Es ist Wahlkampf im Lande. Man dürfte also annehmen, dass die Kandidaten landauf landab nicht nur auf Marktplätzen und in Fußgängerzonen beim Gespräch mit den Wählerinnen und Wählern anzutreffen sind, sondern auch im Internet. Wir haben die Online-Aktivitäten der Parteien einmal am Beispiel von abgeordnetenwatch.de gemessen und dabei festgestellt: Einen markanten Unterschied gibt es nicht nur im Parteienvergleich, sondern auch in regionaler Hinsicht. Die Hamburger CDU-Kandidaten zur Bürgerschaftswahl (bereits am 20. Februar) etwa waren bei der Beantwortung von Bürgerfragen und bei der Beteiligung am Kandidaten-Check insgesamt sehr viel aktiver als ihre Parteifreunde aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, wo in den nächsten Wochen gewählt wird. Dies geht aus unserem Aktivitätsindex zu den Wahlen in allen vier Bundesländern hervor (s. untenstehende Grafik). Weitere Erkenntnisse:
- Die CDU-Kandidaten in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind unter den fünf etablierten Parteien am wenigsten aktiv, in Hamburg war es die FDP.
- Die SPD liegt beim Aktivitätsindex in Sachsen-Anhalt vor allen anderen Parteien, in Hamburg und Rheinland-Pfalz aber auf dem vorletzten Platz.
- Die Aktivität der Parteien in Baden-Württemberg ist offenbar ein guter Gratmesser für die übrigen Bundesländer. Wer im Ländle besonders aktiv ist, ist dies insgesamt auch in den anderen Bundesländern. Dies gilt auch im umgekehrten Fall. In Baden-Württemberg sind die Kandidaten der Linkspartei am aktivsten, es folgen die Grünen, SPD, FDP und CDU.
- Die geringste Antwortquote auf abgeordnetenwatch.de zu den derzeitigen Wahlen hat die CDU in Baden-Württemberg mit 35 Prozent. Die höchste Quote unter allen Parteien hatte die CDU in Hamburg mit 92 Prozent.
- Die Teilnahmequote am Kandidaten-Check ist im Ländervergleich am höchsten unter den baden-württembergischen Grünen und Linken. Von ihnen hinterlegten je 89 Prozent die eigenen Standpunkte. Am niederigsten ist Quote bei der CDU in Baden-Württemberg: Nur 23 Prozent haben sich bislang beteiligt. Mitgemacht hat hier als einer von 16 CDU-Kandidaten übrigens Ministerpräsident Stefan Mappus.
Vorgehensweise: In den Aktivitätsindex ist neben der Antwortquote auch die Beteiligungsquote am Kandidaten-Check eingeflossen, den wir in allen vier Bundesländern anbieten (bzw. im Fall von Hamburg angeboten haben). Beim Kandidaten-Check können Wähler - ähnlich wie beim Wahl-O-Mat - ihre Positionen mit denen ihrer Wahlkreiskandidaten abgleichen. Hierzu haben wir vor dem Start des Kandidaten-Check alle Kandidierenden mehrmals angeschrieben und auf die Möglichkeit zur kostenlosen Teilnahme hingewiesen (hier gehts zum Kandidaten-Check in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz, in Sachsen-Anhalt). Der besseren Vergleichbarkeit wegen haben wir aus den Prozentwerten einstellige und gerundete Indexwerte gebildet. Aus einer Antwortquote von 76,4 Prozent wurde der Wert 7,6. Um ein Gesamtergebnis aus allen vier Landtagswahlen zu erhalten, haben wir die einzelnen Indexwerte einer Partei addiert. Da von allen Parteien nur CDU, SPD, FDP, Grüne und Linke in sämtlichen Wahlkreisen antreten, haben wir nur diese Parteien berücksichtigt. Eine Partei mit fünf oder zehn Kandidaten ist bei Antwort- und Beteiligungsquote nicht vergleichbar mit einer Partei, bei der 60 oder 70 Kandidierende zur Wahl stehen. Die Antwortquoten aller Parteien, die mit eigenen Direktkandidaten antreten, können aber auf der jeweiligen Wahlprotalseite in der rechten Spalte eingesehen werden (Beispiel Baden-Württemberg)
Lesebeispiel: Die FDP-Kandidaten aus Rheinland-Pfalz kommen zusammen auf eine durchschnittliche Antwortquote von 74 Prozent. 63 Prozent von ihnen haben sich am Kandidaten-Check beteiligt. Damit stehen die Kandidaten im rheinland-pfälzischen Parteienvergleich (Platz 3) besser da als im Gesamtergebnis (Platz 4), in das die Werte aus allen vier Wahlen eingeflossen sind.
Die Heilbronner Stimme hat in den vergangenen Tagen einen Online-Test gemacht und dabei auf abgeordnetenwatch.de 22 Kandidaten aus der Region befragt (pdf). Ergebnis:
15 haben nach einer Woche zurückgeschrieben – elf davon schon am zweiten Tag.
Die Erfahrung der Zeitung bzgl. der Parteien deckt sich in der Tendenz übrigens mit unserem Aktivitätsindex. Ein Kandidat der Linken antwortete postwendend, von einem SPD-Kandidaten gab es ebenfalls eine schnelle Antwort, ein anderer brauchte zwei Wochen. Von einem FDP-Kandidaten erhielten die Fragesteller gar keine Antwort, zwei CDU-Kandidaten schrieben lediglich, dass sie nicht öffentlich antworten wollten. Einer von ihnen war der Fraktionsvorsitzende Peter Hauk. Die Heilbronner Stimme schreibt:
Peter Hauk, Fraktionsvorsitzender der CDU in Stuttgart, warnte seine Parteikollegen vor dem Portal. Die Abgeordneten sollten nicht auf einer fremden Seite im Internet ihre Antworten verbreiten, sondern stattdessen dem Bürger nur persönlich eine E-Mail schicken. Erklärtes Ziel von Abgeordnetenwatch ist es dagegen, dass Politiker sich nicht im Stillen, sondern für alle sichtbar im Internet äußern.
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