STERN-Reporter Hans-Martin Tillack, der die jahrelang unentdeckt gebliebenen Aktivitäten vor zwei Wochen mit enthüllt hatte, sagte gestern Abend im NDR-Fernsehen, Fuchs habe sich vor Erscheinen des Artikels mehrmals telefonisch in der Redaktion gemeldet:
Dann hat er kurz vor der Veröffentlichung noch mal angerufen (...) und hat sich bei mir noch mal wegen der Recherche beschwert. [Er] hat sich ausdrücklich verbeten, dass wir ihn mit irgendwelchen Detailaussagen zitieren. Dann hat er weitere Anrufe bei uns in der Redaktion - bei verschiedenen Kollegen, auch in der Hierarchie weiter oben - getätigt und hat sich über meine Recherche beschwert und hat vielleicht gehofft, dass wir dann die Berichterstattung ganz unterlassen. (...) Er hat offenbar zeitweise geglaubt er könne den Artikel bei uns verhindern.
Der STERN-Artikel erschien dennoch wie geplant am 10. Januar:
Dass der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende zum Hörer greift um wegen eines bevorstehenden Berichts "weiter oben" in der Redaktionshierarchie zu intervenieren, wirft ein seltsames Licht auf einen Volksvertreter, der sich selbst nichts vorzuwerfen hat. Kürzlich hatte Michael Fuchs in einem Fernsehbeitrag behauptet, er habe zu seiner langjährigen Nebentätigkeit "immer das Richtige angegeben". Auch sei die von MI6-Agenten gegründete Hakluyt & Company" eine "höchst seriöse, höchst honorige Firma". Honorige Firma, korrekte Angaben - warum beschwerte Fuchs sich dann über die STERN-Recherchen?
Gegen die Berichterstattung von abgeordnetenwatch.de war der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende kürzlich mit einer Unterlassung vorgegangen. Auch der Blog netzpolitik.org wurde von Fuchs abgemahnt. Erschwert werden weitere Recherchen dadurch, dass derr CDU-Fraktionsvize Journalisten einen Einblick in jene Angaben verweigert, die er gegenüber der Bundestagsverwaltung zu seiner Tätigkeit für Hakluyt & Company gemacht hat. STERN-Reporter Hans-Martin Tillack twitterte gestern:
abgeordnetenwatch.de hat bei der Bundestagsverwaltung ebenfalls einen Antrag auf Einsicht in die Unterlagen gestellt – eine Antwort steht noch aus. Neue Recherchen von abgeordnetenwatch.de haben derweil ergeben, dass auf der Bundestagshomepage von Michael Fuchs bis gestern eine weitere Angabe zu finden war, die über lange Zeit nicht korrekt aufgeführt war. Bislang hatte der CDU-Abgeordnete behauptet, an der "Grundstücksverwaltung GmbH, Koblenz" beteiligt zu sein. Laut Handelsregister gibt es aber keine Firma mit diesem Namen.
Seit gestern ist auf der Bundestagshomepage Fuchs' Beteiligung bei einer "Grundstücksverwaltungs- und Beratungs-GmbH & Co KG, Koblenz" vermerkt, die im April 2012 unter dem Namen "GVUB" ins Handelsregister eingetragen wurde. Unternehmenszweck ist laut Handelsregister „der Erwerb und die Veräußerung, die Unterhaltung, die Verwaltung von Grundbesitz und sonstigen Vermögenswerten sowie die Beratung von Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf der strategische Ausrichtung.“ Seine teilweise unvollständigen Angaben zu „Hakluyt & Company“ hatte Fuchs kürzlich gegenüber abgeordnetenwatch.de mit angeblichen "Platzproblemen" in einer Exceltabelle begründet. Nicht auszuschließen, dass bei der jüngsten Meldung der Hinweis auf die Beratungsfirma ebenfalls nicht mehr in die Excel passte...
Lobbycontrol hat die Bundestagsregierung aufgefordert, das Meldeverfahren bei Nebeneinkünften auf den Prüfstand zu stellen. Der Fall Fuchs zeige, dass Handlungsbedarf bestehe.
