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Tanja Pfisterer
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Frage von Andreas H. •

Frage an Tanja Pfisterer von Andreas H. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Frau Pfisterer,

zunächst vielen Dank für Ihre Antwort bezüglich der Pendlerpauschale.

Neue Frage:

Der öffentliche Nahverkehr, insbesondere im ländlichen Raum, ist unterversorgt!

Schüler an weiterführenden Schulen, beispielsweise in Ebermannstadt, haben nach der achten Schulstunde keine Möglichkeit zeitnah nach Hause zu kommen.

Dieses Problem betrifft sicherlich nicht nur den Landkreis Forchheim, sondern ganz Bayern.

Ganztagsschule, G 8 Stundentafel, Leistungskurse und evt. belegte Zusatzangebote (Schulspiel, Musik, Tudorenhilfe) sind nur unter Mithilfe der Eltern und den damit verbunden Kosten zu schultern.

Viele Kinder und Jugendlichen müssen derzeit ihre Wartezeit auf ein öffentliches Beförder-ungsmittel im wahrsten Sinne des Wortes „vergammeln“. Ganz abgesehen davon, dass auch noch Hausaufgaben zu erledigen sind.

Freizeitaktivitäten (Sport und/oder einfach nur spielen) sind an solchen Tagen vollkommen ausgeschlossen.

Die Anforderungen an unsere Kinder werden immer höher (Pisa), aber das Umfeld wird nicht mit berücksichtigt.

Wie können diese Probleme Ihrer Meinung nach gelöst werden?

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Held

Portrait von Tanja Pfisterer
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Held,

es freut mich sehr,dass Sie so interessiert sind und antworte Ihnen auch gerne auf diese SEHR wichtige Frage.
Auch diese Problematik möchte ich mit meinen Lösungsansätzen näher ausführen.

1. Individuelle Förderung für jedes Kind in der Schule
Der Streit um das beste Schulsystem wird nie enden. Eines gilt jedoch für alle Schularten und Systeme: Jedes Kind muss ein Anrecht auf individuelle Förderung bekommen.
In den Ländern mit guten Schulerfolgen stehen den Lehrern und Schülern mehrere zusätzliche Helfer (Studierende, Förderlehrer, nebenamtliche HelferInnen, freiwillige Aktiv-Senioren etc.) an der Seite, um leistungsfähigen Schülern zusätzliche Anregungen zu vermitteln, oder hilfsbedürftigen Schülern den Stoff nahezubringen. Unabhängig vom Schulsystem wäre das auch in unseren bayerischen Schulen sinnvoll.

2. Aufstiegschancen in allen Schulzweigen - Bildungskarrieren müssen von allen Ausgangspunkten aus möglich werden!
Das gegliederte Schulsystem ist nur dann akzeptabel, wenn die größtmögliche Durchlässigkeit garantiert wird.
Von jedem Startpunkt - auch von der Hauptschule aus - muss für begabte Kinder zu einem späteren Zeitpunkt noch jede Bildungskarriere möglich sein.

3. Keine Klassen über 25 Kindern/Jugendlichen
Unterschiedliche Vorbildung in den Elternhäusern und immer häufiger auftretende Lernstörungen und soziale Probleme machen andere Unterrichtsmethoden notwendig und verlangen intensivere erzieherische Bemühungen. Das geht nur in kleineren Klassen. Wir fordern Klassenstärken von 20 Kindern bzw. Jugendlichen. Bei mehr als 25 Schülerinnen/Schülern ist die Klasse zwingend zu teilen.

4. Wichtige Entscheidungen über die Wahl der Schulart nicht zu früh fällen - für die doppelte Orientierungstufe
Viele Eltern, Lehrer und Kinder klagen zu Recht darüber, dass heute schon in der frühen Grundschule alles unter dem Druck der "großen Entscheidung" nach der 4. Klasse steht. Das hemmt die Lernfreude durch unnötigen Stress. Wir wollen deshalb, dass zwar das gegliederte Schulsystem erhalten bleibt, aber die Entscheidung für diese oder jene Schulart entkrampft wird. Mit einer "doppelten Orientierungstufe" kann das gelingen: Nach der vierten Grundschulklasse können sich die Kinder entweder für die "Orientierungstufe HS/RS" entscheiden und dann nach der 6. Klasse auf die Hauptschule (HS) oder die Realschule (RS) wechseln. Sie können bei entsprechender Neigung und Begabung nach Klasse 4 aber auch die "Orientierungsstufe RS/Gym" wählen und nach der 6. Klasse entweder auf das Gymnasium oder die Realschule wechseln. In jedem Fall bleiben die Vorzüge des gegliederten Schulsystems erhalten, während sein Hauptmangel, die frühe Laufbahnentscheidung, vermieden wird.

5. Kurze Beine - kurze Wege - Schulen am Lebensort der Kinder
Der Tendenz zu immer weiteren und aufwändigeren Schulwegen immer jüngerer Schüler muss entgegengewirkt werden. Schulen im ländlichen Bereich sind zu erhalten und gegebenenfalls wieder zu öffnen. Die "Schule im Dorf" ist die Basis dafür, dass Kinder einen Bezug zu Leben, Religion und Kultur des Heimatraumes entwickeln.

6. Überschaubare Schulen - Schülerzahl begrenzen
In der Anonymität übergroßer Schulen liegt der Keim für wachsende soziale Probleme, an denen alle am Schulleben beteiligten Schüler, Lehrer und Eltern leiden.
Neben der Begrenzung der Klassenstärken fordert die ödp deshalb eine Begrenzung der Höchstzahl an Schülern einer Schule ein. Eine allgemeinbildende Schule, unabhängig von der Schulart, sollte nicht mehr als 1000 Schüler umfassen. Erfolgreiche Erziehung und Bildung bedingt persönliche Beziehungen in überschaubaren Einheiten.

7. Verschlankung der Lehrpläne
Die Lehrpläne aller Schularten müssen auf die Relevanz der Inhalte für die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen hin überprüft und gekürzt werden. Dies gilt vor allem für das 8-stufige Gymnasium, aber auch für die Grund- und Hauptschulen, in denen das entdeckende und an Projekten orientierte Lernen Vorrang vor dem stupiden Abhaken von inhaltlichen Lernzielen hat.

8. Vorbereitung auf das Leben - Schule für alle Sinne
In allen Schularten, insbesondere auch im verkürzten Gymnasium, finden die musischen Fächer zu wenig Raum. Diese fördern aber nicht nur die Lebensfreude der Kinder, sondern nachweislich auch die intellektuelle Leistungsfähigkeit.
Auch die Gesundheitsvorsorge muss in allen Schulen ein größeres Gewicht erlangen. Tägliche Erlebnisse der Lebenslust müssen an den Schulen möglich sein: Bewegungsspiele, Entspannungsübungen, gesunde Angebote im Pausenverkauf und in der Mittagspause. Leider gibt es nicht für alle Kinder und nicht überall die Chance, gesund und schmackhaft zu essen. Wer selbst kochen kann, gewinnt Lebensqualität. Kochen und zeitgemäßes Haushaltsmanagement sollten deshalb für alle Buben und Mädchen in der Schule gelehrt werden.

9. An jeder Hauptschule soll ein(e) Sozialpädagoge/in arbeiten
Die Vielzahl der neuen Erziehungsprobleme, aber auch die ganz normalen Pubertätsfragen belasten den täglichen Schulalltag und behindern oft den Lernfortschritt. Deshalb muss zumindest an allen Hauptschulen eine Sozialpädagogenstelle eingerichtet werden.

10. Der Lehrkräftebedarf ist langfristig und vor allem realistisch zu planen
Obwohl die Daten über die Schülerentwicklung aufgrund der Geburten- und Zuzugsstatistiken sehr gut für einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren vorausgesehen werden kann, wird der Lehrkräftebedarf offensichtlich nur von Jahr zu Jahr festgelegt. Ebenso muss der Bedarf an "mobilen Reserven" für alle Schularten realistisch eingeschätzt werden, um den Unterrichtsausfall aufgrund von Krankheit und Fortbildung wirksam zu reduzieren.
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Meine persönliche Erfahrung:
Ich selbst habe an einem bayrischen Gymnasium 2006 mein Abitur gemacht. Gut war, dass ich noch G9 "genießen" durfte. Allerdings war damals der Lehrplan schon so straff, dass wir in manchen Fächern den Stoff nicht durchbekommen haben. Die Schuld will ich gar nicht den Lehrern geben, denn die Ziele, die ihnen von politischer Seite gestellt wurden, waren damals schon unerreichbar.
Momentan: Da gibt es Kinder, die am besten im Kindergarten lesen und rechnen können sollen, in der Grundschule perfekt Englisch sprechen sollen und am Besten dann noch in der 7. Klasse Cicero aus dem Steigreif übersetzen können sollen. Wo kommen wir denn da hin? Und dann glauben Politiker auch noch, dass wir dadurch in der Pisastudie besser abschneiden! Wie das denn? Jedes Kind ist einzigartig und darum kann man auch nicht 35 Kinder in eine Klasse sperren und meinen der Lehrer, der am Besten noch über eine 3 monatige Umschulung zum Lehrer wurde, könnte sinnvoll und qualitativ unterrichten.

Wir brauchen kleine Klassen, individuelle Betreuung von Hochbegabten und schlechteren Schülern, variable Freizeitgestaltung der Schüler und vor allem qualifizierte und MOTIVIERTE Lehrer.

Mit freundlichen Grüßen

Tanja Pfisterer