Stuttgart 21: Ohren zu und durch

Ja, mit der Kommunikation von Stuttgart 21 hat es über viele Jahre nicht gestimmt, sagen inzwischen einige Politiker. Nun hätten sie es in der Hand, besser mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Doch die Realität sieht anders aus.

von Martin Reyher, 14.10.2010

Es ist eine schwierige Beziehung zwischen Bürgern und Politikern, das merkt man gerade ganz gut am Beispiel Stuttgart 21. Obwohl es beiden Seiten an Worten nicht mangelt, hapert es seit einiger Zeit doch merklich an der Kommunikation. Und so ist es ein gutes Zeichen, wenn sich jetzt die eine Seite – die Politiker – in Einsicht üben und selbstkritisch die Schuld an der Misere auf sich nehmen:

Das ist der Ministerpräsident im Gespräch mit dem ZDF. Und das ist der Ministerpräsident im Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern auf abgeordnetenwatch.de:

 

... und der CDU-Fraktionsvorsitzende:

 

... und der Innenminister:

 

Eine "optimierungsfähige Kommunikation", wie sie der Ministerpräsident anmahnt, gibt es aber auch bei dessen Koalitionspartner...

 

... und bei der Opposition:

 

Dies ist nur eine kleine, aber eigentlich ganz repräsentative Auswahl. Denn die baden-württembergischen Landtagsabgeordneten von CDU, FDP und SPD haben die geringste Antwortquote überhaupt auf abgeordnetenwatch.de. Weder im Bundestag noch im EU-Parlament, und auch nicht in den Landtagen von Hamburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen, erhalten die Bürgerinnen und Bürger weniger Antworten auf ihre Fragen als im Ländle:

  • CDU: 31,8 Prozent (beantwortete Fragen)
  • SPD: 46,9 Prozent
  • FDP: 52,9 Prozent

Die genannten Parteien eint aber nicht nur das Kommunikationsproblem mit den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch noch etwas anderes: Allesamt sind sie Befürworter des umstrittenen Großprojekts Stuttgart 21 und haben dies bei zahlreichen Parlamentsabstimmungen auch mehrheitlich so zum Ausdruck gebracht (zum Beispiel hier und hier). Nun könnte man beides für einen Zufall halten, wenn nicht ausgerechnet die Landtagsabgeordneten der Grünen, die Stuttgart 21 seit jeher ablehnen, das geringste Problem mit dem Bürgerdialog hätten. Sie haben 92,3 Prozent der an sie gerichteten Fragen beantwortet. Ist all dies Zufall oder doch Kausalität? Man wüsste es gern. Am besten beantworten könnten dies natürlich die betreffenden Abgeordneten selbst. Doch an dieser Stelle dreht man sich im Kreis.

 

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