Am vorletzten Tag des Jahres melden wir uns noch einmal mit Teil II unseres Rückblicks auf Recherchen der vergangenen zwölf Monate – und mit besten Wünschen für 2019! Es würde uns freuen, wenn Sie unsere Arbeit auch im nächsten Jahr mit Interesse verfolgen.
Die Themen in der Übersicht:
RWE und der Interessenkonflikt des CDU-Fraktionsvize
Die Millioneneinkünfte der Abgeordneten
1,1 Mio. Euro Großspenden an Regierungsparteien – alle Spender in der Übersicht
Unabhängigkeit in Gefahr
Die geheimen Lobbytreffen der Bundesregierung
Wie die Rüstungslobby Politiker umgarnt
Der FDP-Fraktionsvize und seine Geldgeber
Wie die ZDF heute-show über unsere Klage gegen den Bundestag berichtete
Mehr als 90.000 Euro im Jahr - so viel zahlt eine RWE-Tochter dem nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten und CDU-Fraktionsvize Gregor Golland für einen Teilzeitjob als Kaufmännischer Angestellter. Eine besondere Brisanz erhalten die horrenden Nebeneinkünfte durch die Ereignisse rund um den Hambacher Forst, den der RWE-Konzern zur Gewinnung von Braunkohle roden will. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte eine polizeiliche Räumung des Waldes angeordnet, in dem sich Kohlegegner aufhielten.
Als abgeordnetenwatch.de vergangenes Jahr zu dem offensichtlichen Interessenkonflikt recherchierte, wollte Golland unsere Fragen zu seiner fragwürdigen Doppelrolle als RWE-Mitarbeiter und Volksvertreter nicht beantworten.
Die Millioneneinkünfte der Abgeordneten
Die gute Nachricht vorweg: Die allermeisten Bundestagsabgeordneten haben keine bezahlte Nebentätigkeit. Doch immerhin noch jeder Fünfte verdient etwas nebenher – einige Parlamentarier sogar in beträchtlicher Höhe. Laut gemeinsamen Recherchen von abgeordnetenwatch.de und SPIEGEL belaufen sich die Nebenverdienste der Bundestagsabgeordneten in den ersten Monaten der Legislaturperiode auf mindestens 5,5 Mio. Euro. Zu den Spitzenverdienern gehören zahlreiche prominente Volksvertreter wie die Ex-Minister Ulla Schmidt (SPD) und Peter Ramsauer (CSU, Foto) oder FDP-Parteichef Christian Lindner. Bezahlt werden sie u.a. aus der Pharmabranche, einer PR-Agentur und der Versicherungswirtschaft.
Das sind die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten (mit Liste)
Auch der SPIEGEL berichtet online und in seiner Printausgabe über die Recherche:
1,1 Mio. Euro Großspenden an Regierungsparteien – alle Spender in der Übersicht
In den vergangenen zwölf Monaten haben allein die Regierungsparteien über 1,1 Mio. an Großspenden erhalten. Dies ist zwar deutlich weniger als noch 2017, allerdings fließen in Jahren mit einer Bundestagswahl immer besonders viele Spenden.
Seit Jahresbeginn erhielten CDU und SPD hohe Beträge unter anderem aus der Auto- und der Immobilienbranche. Alle bisher bekannten Großspenden in der Übersicht:
60.000 Euro vom Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW an die CDU
je 80.000 Euro von Evonik an CDU und SPD
je 100.000 Euro von Daimler an CDU und SPD
100.000 Euro vom Berliner Immobilienunternehmer Klaus Groth an die CDU
100.000 Euro vom hessischen Immobilienunternehmer Dietmar Bücher an die SPD
125.001 Euro von der BMW-Miteigentümerin und Unternehmerin Susanne Klatten an die CDU
125.001 Euro vom BMW-Miteigentümer und Unternehmer Stefan Quandt an die CDU
260.000 Euro von dem Unternehmer Hans-Joachim Langmann an die CDU
Von den übrigen Bundestagsparteien erhielten die Grünen sowie die FDP hohe Spenden. Eine Privatperson (der Anwalt Leo Plank) überwies den Grünen 98.500 Euro, die FDP durfte sich über 100.000 Euro von der R + W Immobilienbeteiligungen GmbH sowie 50.249 Euro vom eigenen Parteichef Christian Lindner freuen. Meldepflichtige Großspenden gingen außerdem an die Deutsche Kommunistische Partei (352.420 Euro) sowie an die Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands (80.000 Euro), in beiden Fällen stammte die Überweisung von Privatpersonen.
Spenden von mehr als 50.000 Euro müssen unverzüglich im Internet veröffentlicht werden. Unterhalb dieser Grenze erscheinen sie in den Rechenschaftsberichten der Parteien – mit teilweise bis zu zwei Jahren Verspätung. Die Rechenschaftsberichte für 2018 werden voraussichtlich im Januar 2020 einsehbar.
Von Gesprächen der Bundesregierung mit Lobbyisten fehlen oftmals jegliche Protokolle, Vermerke oder Notizen. In zahlreichen Fällen räumten die Ministerien auf abgeordnetenwatch.de-Anfrage ein, dass es keinerlei Unterlagen gebe – selbst bei brisanten Anlässen wie einem Telefonat zwischen Ministerin und Autolobby inmitten des Dieselskandals. Das Ganze könnte Methode haben.
Frage: Wie bekommt man als Rüstungsunternehmen einen leichten Zugang zur Politik? Antwort: Man gründet einen gemeinnützigen Verein – und besetzt die Gremien mit Bundestagsabgeordneten. Genau dies tut die Waffenlobby. Nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen sind derzeit mindestens vier Parlamentarier in einem Rüstungsverein tätig, drei von ihnen sitzen gleichzeitig im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Auf diese Weise erhält die Waffenindustrie frühzeitig Informationen und kann politische Entscheidungen im eigenen Interesse beeinflussen.
Bis zu 36.000 Euro kassierte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion als Vortragsredner – doch von wem? Kürzlich machten wir publik, dass Alexander Graf Lambsdorff die Herkunft seiner Honorare als einziger Bundestagsabgeordneter unter Verschluss hält. Lambsdorff nutzte dafür ein (legales) Schlupfloch: Mit seinen Geldgebern schloss er einen Vertrag mit Verschwiegenheitsklausel, was bei Vorträgen äußerst ungewöhnlich ist. Als Reaktion auf unsere Recherche hat der FDP-Politiker seine Vertragspartner nun offengelegt – unter anderem eine Privatbank und eine Vereinigung von Steuerberatern. Lambsdorffs öffentliche Stellungnahme zu unserem Bericht wirft allerdings neue Fragen auf.
Eine Beamtin, die Akten lieber in Flammen setzt als sie an abgeordnetenwatch.de herauszugeben – das war natürlich nur Satire, mit der die ZDF heute-show kürzlich unsere Transparenzklage gegen den Deutschen Bundestag und Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble thematisierte. Auch der SPIEGEL griff den Rechtsstreit auf und beleuchtete die Geheimniskrämerei, die in vielen Behörden noch immer vorherrscht. Nun wird in den Ministerien sogar diskutiert, das Auskunftsrecht weiter einzuschränken.
Kommen Sie gut ins neue Jahr!