Update 25. Januar: Die Süddeutsche Zeitung hat mit Michael Fuchs in der Sache Hakluyt gesprochen und berichtet heute unter der Überschrift "Honorige Leute". Fuchs sagte gegenüber der SZ:
Ich habe keine Lust, mich verunglimpfen zu lassen - deshalb musste ich rechtlich dagegen vorgehen.
Bis jetzt habe er Abgeordnetenwatch "sehr geschätzt", heißt es in dem Artikel...
Aber jetzt haben sie versucht, mir etwas Dubioses anzuhängen. Mir zu unterstellen, ich hätte meine Vorträge bei Hakluyt verschleiern wollen, finde ich saublöd.
Interessant ist Fuchs' Erklärung, warum ihm all die Jahre nicht aufgefallen ist, dass die Angabe zu seiner Tätigkeit bei Hakluyt & Company auf der Bundestagshomepage falsch angegeben war:
Ich hatte das nicht gemacht, weil ich nicht das Gefühl hatte, dass ich die Bundestagsverwaltung kontrollieren müsse.
Uns gegenüber hatte der Anwalt erklärt, Fuchs habe nicht gewusst dass es eine Organisation namens Hakluyt Society gibt, von daher hätte er auch gar nicht merken können, dass “die Veröffentlichung Anlass für eine Verwechselung sein könnte, zumal das Wort “Society” im Englischen für “Gesellschaft” steht und es ohne Kenntnis der der Firma [sic!] Hakluyt Society keinesfalls ungewöhnlich wäre, ein Unternehmen wie “Hakluyt” mit “Hakluyt Society” zu bezeichnen.” Die Vorträge, so Michael Fuchs weiter gegenüber der SZ, seien "reine Informationsgespräche, bei denen sich Firmen etwa für die Situation in Deutschland oder den Euro interessieren (...) Von der über zehn Jahre zurückliegenden Greenpeace-Überwachung und der Gründung durch ehemalige MI6-Mitarbeiter habe ich erst durch die jetzige Debatte erfahren." Er habe sich "nichts vorzuwerfen" und werde "natürlich weiter Vorträge bei Hakluyt halten".
Update 26. Januar: In der Süddeutschen Zeitung haben sich die Oppositionspolitiker Steffi Lemke (Grüne) und Jan van Aken (Linke) zum Fall Fuchs/Hakluyt geäußert.
Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, sagte der Süddeutschen Zeitung, Fuchs stehe "für die Dinosaurier in der Energiepolitik". Er habe sich als "verlängerter Arm der Atom-Lobby im Parlament seinen Spitznamen ,Atom-Fuchs' redlich verdient". Deshalb seien die Grünen auch nicht "über seine große Nähe zu dieser dubiosen Firma erstaunt, die für den Energiekonzern Shell schon Greenpeace ausspioniert haben soll".
"Die Nebeneinkünfte des Herrn Fuchs sind doppelt dubios", sagte der stellvertretende Linken-Vorsitzende Jan van Aken der SZ. Es glaube Fuchs "doch kein Mensch, dass er den falschen Eintrag 'Hakluyt Society' nicht gemerkt hat - natürlich kontrollieren wir Abgeordneten regelmäßig diese Einträge, um da ja keinen Fehler zu machen". Viel gravierender sei jedoch die Frage: "Warum bezahlt Hakluyt Herrn Fuchs - der weder ein begnadeter Redner noch halbwegs bekannt ist - so viel Geld für seine Reden?" Die Linke wolle "wissen, wann genau er wo genau vor wem welche Reden gehalten hat, damit man das bis ins Detail nachprüfen kann".
In einem lesenswerten Kommentar schreibt SZ-Redakteur Robert Rossmann:
Der Fall kann einem den letzten Glauben an die Transparenz des deutschen Parlaments und seiner Abgeordneten nehmen. (...) Selbst auf die windigen bestehenden Regeln scheint man sich nicht mehr verlassen zu können.
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