Frage an Thomas Ulmer von karl z. bezüglich Verbraucherschutz
Am 13.06.07 hat das U.S. National Human Genome Research Institute - www.genome.gov die Ergebnisse ihre 4 Jahre dauernden ENCODE Untersuchung ueber Gene und Genome veröffentlicht. Sie ergab, dass die bisherigen, auf der Basis des Human Genome Projekts vom April 2003 gefundenen Erkenntnisse ueberholt sind. Die neuen Erkenntnisse zeigen ein viel komplexeres Netzwerk als bisher angenommen. Die damaligen Forscher Watts & Crick hatten z.B. angenommen, dass nur 20% eines Genom Inhalts aus Genen bestehen und die restlichen 80% als junk .d.h muell bestuenden. Die neue Studie sagt aus, dass auch diese 80% aus Genen oder Gene regulierenden Elementen bestünden, auch wenn diese nicht Proteine kodierten.
Weiteres Teilzitat: Folglich muessen die Erkenntnisse darueber, wie das menschliche Genom wirkt, was Gene sind, was sie tun und wie sie entstanden sind, neu begriffen werden. Dies koennte bedeutende Auswirkungen auf die Identifizierung von DNA Sequenzen ueber menschliche Krankheiten nach sich ziehen. Zitatende. Frage: werden die zustaendigen Gremien der EU aufgrund dieser neuen Erkenntnisse die bestehenden EU Gesetze ueber die Zulassung von Versuchen mit gentechnischen Veränderungen revidieren? Aufgrund der Ungenauigkeit des bisherigen Nichtwissens stehen schließlich Tuer und Tor offen fuer schädliche Nebenwirkungen - wie z.B. Unfruchtbarkeit aller mit GOV Produkten in Beruehrung kommenden Lebewesen - einschliesslich der Menschen. Es geht ja nicht nur um ein gewaltsames Auswechseln von Genen. Die ganzheitliche Harmonie der genetischen Information die die naturbestimmte Art ausmacht wird gestört. Das ist naturwidrig. Aus Beispielen, z.B. Maultieren, der Kreuzung von Pferd und Esel, ist bekannt dass die Natur sich gegen Üeberkreuzung von Arten durch Unfruchtbarkeit der Hybriden wehrt. Dies erst nach Generationen nachgewiesen werden. Und bis dahin haetten die Agro/Chemie Konzerne ihren Reibach gemacht. Vielen Dank fuer Ihre Antwort - freundlichst, Karl Zimmermann.
Sehr geehrter Herr Zimmermann,
Sie haben in Ihrer Anfrage, aufgrund neuer Erkenntnisse, ethische Bedenken an einer Verwendung von Genomen für die medizinische Forschung, als auch für den nichtmedizinischen Bereich, angesprochen, und die Frage aufgeworfen, ob die EU neue Regelungen und Gesetze zur Zulassung von Versuchen mit genetischen Veränderungen beabsichtigt.
Das Encode Projekt des National Human Genome Research Institute ist ein andauerndes Projekt zu Untersuchung des menschlichen Genoms. Die Ergebnisse der letzten Jahre haben dem Projekt ein hohes Ansehen verschafft, besonders auch durch die von Ihnen angesprochene am 14.06.2007 in Nature veröffentlichte Studie über die Identifizierung und Analyse von funktionalen Elementen in 1% des Menschlichen Genoms.
Life science und Biotechnologie sind ein sehr weites Feld, und in diesem Rahmen möchte ich ihnen nur einige Gedanken zu diesem Thema mitteilen.
Als im Jahr 2000 die Nachricht von der Entschlüsselung des menschlichen Genoms, des so genannten "Buches des Lebens" bekannt gegeben wurde, meinten Kommentatoren in den Medien, dass dieser Schritt im Bereich der wissenschaftlichen Analyse die Möglichkeit eröffnen werde, erbliche Erkrankungen zu verhindern, die Anfälligkeit für Krankheiten zu untersuchen, maßgeschneiderte, auf die individuelle genetische Konstitution abgestimmte Therapien zu entwickeln, tausende neuer Medikamente zu finden und die menschliche Lebenszeit zu verlängern. In den nur acht Jahren, die seither vergangen sind, wurden bereits zahlreiche Gentests entwickelt, und es zeigt sich, dass die Möglichkeit, Gentests durchzuführen, Methoden und Strategien der medizinischen Behandlung und Vorsorge tief greifend verändert hat.
Die medizinischen Anwendungsmöglichkeiten des neuen genetischen Wissens erfordern aber auch die Berücksichtigung der sozialen, ethischen und rechtlichen Fragen. Es bedarf sorgfältiger Überlegungen wie diese in eine geeignete Strategie umgesetzt werden können, um eine maximale Ausschöpfung des wertvollen Innovationspotenzials im Dienste der Gesundheit zu ermöglichen.
