Wer sich ein Bild von den parlamentarischen Aktivitäten des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler machen möchte, erhält in der Bundestagsdatenbank eine recht übersichtliche Trefferliste:
Eine Bundestagsrede und eine parlamentarische Anfrage sind dort seit Beginn der Legislaturperiode im Oktober 2013 vermerkt, überdies steht der Name Gauweiler auf einem fraktionsübergreifenden Antrag.
Und dann sind da noch die namentlichen Abstimmungen:
Bei 17 von 18 namentlichen Abstimmung hat Peter Gauweiler gefehlt, nur einmal nahm er teil: im November 2013 - der aller ersten Abstimmung in dieser Legislaturperiode.
Offenbar hat dem CSU-Politiker in den vergangenen Monaten schlicht die Zeit für sein Abgeordnetenmandat gefehlt. Denn Gauweiler ist, wie aus seinen "veröffentlichungspflichtigen Angaben" hervorgeht, ein vielbeschäftigter Anwalt. Seit der Bundestagswahl im Oktober 2013 hat er insgesamt 19 Mandanten betreut. Zu den bisher auf der Bundestagshomepage aufgeführten Honoraren für 2013 sind gestern Mittag elf neue für das laufende Jahr hinzugekommen.
Auf mindestens 967.500 Euro belaufen sich Gauweilers Nebeneinkünfte in den ersten Monaten der Legislaturperiode, tatsächlich dürfte die Summe weitaus höher liegen. Das Bundestags-Stufensystem (s. rechts) lässt jedoch keine genaueren Aussagen zu.
Ins Auge fallen zwei Mandanten, von denen Gauweiler jeweils Einkünfte der Höchststufe 10 bezog, also mehr als 250.000 Euro. Ob die Honorare tatsächlich nicht sehr viel höher lagen, bleibt wegen der unzureichenden Transparenzregeln des Bundestags im Dunkeln (anders als die Einkunftsstufen 1-9 ist die Höchtstufe 10 nach oben hin offen). Auch über die zahlungskräftigen Mandanten ist nichts bekannt. Nicht einmal deren Branchen müssen die Rechtsanwälte unter den Bundestagsabgeordneten offenlegen.
Kritik an exorbitanten Nebenverdiensten wird gerne als Neiddebatte abgetan, was schon deshalb am Kern des Problems vorbeigeht, weil finanzielle Abhängigkeiten immer auch die Gefahr von Interessenkonflikten birgt. Hinzu kommt: Wer in wenigen Monaten Einkünfte von rund einer Million Euro oder mehr kassiert, kann dies nicht, ohne dafür eine immense zeitliche Gegenleistung zu erbringen. Das ist mit keinem Fulltimejob der Welt in Einklang zu bringen - schon gar nicht mit dem eines Bundestagsabgeordneten.
Und so stellt sich am Beispiel Gauweiler die Frage, ob das Abgeordnetengesetz des Deutschen Bundestages inzwischen nur noch eine unverbindliche Handlungsempfehlung für Volksvertreter darstellt. „Die Ausübung des Mandats", so heißt es dort, hat "im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“ zu stehen. Im Fall Peter Gauweiler lässt sich dies selbst mit größtem Wohlwollen nicht behaupten.
Nachtrag 21.5.2014
Die Süddeutsche Zeitung hat vor einigen Tagen über einen Fall berichtet, an dem Peter Gauweiler als Rechtsanwalt beteiligt ist. Im Zusammenhang mit einem massenhaften Abrechnungsbetrug von Ärzten soll es nun einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag geben.
Nachtrag 17.6.2014
Seit Erscheinen dieses Artikels im Mai ist Peter Gauweiler wieder häufiger bei namentlichen Abstimmungen im Deutschen Bundestag anzutreffen:
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Foto Gauweiler: Henning Schacht / Wikimedia / CC BY-SA 3.0