (Niebel), Christoph Hardt/Geisler-Fotopres (Fischer, Oettinger), Bernd von Jutrczenka/dpa (Zypries) |
Ehemalige Vizekanzler, Ex-Minister:innen und ein Geheimdienstchef a.D.: Im Lobbyregister des Bundestags stehen nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de mehr als 100 ehemalige Amts- und Mandatsträger:innen. Zu ihren Auftraggebern gehören die Immobilienlobby, Rüstungskonzerne und Tech-Multis.
Diese Liste zeigt, für wen 100 Ex-Politiker:innen heute arbeiten
Aus dem Archiv:
Gekaufte Adressbücher
© | picture alliance / photothek | Thomas Imo |
Welches Interesse könnte der Technikkonzern Apple haben, die ehemalige Wirtschafts- und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) als “Beraterin" zu engagieren? Das ist natürlich eine rhetorische Frage.
Apple hat sich mit der Ex-Ministerin auch deren Adressbuch eingekauft. Genauso hat es der Rüstungskonzern Rheinmetall gemacht, der Ex-Minister Dirk Niebel (FDP) als Bereichsleiter für "Regierungsbeziehungen" beschäftigt. Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) öffnet inzwischen dem Stahlunternehmen Thyssenkrupp Steel erfolgreich die Tür zum Kanzleramt, Ex-Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wird von Vodafone bezahlt.
Für Konzerne sind diese und andere ehemaligen Politiker:innen Gold wert. Ein Anruf hier, ein Treffen dort – Beispiele dafür gibt es zuhauf.
Dass Ex-Minister wie Niebel oder Gabriel im Verborgenen lobbyieren können, hat auch damit zu tun, dass die Ampel-Koalition kein Interesse an strikten Transparenzregeln hat: Eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung von Lobbykontakten haben SPD, FDP und Grünen bis heute nicht umgesetzt und werden es auch künftig nicht tun.
Darum werden wir mit unseren Mitteln aktiv: Recherchen und Klagen. Gerade haben wir das Kanzleramt wegen intransparenter Kontakte von Stahllobbyist Sigmar Gabriel mit Bundeskanzler Olaf Scholz verklagt. Das Verfahren steht erst am Anfang, es dürfte sich noch über Jahre hinziehen.
Bitte unterstützen Sie uns mit einer regelmäßigen Förderung, um weitere Missstände aufzudecken zu können. Fördern können Sie uns schon ab 5 Euro im Monat (Ihre Förderung ist übrigens steuerlich absetzbar). Sollte Ihnen eine Förderung momentan nicht möglich sein, helfen Sie uns natürlich auch mit einer einmaligen Spende.
+++ Großspenden-Ticker: Hohe Summe für die CSU aus dem Porsche-Umfeld +++
© | Pixabay |
Die CSU hat ihre erste Großspende in diesem Jahr erhalten. Vergangene Woche gingen bei der Partei 83.850 Euro von Daniela Porsche ein. Die CSU-Großspenderin lebt mit Porsche-Aufsichtsrat Ferdinand Oliver Porsche in Salzburg.
Hohe Spenden aus dem Umfeld eines Autokonzerns erhielt kürzlich auch die CDU. Je 50.001 € überwiesen die Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt. Beide verfügen über insgesamt rund 46 Prozent der Stimmrechte an der BMW AG und sitzen im Aufsichtsrat.
Großspenden von mehr als 50.000 Euro werden kurz nach Eingang auf der Bundestagsseite veröffentlicht.
Antwort-Ranking 2023: Wie antworten Ihre Abgeordneten?
© | abgeordnetenwatch.de |
Welche Bundestagsabgeordneten haben alle Fragen beantwortet, die ihnen über abgeordnetenwatch.de gestellt wurden? Und wer reagierte überhaupt nicht? Wir haben den Antwortcheck für alle Abgeordneten im Bundestag gemacht. An der Spitze des Rankings steht ein bekannter FDP-Politiker. Der Kanzler und der CDU-Chef antworteten auf keine Frage aus der Bevölkerung.
Andreas Scheuer, das Maut-Desaster und der Schadensersatz
© | Olaf Kosinsky | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE |
Anfang des Monats wurde bekannt, dass die gescheiterte Pkw-Maut die Steuerzahler:innen 243 Millionen Euro an Schadenersatz kosten wird. Diese Zahlungen wären vermeidbar gewesen. 2020 enthüllten wir zusammen mit FragDenStaat eine vertrauliche Vorlage für den damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Das Dokument belegt, dass Scheuer frühzeitig von seinen Fachleuten über drohende Schadensersatzzahlungen gewarnt worden war. Doch der CSU-Politiker ignorierte dies augenscheinlich.
Mehr:
Scheuer wusste frühzeitig von drohendem Schadensersatz bei PKW-Maut (Archiv)
2020 machten wir außerdem eine interne Mail an Scheuer öffentlich, die zeigt, wie das Verkehrsministerium die Aufklärung des Maut-Desasters erschweren wollte.
Fragen und Antworten des Monats
- Wagenknecht | "Könnten Sie sich einen Parteiwechsel vorstellen?" will ein Bürger von der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht wissen. "Wie wäre es mit einem Doppel-Wumms Wagenknecht-Weidel?" Die Politikerin schreibt in ihrer Antwort, ein Parteiwechsel zur AfD komme für sie "nicht in Frage". "Altersarmut, der klägliche Mindestlohn, die ausbleibende Kindergrundsicherung, die Niedriglöhne – das sind alles Themen, für die sich die AfD kaum interessiert. Außerdem habe die AfD einen rechtsextremen Flügel, mit dem ich nichts zu tun haben will." Der wachsende Zuspruch für die AfD mache deutlich, dass es einer neuen Partei bedürfe, die die Interessen der Menschen vertrete.
- Heil | "Warum erhalten Rentner und Rentnerinnen keinen Inflationsausgleich?" fragte eine Bürgerin den zuständigen Arbeitsminister Hubertus Heil. In seiner Antwort schreibt der SPD-Politiker, die Zahlung eines Inflationszuschlages zusätzlich zur Rentenanpassung sei "keine Aufgabe für die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung und würde das System überfordern." Heil verweist darauf, dass die Rentenanpassung zum 1. Juli 2023 zwar aktuell hinter der Inflation zurückbleibe. Aber auch alle Beschäftigten hätten Reallohneinbußen hinnehmen müssen.
- Bütikofer | Ein Bürger will von dem Grünen-EU-Abgeordneten Reinhard Bütikofer wissen, was er von den neuen Verschlusskappen von Getränkeflaschen hält, die nach dem Öffnen fest mit der Flasche verbunden bleiben ("Tethered-Caps"). Diese sind nach Meinung des Fragestellers "unglaublich nervig": "Beim direkten Trinken stört die Kappe entweder an der Nase oder bringt direkt die Flüssigkeit an Kinn, Bart oder Wange." Eine Antwort von Bütikofer liegt noch nicht vor. Hier können Sie sich eintragen, um beim Eintreffen per Mail benachrichtigt zu werden.
Haben auch Sie Fragen an die Abgeordneten im Bundestag, den Landtagen oder dem EU-Parlament? Hier geht es zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de:
Bundestag | EU-Parlament | Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
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