Forschungen auf diesem Gebiet sind aufgrund ethischer Bedenken ständig im Fokus der Öffentlichkeit. Das Europäische Parlament, und auch der nationalen Gesetzgeber, ist sich bewusst, dass es diesem Thema große Aufmerksamkeit zuteil kommen lassen muss. Höchstmögliche Präzession muss bei der Schaffung des rechtlichen Rahmens verwendet werden. Es müssen in einem ständigen Prozess, neuste Entwicklungen auf diesem Feld beobachtet werden. Da das Parlament, und alle anderen auf nationaler Ebene an der Gesetzgebung beteiligten Institution, allerdings in einem gewissen Informationsnachteil gegenüber der Wirtschaft und Forschung stehen, muss es das Ziel sein einen möglichst präventiven Rahmen für diese Bereiche der Forschung zu stecken.
Die EVP-ED-Fraktion ist der Ansicht, dass neuen Technologien, und insbesondere die Biotechnologie, potenziell in der Lage sind, vernünftige Lösungen für Umweltprobleme zu bieten und zur nachhaltigeren Entwicklung beizutragen. Diese Technologien könnten auch die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Nahrungsmittel verbessern und somit zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit beitragen. Daher müssen diese neuen Technologien gefördert werden.
Die EVP-ED-Fraktion teilt nicht die Auffassung, dass Gentechnologie und Biotechnologie im Bereich der Medizin vorwiegend neue Möglichkeiten eröffnen, während sie in der Landwirtschaft dagegen mit Risiken verbunden sind. Vielmehr neigt die EVP-ED Fraktion zu glauben, dass auf beiden Gebieten große Chancen bestehen, die genutzt werden sollten, aber auch erhebliche Risiken, die es durch entsprechende Rechtsvorschriften abzufedern gilt. Was die ethischen Grenzen der Humangenetik angeht, beruht der Standpunkt der Fraktion auf den Beschlüssen des EVP-Kongresses "Eine Union gemeinsamer Werte" in Berlin im Jahr 2001.
Die Gesetzgebung der EU Mitgliedsländer zur Regulierung der Human Genetic vor allem im Bereich der Stammzellenforschung ist sehr unterschiedlich. Verschiedene Herangehensweise haben zu einer Reihe von Regelungen geführt. Die Herangehensweisen können unter den Begriffen Selbst-Regulierung, Moratorium, gesicherter Rahmen, und vollkommenes Verbot gegliedert werden. Deutschland ist so z. B. den Weg eines Moratoriums bei der Stammzellenforschung gegangen und verbot mit dem Stammzellengesetz die Neugewinnung von embryonalen Stammzellen in Deutschland zu Forschungszwecken und schränkte den Import von ihnen stark ein. Nur Stammzellen, die vor dem 01. Januar 2002 gewonnen wurden, dürfen importiert werden. Ein ähnliches Gesetz gibt es auch in Italien. Die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen ist in Frankreich, Griechenland, Dänemark und den Niederlande erlaubt. Völlige Forschungsfreiheit also auch die Erlaubnis, Stammzelllinien aus gezielt hergestellten Embryonen zu gewinnen gibt es z.B. in Großbritannien, Belgien, Schweden, Finnland, Tschechien, Portugal, und Spanien.
Das Übereinkommen des Europarates über Menschenrechte und Biomedizin war das erste internationale Rechtsdokument zur Begrenzung medizinischer Eingriffe und Forschungsvorhaben. Den Vertragsstaaten ist es freigestellt, ihrerseits höhere Schutzstandards einzuführen oder beizubehalten. Das Ziel der "Biomedizinkonvention" ist es, bei der Anwendung von Biologie und Medizin die Würde und die Identität aller menschlichen Lebewesen geschützt werden. Die Biomedizinkonvention soll im Bereich der Biomedizin einen Mindeststandard zum Schutz der Menschenwürde und Menschenrechte in Europa sicherstellen. Darauf gestützte Zusatzprotokolle sollen ergänzende und detaillierte Regelungen enthalten. Die "Biomedizinkonvention" ist somit ein völkerrechtliches Vertragswerk, das laufend erweitert werden kann. Berechtigt zur Unterzeichnung oder zur Ratifikation eines Zusatzprotokolls sind nur Vertragsparteien, die bereits die Biomedizinkonvention unterzeichnet oder ratifiziert haben.
Life science und Biotechnologie können für unsere Gesellschaft von großem Nutzen sein, können allerdings auch große Risiken bedeuten. Die neusten Erkenntnisse in der Genome Forschung (wie ihr Beispiel der ENCODE Untersuchung) müssen selbstverständlich immer berücksichtigt werden. Sie haben völlig zu Recht angemerkt, dass es die Pflicht des Gesetzgebers ist, die Risiken, die sich aus der Forschung und Anwendung ergeben, klein zu halten. Seien Sie aber versichert dass diesem Thema sowohl im europäischen als auch im nationalen Rahmen ein hoher Stellenwert eingeräumt wird.