Lange Zeit konnten mehr als 1.000 Lobbyisten im Bundestag ein und aus gehen, ohne dass die Öffentlichkeit ahnte, wer da alles ungehinderten Zugang zu unseren Abgeordneten hatte. Insbesondere Rüstungsunternehmen, Autokonzerne, Versicherungen und Banken profitierten jahrelang davon, dass sie per Geheimverfahren über die Fraktionen einen Hausausweis erhielten. Bekannt wurden die Namen erst nach einer abgeordnetenwatch.de-Klage gegen den Bundestag und mehreren Gerichtsurteilen.
Der intransparenten Vergabepraxis hat der Ältestenrat nun einen Riegel vorgeschoben. Wie das Bundestagsgremium beschloss, können Interessenvertreter künftig keine Zugangsscheine mehr über die Fraktionen erhalten. Lobbyisten von Unternehmen, Agenturen und Kanzleien bekommen sogar überhaupt keine Hausausweise mehr, Verbandslobbyisten müssen von nun an mit sehr viel weniger auskommen. Insgesamt werden sich also sehr viel weniger Interessenvertreter frei im Bundestag bewegen können.
Das sind die verschärften Zugangsregeln im Überblick:
(Ausführliche Informationen der Bundestagsverwaltung über die neuen Zugangsregeln finden Sie in diesem pdf.)
Es freut uns, dass unsere Klage dazu beigetragen hat, die geheime Vergabepraxis von Hausausweisen endlich zu kippen. Auch dass Unternehmenslobbyisten künftig keinen ungehinderten Zugang mehr zu den Abgeordnetenbüros erhalten, ist ein wichtiger Schritt, der vor allem große Symbolkraft hat. Denn der Ältestenrat hat damit festgelegt, dass für Lobbyisten - zumindest für jene von Konzernen, Agenturen und Kanzleien - ab sofort keine anderen Regeln mehr gelten als für uns Bürgerinnen und Bürger: Wer einen Abgeordneten in seinem Büro besuchen will, muss sich dafür anmelden - seinen Lobbyisten-Hausausweis vorzeigen und dann nach Belieben hereinspazieren, das geht nun nicht mehr.
Damit ist allerdings nur eine der vielen Baustellen geschlossen. Nun geht es darum, endlich ein verpflichtendes Lobbyisten-Register einzuführen. Darin müssen Lobbyisten mitteilen, in wessen Auftrag sie arbeiten, an welchen Gesetzentwürfen sie mitwirken und mit welchen Politikern sie sich wann und zu welchem Thema getroffen haben. Die Notwendigkeit eines öffentlichen und verbindlichen Registers sehen auch Grüne, SPD und Linke. Für ihre Fraktion sei wichtig, dass von Lobbyisten verfasste Zuarbeiten in Gesetzentwürfen kenntlich gemacht würden, erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Petra Sitte, gegenüber abgeordnetenwatch.de. "Wir wollen auch, dass Gesetzesentwürfe gleichberechtigt allen Interessierten zugänglich gemacht werden und nicht Lobbygruppen einen privilegierten Vorab-Zugang erhalten."
Auch in der Bevölkerung gibt es eine große Unterstützung für ein verpflichtendes Lobbyisten-Register. Eine Mitte Januar von abgeordnetenwatch.de gestartete Online-Petition mit dem Titel "Geheimen Lobbyismus stoppen - Lobbyisten-Register einführen!" wurde bislang von über 96.000 Menschen gezeichnet.