Frage an Sabine Zimmermann von Ulla S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Zimmermann,
ich wurde früher mit Ritalin behandelt, weil ich in der Schule angeblich verhaltensauffällig war.
Gerne sende ich Ihnen einen Mitteilung mit:
Ritalin: Die gefährlichste Droge der Welt
Die amerikanische Drogenbehörde DEA stuft Ritalin als ebenso gefährliche Droge ein wie Heroin und Kokain. Ritalin macht ebenso stark abhängig und kann sich mit seinen Nebenwirkungen locker mit Crack messen. Mittlerweile sind weltweit Millionen von Menschen – meist Kinder und Jugendliche – Ritalin süchtig. Für den Hersteller Novartis ist das ein Milliardengeschäft: http://www.seite3.ch/Ritalin+Die+gefaehrlichste+Droge+der+Welt/438255/detail.html
<<< 1996 deckte ein preisgekrönter Fernsehreport auf, dass die grösste amerikanische Non-Profit-Organisation, die sich mit ADS auseinandersetzt und Informationskampagnen an Schulen, öffentlichen Veranstaltungen und in den Medien betreibt, im geheimen vom Ritalin-Hersteller Ciba-Geigy (heute Novartis) in Millionenhöhe gesponsort wurde. Es versteht sich wohl von selbst, dass diese Organisation Ritalin als bestes Mittel gegen Hyperaktivität empfiehlt. Dass dabei allerdings eine ganze Generation von Junkys entsteht, ist der Pharmaindustrie natürlich egal. Schliesslich gibt es bis dann andere Medikamente, mit denen man vom Ritalin wieder wegkommt
Quelle:
http://neueweltmedia.myblog.de/neueweltmedia/art/6894176/Ritalin-Die-gefahrlichste-Droge-der-Welt
Des Weiteren sende ich Ihnen den Wikipedia-Eintrag über Ritalin mit:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ritalin
Ist Ritalin in Deutschland immer noch erlaubt und was heißt ggf. " besondere Verschreibungspflicht"?
Was ist mit einer Wiedergutmachung für etwaige Ritalinopfer?
Ich werde jedenfalls die Öffentlichkeit über meinen Fall informieren und habe aus diesem Grund auch schon Kontakte zu Autoren und zu TV-Sendeanstalten aufgenommen.
Ich empfinde die Pharmalobby als intransparent, was meinen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schwarzer
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
mit Ihrer Anfrage sprechen Sie gleich mehrere wichtige, und teils nicht einfach zu beantwortende Fragen an.
In Bezug auf ADS/ADHS ist es besonders wichtig zu beantworten, ob es sich eigentlich um eine psychische Erkrankung handelt. Krankheit ist nirgends rechtlich definiert. Als LINKE lehnen wir es ab, Krankheit einfach als Normabweichung zu verstehen. Vielfalt in der Art sich auszudrücken und seine Umwelt wahrzunehmen – auch wenn sie noch so unbequem oder auch belastend für die soziale Umgebung ist - begründen für uns keine Krankheit und müssen demzufolge auch nicht geheilt werden. Krank kann nur genannt werden, der selbst unter diesem Zustand leidet und behandelt sollte werden, wer die Therapie als heilend oder lindernd empfindet.
Selbst wenn das bei ADS/ADHS im Einzelfall so ist, stellt sich die Frage, ob eine medikamentöse Therapie die richtige ist. Viele Expertinnen und Experten aus Soziologie, Psychotherapie und zunehmend auch aus der Hirnforschung verorten diese Phänomene vorrangig in einer belasteten Beziehung zwischen Kind und Umwelt (v.a. Elternhaus) oder auch als normale Entwicklungsphase. In beiden Fällen ist eine pharmakologische Behandlung wenig geeignet, dem Problem entgegen zu treten, verbirgt sie doch eher die Ursachen. Sie ermöglicht es oberflächlich, wie gehabt weiterzuleben, ohne die Hintergründe zu untersuchen. Hier muss gefragt werden: Wem helfen Psychopharmaka wie Ritalin eigentlich?
Ich stelle nicht infrage, dass Stimulanzien wie Ritalin – sinnvoll angewendet – für eine eng definierte Patientengruppe medizinisch sinnvoll sein können. Der extreme Anstieg der Verordnungen von Methylphenidat und anderen Stimulanzien kann aber meines Erachtens nicht durch einen Anstieg in der Krankheitslast erklärt werden. Vielmehr sehe ich ihn in den besorgniserregenden Kontext einer Medikalisierung von vielen Bereichen des Alltags. Die Beeinflussung von Politik, aber maßgeblich auch von Ärztinnen und Ärzten durch die Pharmaindustrie spielt hier eine ausgesprochen wichtige und gefährliche Rolle. Diese Beeinflussung ist, wie Sie richtig schreiben, sehr intransparent. Sie zieht sich von der Beeinflussung und auch Fälschung von Forschung, über die Kontrolle der ärztlichen Fortbildung und Information bis hin zur klaren Korruption durch Ärzteschmierung. Auch die Beeinflussung der medizinischen Fachgesellschaften – dort wird immerhin der medizinische Standard definiert – ist tiefgreifend und zu einem erheblichen Teil für die immer stärkere Pathologierung des Alltags (Voraussetzung für legale Arzneimittelverordnungen) verantwortlich. Was früher noch als normal angesehen wurde, etwa lebhafte, auch unbequeme Kinder, aber auch z.B. Trauerphasen nach dem Verlust eines geliebten Menschen, ist inzwischen medizinisch als Krankheit definiert und darf entsprechend therapeutisch behandelt werden.
Dass gerade Ritalin im Alltag oft leichtfertig und nicht leitliniengerecht angewendet wird, ist ein weiterer, wichtiger Baustein, in dem einige Ärztinnen und Ärzte, aber auch einige Eltern ihre Rolle kritisch hinterfragen sollten. Immerhin sind in den letzten Jahren hier gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Die von Ihnen zurecht angesprochenen pharmafinanzierten Informationskampagnen widersprechen nach unserer Auffassung klar gegen das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Das Thema psychische Erkrankungen, Psychopharmaka und insbesondere ADS/ADHS ist in der Kürze nur zu umreißen.
Die Linksfraktion hat zum Umgang mit psychischen Erkrankungen, mit Pharmawerbung, Forschungsbeeinflussung und unlauterer Korruption mit Ärztinnen und Ärzten verschiedene parlamentarische Initiativen eingebracht (zum Beispiel Anträge http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/012/1701206.pdf , http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/054/1805452.pdf und Kleine Anfragen http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/110/1711080.pdf .
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Zimmermann