Kaum waren die bayerischen Wahllokale am vergangenen Sonntag geschlossen, lief es bereits auf ein Regierungsbündnis zwischen CSU und Freien Wählern hinaus. Entsprechende Äußerungen von Vertreterinnen und Vertretern beider Parteien kamen nicht von ungefähr: In vielen Punkten liegen CSU und FW eng beieinander.
Die inhaltliche Nähe zeigt sich auch in einer abgeordnetenwatch.de-Auswertung des Kandidaten-Checks, bei dem weit über 800 Direktkandidierende im Vorfeld der Wahl ihre Positionen zu 20 politischen Themen mitgeteilt hatten. Ergebnis: Die größten Schnittmengen haben CSU und Freie Wähler. Dies gilt auch, wenn man ausschließlich die Antworten der gerade in den bayerischen Landtag gewählten Politikerinnen und Politiker betrachtet.
Bei 15 von 20 Themen liegen die Landtagsabgeordneten beider Parteien auf einer Linie. Große Übereinstimmung gibt es etwa bei der Unterstützung von Landwirten aufgrund von Dürreschäden oder der Ablehnung eines Dieselfahrverbots. Auch spricht sich eine große Mehrheit bei der CSU und den Freien Wählern für eine Abweisung von Asylsuchenden an der deutsch-österreichischen Grenze aus.
(Den Kandidaten-Check zur Bayern-Wahl können Sie hier starten)
Bei einigen Themen liegen die Abgeordneten beider Parteien jedoch über Kreuz. Am deutlichsten wird dies bei der Diskussion über eine dritte Startbahn am Flughafen München, die 2012 in einem Bürgerentscheid abgelehnt wurde. Die CSU-Abgeordneten befürworten den Bau dennoch – die Freien Wähler sind strikt dagegen.
Gegensätzlich sind die Positionen auch beim Thema verpflichtende Ganztagsbetreuung an Grundschulen und Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. Abgeordnete der Freien Wähler sprechen sich in beiden Fällen mehrheitlich dafür aus, unter den Parlamentarierinnen und Parlamentariern der CSU ist die Ablehnung dagegen groß.
Ein weiteres Konfliktfeld in einer möglichen Koalition könnte ein Herzensprojekt des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder sein. Die CSU-Abgeordneten stehen im Kandidaten-Check von abgeordnetenwatch.de einhellig zu der Entscheidung, Kreuze in bayerischen Amtsstuben aufzuhängen. Die Freien Wähler sind davon nicht vollends überzeugt – nur ein gutes Drittel der teilnehmenden Abgeordneten will dies ebenfalls.
Am Kandidaten-Check hatten sich 38 Prozent der gewählten CSU-Abgeordneten beteiligt, bei den am Sonntag gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentariern lag die Teilnahmequote bei 70 Prozent.
Im Vorfeld der Wahl hatten wir an dieser Stelle auch die inhaltlichen Schnittmengen zwischen den Direktkandidierenden der CSU und denen anderer Parteien im Hinblick auf denkbare Koalitionen aufgezeigt. Die nachfolgenden Texte haben wir nach der Wahl leicht überarbeitet.
CSU – AfD:
Sowohl im Wahlkampf als auch am Wahlabend hatten führende CSU-Politiker ein Regierungsbündnis mit der AfD ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz gibt es zwischen beiden Parteien eine recht große inhaltliche Übereinstimmung, zumindest was die Standpunkte ihrer Diektkandidatinnen und -kandidaten angeht:
decken sich die Positionen. Dies ist etwa in Bezug auf die Abweisung von Asylsuchenden an der deutsch-österreichischen Grenze der Fall, was bei CSU und AfD mehrheitlich begrüßt wird. Gemeinsamkeiten existieren auch beim Thema Mietpreisbremse – deren Verschärfung wird in beiden Parteien mehrheitlich abgelehnt.
Markante Unterschiede zwischen den Direktkandidierenden von CSU und AfD gibt es etwa bei der Frage, ob es mehr staatlich geförderte Programme gegen Rassismus und Antisemitismus geben muss. Mehr als Dreiviertel der AfD-Kandidierenden sprechen sich dagegen aus – bei der CSU gibt es einen ähnlich großen Anteil für derartige Programme.
Bei der AfD fällt ins Auge, dass eine Mehrheit ihrer Direktkandidierenden keine eindeutige Position zu der Frage hat, ob im Eingangsbereich einer bayerischen Behörde ein Kreuz hängen soll – im Kandidaten-Check von abgeordnetenwatch.de verhielten sich 41 Prozent „neutral“. Die allermeisten CSU-Kandidierenden begrüßen dagegen die Anwesenheit eines Kreuzes.
