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Frage von Thomas S. •

Frage an Sigmar Gabriel von Thomas S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Gabriel,

Der Focus meldet:

"Im Gegensatz zu anderen Themen scheint sich die Koalition bei den digitalen Plänen recht einig zu sein.(...)So ist etwa geplant, für jeden Schüler ein „mobiles Endgerät“ bereit zu stellen. Das könne ein Smartphone oder Tablet sein. Der Plan steht jedoch noch unter Finanzierungsvorbehalt – er soll rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr kosten."

http://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/koalition-legt-digitale-agenda-vor-jeder-schueler-bekommt-ein-smartphone-oder-tablet_aid_1162237.html

Frage 1:

Können Sie diesen Plan bestätigen?

Wenn ja, erlaube ich mir die Fragen 2-4:

Frage 2:

Mit welchen Argumenten wird diese Planung begründet?
Was wären Ihre Argumente?

Neben dem Kostenargument erkenne ich weitere Gründe, die mich diesen Plan skeptisch beurteilen lassen.

Millionen Schüler googeln sich ihre Referate zusammen, was per se nichts schlechtes sein muss, aber mitunter ohne geeignete pädagogische Anleitung zu einer bequemen und unkritischen Arbeitsweise führen kann. An den Unis wird bisweilen per Smartphone gespickt, in dem während der Klausur der relevante Stoff vom Uniserver abgefragt wird und kommt die Vorlesung zu langweilig daher, werden fleissig SMS geschrieben oder Facebook aktualisiert.

Frage 3:

Sehen die Kostenansätze von 500 Millionen € pro Jahr eine pädagogische Betreuung vor?

Der Focus am 12.12.2012:

"Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei den Ausgaben für Kindergärten, Schulen, Hochschulen und die Berufsbildung nach wie vor hinterher. Rund 126,4 Milliarden Euro gaben öffentliche und private Träger dafür 2009 aus. Das waren 5,3 Prozent des BIP und damit deutlich weniger als im OECD-Durchschnitt mit 6,2 Prozent."

http://www.focus.de/schule/schule/bildungspolitik/oeffentliche-bildungsausgaben-deutschland-hinkt-immer-noch-hinterher_aid_880023.html

Frage 4:

Sollten nicht erst einmal die Kernaufgaben im Bildungssektor erledigt werden?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich bin allerdings gegenüber den neuen Medien und dem Internet etwas weniger skeptisch als Sie und sehe insgesamt nicht nur die Nachteile sondern gerade auch viele Vorteile. Die Digitalisierung ist in unserem Leben und in unserem Arbeiten schon lange angekommen, auch Sie nutzen ja dieses Online-Portal um mit mir in Kontakt zu treten. Digitale Medien nicht auch einzusetzen um eine bessere und gerechte Bildung zu ermöglichen erschließt sich mir nicht und würde wohl auch an der Lebensrealität vieler unserer Kinder und Jugendlichen vorbeigehen.

Natürlich aber dürfen wir die digitale Welt nicht unhinterfragt lassen. Deshalb kommt es gerade in der Schule darauf an, die Medienkompetenz der jungen Menschen zu steigern und ihnen einen Zugang zu schaffen für einen sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Internet und der digitalen Welt. Das ist aus meiner Sicht auch eine Kernaufgabe von Bildung, denn Bildung ist weit mehr als die Vermittlung von Wissen, es geht auch um die Vermittlung von Kompetenzen und Fähigkeiten. Ermöglicht und gefördert werden muss die „digitale Selbstständigkeit“, die jeden in die Lage versetzt, alle Möglichkeiten der „Digitalen Gesellschaft“ möglichst selbstständig nutzen und sich vor damit verbundenen Risiken gut schützen zu können. Dazu kann auch die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit einem mobilen Computer und die Schaffung eines digitalen Lernumfeldes und digitalen Klassenzimmers gehören. Wir haben hier im Koalitionsvertrag einige wichtige Verabredungen mit CDU und CSU treffen können, die deutlich eine sozialdemokratische Handschrift tragen.

Auch ich sehe die vielen Herausforderungen vor denen wir in der Bildung stehen: den qualitativen Ausbau von Kita und Ganztagsschulen, die Schaffung eines inklusiven Bildungswesen, die Stärkung der Lehre an Hochschulen und vieles andere mehr. Die Bildung ist bei den Ländern gut aufgehoben, dennoch werden sie ohne eine finanzielle Unterstützung des Bundes diese Herausforderungen alleine nicht bewältigen können. Meine Partei hat sich deshalb immer wieder dafür stark gemacht, im Grundgesetz einen kooperativen Bildungsföderalismus und dauerhafte Finanzhilfen des Bundes zu ermöglichen. Wir haben ein klares Konzept entwickelt, wie wir die Bildungsausgaben in Deutschland um jährlich 20 Mrd. Euro erhöhen können. In den Koalitionsverhandlungen hat die Union diese Vorschläge jedoch sehr eindeutig blockiert. Dennoch ist es uns gelungen dafür zu sorgen, dass in den kommenden vier Jahren insgesamt mindestens 9 Mrd. Euro mehr in Bildung, Wissenschaft und Forschung investiert werden können. Das ist aus meiner Sicht ein Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel