Vom SV Werder bis zur Kinderbetreuung: So denken die Kandidierenden zur Bremen-Wahl

Wie stehen die Bremer Kandidatinnen und Kandidaten zur finanziellen Beteiligung des SV Werder an Polizeieinsätzen? Sind sie für oder gegen eine kostenlose Kinderbetreuung? Im Kandidaten-Check auf abgeordenetenwatch.de haben 217 Kandidierende Stellung zu 22 Thesen genommen. Finden Sie heraus, welche Politikerinnen und Politiker Ihre Ansichten teilen - und welche nicht.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 06.05.2015

Von Melanie Schorsch

Der Kandidaten-Check funktioniert in ähnlicher Weise wie der Wahl-o-mat, nur dass es nicht um Positionen der Parteien geht, sondern um die Standpunkte der Kandidierenden selbst. 22 Thesen haben wir den Wahlbewerberinnen und Wahlbewerbern vorgelegt, die sie mit "stimme zu", "lehne ab" und "neutral" beantworten konnten. In Bremen kann der Kandidaten-Check eine besonders wichtige Wahlhilfe sein. Denn anders als in den allermeisten Bundesländern, in denen es geschlossene Parteilisten gibt, können bei der Bürgerschaftswahl sämtliche Kandidierenden direkt gwählt werden.

Es lohnt sich durchaus auch ein Blick darauf, wie sich die Positionen der Kandidatinnen und Kandidaten innerhalb ihrer Parteien verteilen. Mit anderen Worten: Welche Themen sind in einer Partei besonders kontrovers? Wir haben für Sie eine Übersicht mit allen 22 Thesen erstellt. Die Grafiken zeigen, wie die Kandidierenden sich innerhalb der eigenen Partei zu einer These positioniert haben.

Lesehilfe: Über der Grafik steht die These aus dem Kandidaten-Check, zu der die Kandidierenden ihre Meinung äußern konnten. Die großen farbigen Symbole (+/-/o) verdeutlichen, welche Position die Mehrheit der Kandidaten einer Partei zur jeweiligen These einnimmt. Die übereinander angeordneten Zahlen geben Aufschluss darüber, wie viele Kandidaten der These zustimmen/nicht zustimmen/neutral sind. Teilweise haben wir unter den Grafiken Erläuterungen hinzugeführt.

 

These 1: Damit nicht mehr so viel Unterricht ausfällt, müssen mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden.

 

These 2: Kinder sollen grundsätzlich an einer gemeinsamen Schule unterrichtet werden - unabhängig von ihren Fähigkeiten.

Eine große Mehrheit der Kandidierenden von CDU und FDP spricht sich gegen eine gemeinsame Schule aus, allerdings gibt es in beiden Parteien auch Anhänger dafür. Der FDP-Politiker Ulf-Brün Gehard Drechsel beispielsweise schreibt: "Wichtig ist die Chancengleichheit am Start. Wer dann schneller läuft, darf auch eher ins Ziel." Einzelne CDU-Kandidierende sind ähnlicher Meinung, betonen dabei aber die Notwendigkeit einer individualisierten Förderung.


These 3: Bremen soll im Bundesrat eine Initiative für die Einführung bundesweiter Volksentscheide starten.

Auf Bundesebene ist die CDU gegen bundesweite Volkentscheide. Die Kandidierenden in Bremen scheinen diese ablehnende Haltung jedoch nicht zu teilen. Etwa die Hälfte der CDU-Politikerinnen und Politiker, die sich am Kandidaten-Check beteiligt haben, legten sich nicht eindeutig fest. In den individuellen Begründungen der Kandidierenden wird ein bundesweiter Volksentscheid u.a. als ein Instrument für mehr Demokratie beschrieben.

Bei den Bremer Grünen gibt es große Zustimmung für eine Bundesratsinitiative in Sachen bundesweiter Volksentscheid, aber auch eine Gegenstimme. Kandidatin Juliane Filser schreibt in ihrer Begründung: "Direkte Demokratie wird gerade in Zeiten sozialer Netzwerke immer problematischer. Es ist besser, wenn sich die für den jeweiligen Fall Beteiligten an den Entscheidungen beteiligen, so wie in jedem guten politischen Entscheidungsprozess."

 

These 4: Öffentliche Gebäude sollen bei Renovierung auf erneuerbare Energien umgestellt werden.