CSU – Grüne:
Mit den Grünen will die CSU ebenfalls kein Regierungsbündnis eingehen, allerdings gibt es zahlreiche Schnittmengen. Die Direktkandidierenden beider Parteien
, darunter bei der Einstellung von mehr ausländischen Pflegekräften. Dies wird von den Politikerinnen und Politikern in beiden Parteien mehrheitlich befürwortet.
Die Auswertung zeigt aber auch viel Trennendes, zum Beispiel bei Fahrverboten für Dieselfahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß oder der Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters.
Auffallend ist der große Anteil der Grünen-Direktkandidierenden, die sich weder für noch gegen verpflichtende Ganztagsbetreuung an bayerischen Grundschulen aussprechen, sondern eine neutrale Position einnehmen (69 %). In den Reihen der CSU wird eine verpflichtende Ganztagsbetreuung mehrheitlich abgelehnt.
CSU – SPD:
Bei den Direktkandidierenden von CSU und SPD gibt es eine genauso große Schnittmenge wie zwischen CSU und Grünen:
. Dies gilt etwa in Bezug auf die finanzielle Unterstützung von Familien beim Hausbau und Immobilienkauf (Baukindergeld Plus), was in beiden Parteien mehrheitlich unterstützt wird.
Gegensätzlich sind die Positionen u.a. beim Thema dritte Startbahn am Flughafen München, die die CSU gegen einen Bürgerentscheid durchsetzen will. Die SPD-Direktkandidierenden wollen dies mehrheitlich nicht.
Beim Thema Dieselfahrzeuge fällt der hohe Anteil der SPD-Kandidierenden ins Auge, die sich neutral verhalten: 43 Prozent der teilnehmenden Politikerinnen und Politiker wollen sich nicht festlegen, ob sie für oder gegen Fahrverbote sind. In den Reihen der CSU werden Fahrverbote in Innenstädten mehrheitlich abgelehnt.
CSU – FDP – FW:
Im Vorfeld der Landtagswahl galt ein Dreierbündnis aufgrund der Umfragewerte als realistische Option. Im Kandidaten-Check lagen die Kandidierenden der Parteien
. So sprechen sich die Vertreterinnen und Vertreter von CSU, FDP und Freien Wählern u.a. mehrheitlich gegen eine Verschärfung der Mietpreisbremse aus. Einig ist man sich auch, dass Unternehmen, die sich im ländlichen Raum ansiedeln, eine staatliche Förderung erhalten sollen.
Keinen Konsens gibt es dagegen beim Thema Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen (FDP dagegen), dritte Startbahn am Flughafen München (Freie Wähler dagegen) und Lobbyregister (CSU dagegen).
Allerdings haben sich viele Direktkandidierende bei verschiedenen Themen noch nicht endgültig festgelegt. So gibt es insbesondere in den Reihen der FDP zahlreiche Politikerinnen und Politiker, die eine neutrale Position einnehmen. Dies gilt zum Beispiel bei der finanziellen Unterstützung von Landwirten aufgrund von Dürreschäden, einer verpflichtenden Ganztagsbetreuung an Grundschulen oder der Frage, ob Asylsuchende eher Sach- statt Geldleistungen erhalten sollen.
Beim Kandidaten-Check von abgeordnetenwatch.de hatten von den 1.031 Direktkandidierenden im Vorfeld der Wahl 808 ihre Positionen zu unterschiedlichen Themen mitgeteilt (Teilnahmequote: 78 Prozent). Bei CSU und Freien Wählern lag die Beteiligungsquote bei 66 bzw. 84 Prozent. Bei den Stimmkreiskandidatinnen und -kandidaten von SPD und Grünen lag die Beteiligungsquote bei über 95 Prozent, bei FDP und Freien Wählern nahmen 85 bzw. 84 Prozent teil, bei AFD und CSU waren es 66 bzw. 57 Prozent.
Die Grafiken zeigen, welche Position die Mehrheit der teilnehmenden Kandidierenden aus einer Partei zur jeweiligen Kandidaten-Check-These einnimmt. Die Farbe grün steht für Zustimmung, rot für Ablehnung, gelb für eine neutrale Haltung.
Auch ZEIT ONLINE hat die Ergebnisse unseres Kandidaten-Checks ausgewertet ("Mit wem kann die CSU am besten?")
Anmerkung der Redaktion: Nach der Landtagswahl am 14. Oktober haben wir diesen Artikel inhaltlich überarbeitet und um die nun wahrscheinliche Koalition aus CSU und Freien Wählern ergänzt.
Mitarbeit: Martin Reyher