Die copy & paste-Abgeordneten (Update)

von Martin Reyher, 18.02.2011

Es muss ja nicht gleich eine Doktorarbeit sein.

Auch in ihren Antworten auf abgeordnetenwatch.de bedienen sich manche Politiker fremder Texte, ohne dies in irgendeiner Form kenntlich zu machen. Bevorzugte Quelle für die Abkupferei: Wikipedia.

Dringender Plagiatsverdacht besteht immer dann, wenn eine Antwort zahlreiche Links zu wikipedia.org enthält, die scheinbar wahllos in einen Satz eingestreut sind und deswegen den Lesefluss stören. In solchen Fällen hat der Politiker (oder sein Mitarbeiter) wahrscheinlich einen Wikipedia-Text eins zu eins oder in Auszügen samt Links auf weiterführende Wikipedia-Artikel herauskopiert und einfach in die Antwort bei abgeordnetenwatch.de eingesetzt. Dass dabei die Links auf die anderen Wikipedia-Artikel übernommen wurden, fiel den Autoren der Antwort Absendern offensichtlich nicht auf. Vier Beispiele:

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Petra Heß borgte sich 2009 in dieser Antwort...

... einen Absatz aus dem Wikipedia-Artikel über den "Afghanistan Compact":

Die Europaabgeordnete Doris Pack verließ sich im Wahlkampf 2009 auf die Formulierkunst der Wikipedia-Gemeinde. In ihrer Antwort zum Thema "Gender Mainstreaming" ...

 

... wird weder Wikipedia als Quelle genannt noch die Autoren Holz und Neusüß erwähnt, aus deren Werk die Definition offenbar stammt:

Auch der heutige Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters setzte im Wahlkampf 2009 auf die Weisheit der Vielen und kupferte in einer Antwort zur "Ordnungspartnerschaft"...

... aus einem Wikipedia-Artikel ab:

Äußerst großzügig bediente sich 2007 der Bundetagsabgeordnete Stefan Müller in einer abgeordnetenwatch.de-Antwort zum Thema "Grundschuld" ...

 

... in der Wikipedia:

 

Wie es richtig geht, können die Damen und Herrn Müller, Roters, Heß, Pack und Guttenberg z.B. dieser Antwort auf abgeordnetenwatch.de entnehmen:

Nachtrag von 10:55 Uhr:

Ein Kommentator weist darauf hin, dass das oben aufgeführte Beispiel ("Wie es richtig geht...") den Kern nicht trifft, da hier keine wörtlichen Passagen übernommen wurden. Deswegen sei nachfolgend ein Beispiel dafür genannt, wie es wirklich, wirklich richtig geht (wenn Zitate verwendet werden):

Update vom 21.2.2011: Der Kölner Express schreibt heute: "Plagiat? Blogger nimmt den OB aufs Korn" In dem Text heißt es:

Auf abgeordnetenwatch.de hat der damalige OB-Kandidat Roters im Wahlkampf 2009 Fragen von Bürgern beantwortet, etwa zum Thema „Freiheit und Bürgerrechte“. Dabei verweist Roters auf die Kölner „Ordnungspartnerschaft“ zwischen Stadtverwaltung und Polizei. Reyher behauptet, dass Roters die Beschreibung der Ordnungspartnerschaft bei Wikipedia abgeschrieben hat. Ein Skandal. Muss der OB jetzt zurücktreten? Nein, muss er nicht! Roters dreht den Spieß einfach um: „Sollte etwa Wikipedia es versäumt haben, die Quelle dieser Definition, wie sie in Fachgremien entwickelt wurde, anzugeben?“, fragt der OB. Wohl zu Recht. Denn er hat Ende der 90er Jahre als Polizeipräsident die „Ordnungspartnerschaft“ selbst entwickelt. Und demzufolge bei sich selbst abgeschrieben…

Das ist doch mal eine Erklärung!

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