 

These 5: Es ist grundsätzlich richtig, dass der SV Werder Bremen an den Kosten für die Polizeieinsätze bei Risikospielen beteiligt wird.

Die Kandidierenden der Grünen stehen geschlossen hinter einer Kostenbeteiligung des SV Werder Bremen an Polizeieinsätzen bei Risikospielen - mit einer Ausnahme. Björn Fecker lehnte die These als einziger Grünen-Politiker ab. In seiner Begründung schreibt er: „Als Präsident des Bremer Fußball-Verbandes bin ich in dieser Frage zweifellos befangen und habe daher auch nicht an der Abstimmung im Parlament teilgenommen.“


These 6: Die Erhöhung von Steuern und Gebühren darf trotz der Haushaltslage keine Option sein.

 

These 7: Bremerhaven soll vom Land Bremen mehr finanzielle Unterstützung erhalten.

 

These 8: Bremen soll viel mehr Flüchtlinge aufnehmen als bisher.

Während sich die Mehrheit der Kandidierenden von Grünen, FDP und Linken für die Aufnahme von viel mehr Flüchtlingen als bisher aussprechen, äußern sich Politikerinnen und Poliiker von SPD und CDU in dieser Frage mehrheitlich neutral. Gegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen spricht sich dagegen der SPD-Kandidat Björn Jantzen aus: "Es wird Zeit, dass wir den potentiellen Flüchtlingen in ihrem Land helfen. Dazu gehören Aufbauprogramme, Fair Trade, Anti-Korruptionsprojekte, Sicherstellung von ausreichenden Produktionsstandards und Safezones in Kriegsgebieten. Auch wenn wir viele Vorteile durch Einwanderer haben." Auch Grünen-Kandidat Stephan Schlenker lehnt die Kandidaten-Check-These ab und begründet dies wiefolgt: "Es gibt einen klaren Länderschlüssel, Bremen erfüllt sein Soll und das tut es, so gut es geht. Viel mehr heißt eher schlechtere Qualität bei Allem."

Als einzige CDU-Kandidatin spricht sich Helga Lürßen für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen in Bremen aus, ohne dies inhaltlich zu begründen.

 

These 9: Für höhere Positionen in der öffentlichen Verwaltung soll es eine Frauenquote geben.

Auf der Bundesebene tun sich CDU-Politiker oftmals schwer mit einer Frauenquote. In Bremen sind sie mehrheitlich dafür, wenn es um höhere Positionen bei öffentlichen Stellen geht. CDU-Kandidatin Daniel Knok schreibt beispielsweise: "Frauen sind nach wie vor benachteiligt - dies muss sich ändern." Auch Oppositionsführer Thomas Röwekamp ist Anhänger eine Frauenquote und schreibt: "Frauen sind auch nach Jahren der Gleichberechtigung und Selbstverpflichtung in Führungspositionen unterrepräsentiert und schlechter bezahlt. Deswegen bin ich für die Quote..."

 

These 10: Der Hafen soll in der Wirtschaftspolitik stets Vorrang haben.

Eine große Mehrheit der SPD-Kandidierenden sehen den Hafen als einen entscheidenden Faktor für die Bremer Wirtschaft, insbesondere aufgrund der vielen Arbeitsplätze, die mit dem Hafen verbunden sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit der Hansestadt Hamburg, wo wir bei der dortigen Bürgerschaftswahl 2014 die wortgleiche These abgefragt haben. Die Hamburger SPD-Kandidaten antworteten in der Frage, ob der Hafen in der Wirtschaftspolitik stets Vorrang haben soll, mehrheitlich neutral.

Auch bei den Grünen gibt es eine auffällige Abweichung zwischen den Kandidaten in beiden Ländern. Während die Bremer Grünen-Politiker (derzeit in der Regierung) sich bzgl. der Bedeutung ihres Hafens in der Wirtschaftspolitik mehrheitlich neutral äußern, sprachen sich ihre Hamburger Parteifreunde (vor der Wahl in der Opposition) mehrheitlich gegen die These aus, wonach der Hafen eine vorrangige Bedeutung haben solle.

Bei CDU, FDP und Linken ist die Verteilung der Positionen zwischen den Kandidaten in Bremen und Hamburg äußerst ähnlich.

 

These 11: Im Hafen sollen keine Rüstungsgüter umgeschlagen werden.

Als einzige CDU-Kandidatin spricht sich Andrea Herrmann-Weide dafür aus, dass im Bremer Hafen keine Rüstungsgüter umgeschlagen werden (ohne inhaltliche Begründung).

