Frage an Stephan Hankl von Dietmar B. bezüglich Bildung und Erziehung
Was würden Sie im Falle einer Regierungsbeteiligung am bayerischen Schulsystem ändern oder verbessern? Wollen Sie das dreigliedrige Schulsystem beibehalten?
Sehr geehrter Herr Bäuml,
Zunächst möchte ich den zweiten Teil Ihrer Frage bezüglich des dreigliedrigen Schulsystems beantworten :
Gemeinsam mit der BayernSPD lehne ich die schulische Auslese von zehnjährigen Kindern ab. Die viel zu frühe Schullaufbahnentscheidung in der vierten Klasse ist weder kindgerecht noch pädagogisch sinnvoll. Das Prinzip heißt fördern statt auslesen! Das deutsche Schulsystem beruft sich auf das sog. Leistungsprinzip. Unser Schulsystem unterstellt, dass Begabungen und Leistungsfähigkeit bereits im Alter von 10 Jahren (4 Jahre Grundschule) schulartspezifisch gefördert werden müssten. Im Gegensatz dazu lernen in nahezu allen europäischen Ländern Kinder mindestens sechs Jahre gemeinsam. Die Hälfte der europäischen Länder hat für die gesamte Dauer der Schulpflicht eine gemeinsame Schule für alle. Für Kinder aus sozial schwächeren und bildungsfernen Elternhäusern verstärkt das bayerische Schulsystem die Auslese. Die Tatsache, dass sich ein Drittel der Schullaufbahnentscheidungen im Nachhinein als falsch erweisen, also die Kinder irgendwann die Schulart wechseln (meist nach "unten" - also vom Gymnasium auf die Realschule bzw. von der Realschule auf die Hauptschule), zeigt, dass das dreigliederige Schulsystem in seiner derzeitigen Form überholt ist. Der dabei erzeugte Druck auf 10-jährige Kinder ist dazu geeignet den Spass am Lernen zu nehmen. Deswegen werde ich mich für eine längere gemeinsame Schulzeit für alle Kinder, mindestens bis zur sechsten Jahrgangsstufe, einsetzen.
Bevor ich nun wesentliche Punkte der angestrebten Veränderungen und somit Verbesserungen aufführe :
Der Frühkindlichen Bildung und Erziehung muss der Stellenwert gegeben werden, der ihnen gebührt. Diejenigen, die mit den Kleinsten arbeiten, müssen deutlich besser verdienen. Wir wollen die Kindertageseinrichtungen langfristig kostenfrei machen. Wir wollen ein bedarfsgerechtes, qualitativ hochwertiges Angebot an Betreuungsplätzen sicherstellen. Das BayKiBiGG Bayerisches Kinderbildungs-- und Betreuungsgesetz) ist zur Umsetzung des Bayerischen Bildungs-- und Erziehungsplans deutlich unterfinanziert.
Alle Schüler haben Anspruch auf erfolgreiches Lernen. Doch dafür müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Gemeinsam mit den anderen SPD-Landtagsabgeordneten werde ich mich für eine "Bildungsmillarde" in 4 Jahren einsetzen.
- Wir wollen erreichen, dass Lehrerinnen und Lehrer beste Rahmenbedingungen für ihren verantwortungsvollen Beruf vorfinden. Wir setzen uns ein für beste Arbeitsbedingungen, qualitative Fort- und Weiterbildungsangebote und eine gute Bezahlung. Darüber hinaus wollen wir die Ausbildung des Lehrerberufes reformieren. Wir wollen mehr Praxisanteile in der Ausbildung, eine stärkere Gewichtung der didaktischen, pädagogischen und psychologischen Fähigkeiten und der Erziehungswissenschaften.
- Wir werden dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche mit besonderen Begabungen ebenso gezielt gefördert werden wie solche mit Lernschwierigkeiten. Es gilt, für jeden Bedürftigen individuelle Förderpläne zu entwickeln.
- Bedingung für effektive, individuelle Förderung sind kleine Klassen (max. 25 Schüler) und Lerngruppen.
- Ganztagsschulen ermöglichen Eltern, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren. Sie fördern die Bildungs-- und Erziehungsarbeit.
„Gebundene Ganztagsschulen“ verzahnen Unterricht, Übungseinheiten sowie Phasen der Entspannung und des Spielens über den gesamten Schultag. Sie ermöglichen zusätzliche Leistungs-- und Neigungsangebote sowie eine individuelle Förderung. Sie sind ein Beitrag zu mehr Chancengleichheit und zur gesellschaftlichen Integration. Weiterhin wollen wir einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagesschulplatz und einen flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen, wo immer Eltern dies wünschen - sich also Bedarf ergibt.
- Die Lernmittelfreiheit muss in der Bayerischen Verfassung verankert werden. Unter Lernmittelfreiheit sollen nicht nur die Schulbücher fallen, sondern alle von der Schule beschafften Lernmittel und Lernmaterialien sowie die Kosten für verbindliche Schulveranstaltungen. Dies sehen wir als einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
- Wegfall der Studiengebühren.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Hankl