Frage an Rita Pawelski von Christoph P. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Pawelski,
die CDU fordert mehr Investitionen in Forschung und Bildung. Sobald es dabei um die Universitäten geht, ist viel die Rede von Natur- und Ingenieurwissenschaften. Die Geisteswissenschaften kommen nicht vor, werden nie erwähnt. Sind die Geisteswissenschaften in Ihren Augen ebenso wichtig wie die Naturwissenschaften oder betrachten Sie die Auseinandersetzung mit philosophischen, philologischen und historischen Fragen eher als Randthema, das zugunsten der scheinbar produktiveren Naturwissenschaften bei der finanziellen Ausstattung zurückstecken muss?
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Pause
Sehr geehrter Herr Pause,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage.
Nach Differenzierung, Bandbreite der Fächer, internationaler Sichtbarkeit, Forschungsbeiträgen und Absolventenzahlen stehen die Geisteswissenschaften in Deutschland an erster Stelle. Deutschland ist weltweit gesehen noch immer das "klassische Land" der Geisteswissenschaften. Dennoch sehen sich die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften in Deutschland zunehmend abgewertet und unter verstärktem Legitimationsdruck gegenüber den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Vielfach haben sie es schwer, positiv an innovativen Organisations- und Finanzierungsformen zu partizipieren, die für anwendungsorientierte technische Fächer zugeschnitten sind, so beispielsweise bei der Einwerbung von Drittmitteln. Auch die flächendeckende Einführung der Juniorprofessur und von Bachelor- und Materabschlüssen im Rahmen des Bologna-Prozesses stellen die Geisteswissenschaften mit ihren spezifischen Strukturen vor erhebliche Herausforderungen.
Dabei bietet der Bologna-Prozess und die damit verbundene Umstellung der Studienstruktur gerade für die geisteswissenschaftlichen Fächer an den Universitäten eine hervorragende Chance für neue Formen der Kooperation mit anderen Fächerkulturen und eine differenzierte Vorbereitung auf die verschiedensten Berufsfelder.
Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften nachhaltig zu stärken sowie die Berufseinstiegschancen der Absolventen zu verbessern ist auch ein erklärtes Ziel einer CDU/CSU-geführten Bundesregierung. Dabei muss die Verbindungen zwischen Universitäten und Wirtschaft so verbessert werden, dass junge Menschen mit geisteswissenschaftlichem Hochschulabschluss ohne lange Wartezeiten in einen Beruf kommen. Daneben gilt es auch sicherzustellen, dass Akademiker mit ihrem erworbenen Wissen dem deutschen Bildungssystem erhalten bleiben, um dem vielfach beklagten "brain-drain", dem Verlust von Wissenschaftlern und ihren Kompetenzen vor allem an den europäischen und amerikanischen Raum, zu begegnen. Nicht zuletzt gilt es zu prüfen, wie sich die Geisteswissenschaften am gesellschaftlichen Diskurs sichtbar beteiligen können und welchen Beitrag die Vertreter dieser Fächer selbst zur Verbesserung der Situation leisten können. Darin wollen wir die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bestärken und unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Rita Pawelski