 

These 12: Es muss eine Weservertiefung geben, damit künftig größere Schiffe die Bremischen Häfen anlaufen können.

In den Reihen der SPD lehnen einzig die Kandidaten Jens Dennhardt und Björn Wehrs eine Weservertiefung entschieden ab. Dehnhardt schreibt: "Ab welcher Schiffsgröße hören wir auf, unsere Flüsse dafür zu vertiefen? Größere Schiffe gehören im Zweifel in geeignete Häfen am Meer - nicht in immer weiter vertiefte Flüsse. Ich habe es so verstanden, dass der Jade-Weser-Port dafür gebaut wurde." Wehrs argumentiert: "Eine Vertiefung würde die Fließgeschwindigkeit unverantwortlich beschleunigen und hätte Auswirkungen auf die ganze Ökosphäre."

Auch unter den CDU-Politikerinnen und Politikern gibt es in Sachen Weservertiefung zwei ablehnende Stimmen. Michael Jonitz argumentiert ebenfalls mit der Existenz des Jade-Weser-Ports, sein Parteifreund Maximilian Nesnidal gab keine inhaltliche Begründung für seine Ablehnung der These ab.

 

These 13: Es soll mehr Polizeipräsenz auf den Straßen in Bremen und Bremerhaven geben.

Als einzige Kandidaten in ihren Parteien lehnen Martin Michalik (CDU) und Alicia Lohmann (FDP) eine höhere Polizeipräsenz auf Bremens Straßen ab (jeweils ohne inhaltliche Begrüdung). Eine Minderheiten-Position bei den Grünen nehmen Björn Fecker, Claudius Kaminiarz und Keerthi Kulanayagam ein, die mehr Polizisten befürworten. Kaminiarz schreibt bspw.: "Zu einem modernen Gemeinwesen gehört auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen. Dies wird ebenso wie die objektive Sicherheitslage durch mehr Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst erhöht."

 

These 14: Zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit soll es mehr Videoüberwachung auf Straßen und Plätzen geben.

Als einziger CDU-Kandidat spricht sich Daniel Knok gegen mehr Videoüberwachung in der Öffentlichkeit aus. "Sicherheit ist wichtig - der Datenschutz muss jedoch beachtet werden. Ein Generalverdacht ist auszuschliessen."

In Reihen der Grünen gibt es zwei Befürworter von mehr Videoüberwachung. Keerthi Kulanayagam schreibt: "Es braucht immer Beweise per Video, um eine Straftat nachzuweisen." Seine Parteifreundin Gusel Imran spricht sich ebenfalls für mehr Videoüberwachung aus, ohne dies inhaltlich zu begründen.

 

These 15: Der Kulturetat soll deutlich erhöht werden.

 

These 16: Menschen mit geringem Einkommen sollen den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen können.

 

These 17: Der Besuch einer Kita soll beitragsfrei werden.

 

These 18: Bremen braucht mehr Innenstadtparkplätze.

In Reihen von CDU und FDP spricht sich jeweils ein Kandidat gegen mehr Innenstadtparkplätze aus. Jochen Leinert (CDU) argumentiert: "Das jetzige Parkplatzangebot ist ausreichend. Außerdem kann die Innenstadt gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden." Sein FDP-Kollege Jochen Leinert führt keine Begrüdung für seine Ablehnung von zusätzlichen Parkplätzen an.

Als einziger Linken-Kandidat Reinald Last ist für eine Ausweitung der Parkplätze in Bremens Innenstadt. Sein Argument: "Bei der Suche nach einem Parkplatz werden unnötigerweise zusätzlich Treibstoff verbrannt und dies stellt eine zusätzliche Umweltbelastung dar."

 

These 19: Um die Belastungen durch Feinstaub und Lärm zu senken, sollen mehr Straßen in Bremen und Bremerhaven verkehrsberuhigt werden.

 

These 20: Angesichts der schwierigen Finanzlage darf die Schließung öffentlicher Einrichtungen wie Museen oder Schwimmbädern kein Tabu sein.

 

These 21: Eine Privatisierung von Gewoba, Brepark oder Flughafen ist sinnvoll.

 

These 22: Der Senat muss stärker in den Wohnungsmarkt eingreifen, um ausreichend preiswerten Wohnraum sicherzustellen.

 

Hier geht es zum Kandidaten-Check...

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