Frage an Rüdiger Kruse von Klaus-Peter S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kruse,
folgende aktuelle Meldung stimmt nachdenklich, bezüglich der vermeintlichen Erfolgsaussichten von Millionen von Flüchtlingen/ Asylbewerbern auf dem deutschen Arbeitsmarkt ! Allein in diesem Jahr rechnet die Bundesregierung bekanntlich schon mit mindestens 800 0000 Flüchtlingen! Und es ist überhaupt kein Ende des Zustromes abzusehen. Hinzu kommt noch der spätere Nachzug von Familienangehörigen. Zur Meldung:" Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Rückgang der Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren zum Stillstand kommt".
Nach dieser Prognose wird der Arbeitsmarkt also stagnieren, und es wird keine nennenswerte Nachfrage nach Arbeitskräften geben! Wie schätzen Sie unter dieser Prognose die Aussichten und Hoffnungen der Flüchtlinge ein, auf unserem stagnierenden oder gar sinkenden Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren Fuß zufassen? Das scheint nicht unproblematisch zu werden. Die Weltwirtschaft schwächelt bereits zusätzlich! Was weitere Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt haben kann.
Außerdem stellt sich ohnehin die Frage, ob die Flüchtlinge in der Mehrheit über entsprechende Ausbildungen,Berufe und Qualifikationen verfügen, die unsere hochentwickelte und technisierte Wirtschaft als Vorrausetzung erwartet. Berufe die hier überhaupt nachgefragt werden oder Zukunft haben. Deutschland ist schon grundsätzlich völlig anders strukturiert. Wohl kaum vergleichbar mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Kommen die meisten Flüchtlinge mit Erwartungshaltungen und Hoffnungen zu uns ,die sich vermutlich für sie kaum erfüllen werden ? Was dann bleibt, wissen wir alle. Ein Leben in den sozialen Sicherungssystemen. Wie ist Ihre Einschätzung?
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu der Flüchtlings-Situation in Deutschland und deren Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.
Die Bundesregierung rechnet damit, dass im Jahr 2015 bis zu 800.000 Asylanträge in Deutschland gestellt werden. Dies ist, nach rund 100.000 im Jahr 2013 und rund 200.000 im Jahr 2014, eine erneute deutliche Steigerung.
Von Januar bis Juli 2015 wurden in Deutschland rund 218.000 Asylanträge gestellt (195.500 Erst- und 22.500 Folgeanträge). Davon stammten 44.417 aus Syrien, 32.935 aus dem Kosovo, 29.857 aus Albanien, 18.287 aus Serbien, 11.578 aus dem Irak, 10.479 aus Afghanistan und 8.718 aus Mazedonien. Diese und weitere Zahlen finden Sie auf der Seite des Bundesinnenministeriums: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/08/asylantraege-juli-2015.html?nn=3314842
So unterschiedlich die Herkunftsländer sind, so unterschiedlich mögen die Motive der jeweiligen Migration nach Deutschland gewesen sein. Viele Menschen, die derzeit nach Europa und speziell nach Deutschland fliehen, sind in ihren Ländern Bedrohungen ausgesetzt. Sie lassen ihre Heimat und ein Großteil ihres Hab und Gutes zurück, um einem Krieg oder sonstiger Form von Gewalt zu entfliehen. Aus humanitärer Sicht halte ich Hilfe für diese Menschen für geboten. Als stärkste Volkswirtschaft können, wollen und werden wir Verantwortung für diese Personen übernehmen. Klar sein muss dabei auch, dass diese hohen Zahlen nicht zum Dauerzustand werden können. Hier müssen wir entschiedener als bisher die Ursachen in den Herkunftsländern bekämpfen, um dort für Stabilität zu sorgen. Ziel ist es, die Fluchtgründe zu eliminieren.
Flüchtlinge, die aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation nach Deutschland kommen, haben keine oder nur sehr geringe Chancen, Asyl zu erhalten. Für diese Migranten wurde das Asylrecht nicht geschaffen. Die Anerkennungsquoten sind in diesen Fällen äußerst gering. Das Wohlstandsgefälle der Welt ist nicht lösbar, indem alle Personen, die wirtschaftliche Not leiden nach Europa übersiedeln. Diese Einschätzung wird jeder Realist teilen. Im Herbst 2014 hat die Bundesregierung Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsländer eingestuft. Dadurch konnte die Bearbeitungsdauer der Asylanträge aus diesen Staaten deutlich verkürzt werden. Mit der Signalwirkung gingen die Zahlen der Anträge teils deutlich zurück. Die CDU möchte weitere Länder des Balkans als sichere Herkunftsländer einstufen, um der dortigen Bevölkerung zu verdeutlichen, dass sie hier sehr wenige Chancen auf Asyl haben. Zudem prüft das Bundesinnenministerium derzeit verschiedene Instrumente, um Anreize der wirtschaftlichen Migration zu verringern.
Im Juli 2015 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland bei 6,3%. Nie zuvor standen mehr Menschen in unserem Land in einem sozialversicherungspflichtigen Lohnverhältnis. Das Gutachten „Arbeitsmarkt 2030. Die Bedeutung der Zuwanderung für Beschäftigung und Wachstum“, welches im November 2014 für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellt wurde, prognostiziert, dass die Arbeitslosenquote im Jahr 2018 unter die 4%-Hürde fallen wird. In den anschließenden Jahren bis 2030 soll sie sich zwischen 2,5% und 3,5% bewegen, je nach Zuwanderungssaldo. Die Vollbeschäftigung ist nahe. Aufgrund des demographischen Wandels werden wir qualifizierte Zuwanderung benötigen, die unseren Wohlstand langfristig sichert. Der Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, hat vorgeschlagen, ein Einwanderungsgesetz zu verabschieden. Dieses soll bestehende Regelungen und neue Ansätze zur Einwanderung besser miteinander verknüpfen. Vorbild könnten hierbei andere Staaten wie Kanada sein, die strikt nach der Qualifikation entscheiden, wer in ihr Land einwandern darf. Neben solch einem möglichen Einwanderungsgesetz dürfen wir die Anstrengung bei der Weiterbildung von den Menschen, die in Deutschland leben, nicht vernachlässigen. Hier sind wir auf einem guten Weg, die so genannten Geringqualifizierten fortzubilden.
Die Frage nach einem Einwanderungsgesetz sehe ich abgekoppelt von der Asylfrage. In der Asylfrage geht es nicht darum, wer uns volkswirtschaftlich nutzt oder weniger nutzt. Es geht darum, wer in seiner Heimat Unterdrückung oder Verfolgung ausgesetzt ist, wer sein Leben oder das seiner Familie bedroht sieht. Bei den Migranten, die einen Asylstatus erhalten, sind sicherlich viele unterschiedliche Berufserfahrungen und Qualifikationen vorhanden. Erhalten diese Menschen die Möglichkeit dauerhaft hierzubleiben und unsere Sprache zu lernen, wird der Großteil sich ernsthaft um Arbeit bemühen. Dabei dürfen wir Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Die Integration müssen wir vehementer einfordern und fördern. Die deutsche Sprache ist dabei der Schlüssel.
Manchmal gibt es Entscheidungen, die nicht nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung entschieden werden dürfen. Die Frage des Asyls ist eine davon.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse