Das Informationsfreiheitsgesetz: Wie funktioniert es und was kann man damit machen?
Was ist das IFG?
Das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) besagt, dass jede:r voraussetzungslos das Recht hat, Informationen von Behörden zu erhalten. Das IFG ist also ein sogenanntes Jedermannsrecht. Sein Ziel ist es, den Zugang zu öffentlichen Informationen zu erleichtern und demokratische Teilhabe durch transparente Informationen zu gewährleisten.
Auskunftspflichtig sind unter anderem Behörden, Ministerien, Parlamente, öffentliche Unternehmen, Handels- und Berufskammern, Krankenhäuser oder Schulen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Grundsätzlich können alle Informationen von öffentlichen Stellen angefordert werden, wie z.B. Stellungnahmen, Briefe, E-Mails, Protokolle, Rechnungen etc. Ausgenommen sind Informationen über personenbezogene Daten, Geschäftsgeheimnisse, Informationen über laufende Gerichtsverfahren, Informationen über Geheimdienste oder Informationen, die die innere Sicherheit gefährden könnten. Einfache Auskünfte sind gebührenfrei, für Auskünfte mit höherem Verwaltungsaufwand kann eine Bearbeitungsgebühr von bis zu 500 € erhoben werden. Die antragstellende Person wird vorab über die möglichen Kosten informiert, so dass der Antrag wegen der Kosten auch zurückgezogen werden kann.
Eine Informationsanfrage kann einfach per E-Mail oder Brief an die zuständige Behörde oder über Organisationen wie FragDenStaat gestellt werden. Letzteres hat den Vorteil, dass FragDenStaat die Anfrage an die zuständige Behörde weiterleitet und die Antwort öffentlich zugänglich macht.
Gilt das IFG auch für die Landesebene?
Für die europäischen Institutionen und die Behörden der Länder und Kommunen gibt es jeweils eigene Transparenzgesetze. Die Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetze sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ausgestaltet. 14 der 16 Bundesländer haben ein Transparenz- oder Informationsfreiheitsgesetz. Bayern und Niedersachsen sind die beiden Bundesländer ohne eigenes Transparenzgesetz, wobei Niedersachsen die Einführung eines Transparenzgesetzes für Anfang 2024 angekündigt hat.
Welche Sonderregelungen gibt es?
Das Umweltinformationsgesetz (UIG) und das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) sind themenspezifische Informationsfreiheitsgesetze. Sie regeln, dass Informationen zu Verbraucherschutz- oder Umweltfragen bundesweit von Behörden angefordert werden können.
Worin besteht der Nutzen des IFG ?
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten." - Artikel 5 des Grundgesetzes
Jede:r kann von den Informationen des IFG profitieren. Zum Beispiel können Sie sich über genehmigte und geplante Bahntrassen, Autobahnabschnitte oder Strommasten in Ihrer Region informieren. Oder sich über den aktuellen Planungsstand der Quenzbrücke in Brandenburg an der Havel informieren. Auch für Journalist:innen ist das IFG ein wertvolles Mittel, um an Informationen heranzukommen und Missstände aufzudecken. Auch Abgeordnetenwatch nutzte das IFG, hier zwei Beispiele:
1.Hausausweise
Hintergrundinfo: Zum Zeitpunkt der Recherche konnten Parteien Lobbyist:innen Hausausweise ausstellen, mit denen sie ungehinderten Zugang zum Bundestag bekamen. Eine Übersicht, wer wem wie viele Hausausweise ausgestellt hat, gab es nicht.
- Im Zuge einer Recherche haben wir 2015 beim Bundestag einen IFG-Antrag gestellt, um Informationen über die sogenannten Hausausweise von Lobbyist:innen zu bekommen. Mithilfe eines IFG-Antrags wollten wir herausfinden, wie viele Bundestagsausweise an Lobbyist:innen ausgegeben wurden, an welche Lobbyist:innen sie ausgegeben wurden und welche Fraktionen den Lobbyist:innen die Hausausweise verschafft hatten. Die Bundestagsverwaltung weigerte sich jedoch vehement, diese Informationen auf Grundlage des IFG herauszugeben. Erst ein Gerichtsurteil mit anschließender Berufung durch den Bundestag führte zur Herausgabe der Unterlagen. Als bekannt wurde, welche Unternehmen und Lobbyverbände im Bundestag ungehindert ein- und ausgehen konnten, war das Medienecho enorm. Der Bundestag reagierte aufgrund des öffentlichen Drucks und verschärfte ein Jahr später, 2016, seine Zugangsregeln für Lobbyist:innen.
2. Lobbyeinfluss auf die EU
- Bei einer weiteren Recherche von uns, gemeinsam mit dem SPIEGEL, ging es im Kern um Verbindungen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Deutsche Unternehmensverband Vermögensberatung (DUV). Der Lobbyverband der DVU sah das Geschäftsmodell seiner Mitglieder durch ein geplantes EU-Gesetz zum Schutz von Kleinanleger:innen bedroht. Gemeinsam mit anderen Verbänden startete die DVU daraufhin eine massive Kampagne gegen das geplante EU-Gesetz: mit Erfolg. Durch die Dokumente, die wir über das IFG erhalten haben, konnten wir die Verflechtungen zwischen Lobbyverbänden und Politik nachzeichnen, etwa dass Christian Lindner sich erfolgreich für die Interessen der DVU bei der EU eingesetzt hat. Die Recherche zeigt auch exemplarisch, wie Behörden gerne versuchen, das IFG mit zum Teil fadenscheinigen Begründungen auszuhebeln. So verweigerte das Bundesfinanzministerium die Herausgabe eines Ministerbriefs an eine EU-Kommissarin, Begründung: Das Bekanntwerden dieses Briefes würde "das wechselseitige Vertrauensverhältnis von Europäischer Kommission und der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der EU nachhaltig schädigen“. Diese Begründung wirkt allerdings eher vorgeschoben, da Auszüge aus dem Brief bereits veröffentlicht worden waren. Das Vertrauensverhältnis war also, so die Argumentation, längst beschädigt. Auch die EU-Kommissarin selbst sah das Vertrauensverhältnis durch die Veröffentlichung nicht gefährdet. Schließlich erhielten wir nach einer Anfrage auf Basis des EU-Transparenzgesetzes an die Kommissarin doch noch den Brief.
Beide Fälle zeigen beispielhaft, wie wichtig es für unsere Gesellschaft sein kann, Informationen frei zugänglich zu machen, damit alle davon profitieren können.
Was kann ein Transparenzgesetz, was das IFG nicht kann?
Das Informationsfreiheitsgesetz wurde 2006 eingeführt und seitdem mehr oder weniger effektiv weiterentwickelt. So nützlich das IFG auch ist, es hat ein Problem: Die Dokumente müssen beantragt werden. Mit einem Transparenzgesetz würden die Behörden die Informationen von sich aus veröffentlichen.
So hat die Stadt Hamburg 2012 per Volksinitiative ein Transparenzgesetz verabschiedet, das weitreichende automatische Veröffentlichungspflichten vorsieht. Durch das Transparenzgesetz wurden beispielsweise die Verträge zur umstrittenen Elbphilharmonie veröffentlicht.
Auch für die Verwaltung hätte ein Transparenzgesetz Vorteile: Die Bearbeitungszeiten würden sich verkürzen, da nicht jeder Antrag einzeln geprüft werden müsste. Derzeit werden die Fristen des IFG in jedem dritten Fall nicht eingehalten.
Ein Transparenzgesetz wie in Hamburg gibt es auf Bundesebene nicht. Obwohl die Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln zu wollen, sind bisher keine konkreten Schritte unternommen worden. Dabei drängt die Zeit, wenn das Gesetz noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2025 verabschiedet werden soll. Geplant war, bereits Ende 2022 ein Eckpunktepapier vorzulegen. Davon ist nichts übrig geblieben. Die Ampel will nun direkt bis Ende 2024 einen Gesetzentwurf vorlegen, das Gesetz käme dann aber frühestens 2025.
Zusammen mit acht anderen Organisationen setzen wir uns im Bündnis Transparenzgesetz für ein wirkungsvolles Bundestransparenzgesetz ein. Damit für die Bürger:innen die Schwelle zur Informationsbeschaffung verkleinert und somit die Chance auf demokratische Teilhabe erhöht wird.
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