Dass durch unsere Hausausweis-Klage öffentlich wurde, welche Interessenvertreter einen ungehinderten Zugang zum Bundestag haben, kam bei einigen Lobbyisten und PR-Leuten gar nicht gut an. Lange Zeit waren sie es gewohnt, im Verborgenen zu walten – mit einem Male dann, im Herbst 2015, stand der Einfluss von Lobbyisten auf politische Entscheidungen im Zentrum der öffentlichen Debatte.
Noch schlimmer war für manch einen Interessenvertreter, dass er seinen Hausausweis zum Bundestag verlor. Denn ein Ergebnis unserer Klage war, dass der Bundestag seine Zugangsregeln verschärfte und hunderten Lobbyvertretern keine Hausausweise mehr ausstellte.
Besonders aufgebracht war die Lobbyorganisation degepol („Deutsche Gesellschaft für Politikberatung e.V.“), die sogar “rechtliche Schritte” gegen den Entzug der Hausausweise durch die Bundestagsverwaltung in Erwägung zog.
Der Beschwerdeführer als Richter?
Bislang ist die degepol zwar nicht vor das Bundesverfassungsgericht gezogen - dafür ist sie aber gegen abgeordnetenwatch.de aktiv geworden. Im vergangenen Jahr reichte die Lobbyorganisation “Beschwerde” gegen abgeordnetenwatch.de beim Deutschen Rat für Public Relations (DRPR) ein, der in dieser Sache allerdings alles andere als unabhängig ist. Denn einer der Träger des DRPR ist ausgerechnet der Beschwerdeführer gegen abgeordnetenwatch.de: die “Deutsche Gesellschaft für Politikberatung” degepol.
Nach der degepol-Beschwerde hat nun der Deutsche Rat für Public Relations eine “Rüge” gegen abgeordnetenwatch.de ausgesprochen. Die in dem Papier vorgebrachten Vorwürfe der DRPR weisen wir als inhaltlich unzutreffend und als einen durchsichtigen politischen Angriff von Lobbyisten auf unsere Arbeit zurück.
Merkwürdig ist bereits, dass sich das selbsternannte “Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der in Deutschland tätigen PR-Fachleute” für eine gemeinnützige Transparenz-Organisation zuständig fühlt - also einen Akteur, der die Arbeit von Lobbyisten und PR-Leuten seit Jahren kritisch hinterfragt.
Im Kern richten sich die hier nachzulesenden Vorwürfe gegen die Petitionsplattform Change.org, mit der wir u.a. bei dem Projekt PetitionPlus zusammenarbeiten. Der Deutsche Rat für Public Relations adressiert seine “Rüge” aber ausdrücklich auch an den Parlamentwatch e.V., den Trägerverein von abgeordnetenwatch.de.
Wider besseren Wissens
Zu der “Rüge” stellen wir fest:
Die Vorwürfe treffen nicht zu, da hier fälschlicherweise und wider besseren Wissens verschiedene Organisationen vermischt werden, die institutionell unabhängig voneinander sind. Korrekt ist: abgeordnetenwatch.de führt das Projekt PetitionPlus durch, mit dem wir relevante Petitionsanliegen von Bürgerinnen und Bürger in die Parlamente bringen. Dabei kooperieren wir u.a. mit Petitionsplattformen wie Change.org. abgeordnetenwatch.de-Mitgründer Gregor Hackmack leitet seit Oktober 2014 das Deutschland Büro von Change.org. abgeordnetenwatch.de gibt keine Nutzerdaten an Change.org weiter.
abgeordnetenwatch.de hat Interesse an einer großen Verbreitung unserer Anliegen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich durch öffentlichen Druck viel bewegen lässt. Aus diesem Grund haben wir auf Change.org Petitionen zu unseren Kernthemen wie Lobbyismus gestartet. So möchten wir Nutzerinnen und Nutzer dort die Möglichkeit geben, sich unserer Forderung nach mehr Transparenz im Lobbyismus anzuschließen. Mit unserer aktuellen Petition für ein Lobbyregister auf Change.org haben wir zum Beispiel schon weit mehr als 170.000 Menschen mobilisieren können.
4.470 Förderinnen und Förderer machen uns unabhängig
Das durchsichtige Manöver des Deutschen Rates für Public Relations und der sie tragenden Lobbyorganisation degepol gegen abgeordnetenwatch.de als lobbykritische Organisation zeigt uns, wie wichtig die Unabhängigkeit von abgeordnetenwatch.de ist. Diese wird gewährleistet durch die aktuell 4.470 Förderinnen und Förderern, die im Schnitt monatlich 9 Euro spenden.
Diese Unterstützung erlaubt uns beispielsweise, den Bundestag zu verklagen um dadurch öffentlich zu machen, welche Lobbyisten jahrelang unbehelligt im Parlament ein- und ausgegangen sind. Außerdem können wir dank der Förderinnen und Förderer unsere Arbeit für ein verbindliches Lobbyregister vorantreiben, mit dem wir sämtliche Lobbyisten zu mehr Transparenz verpflichten wollen. Die degepol sagt zwar von sich, für mehr Transparenz einzutreten. Allerdings sind die degepol-Vorschläge in unseren Augen nicht geeignet, den beinahe komplett unregulierten Lobbyismus in Deutschland wirksam in die Schranken zu weisen.
Ein Letztes noch. Der Deutsche Rat für Public Relations bleibt in Sachen Transparenz hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Sein aktuellster Jahresbericht auf der Homepage stammt von 2011, die Veröffentlichung des Jahresberichtes für 2012-2015 sind bislang erst angekündigt.
Change.org hat ebenfalls Stellung zu dem Bericht genommen. Mehr dazu auf change.org.