Sehr geehrter Herr Nouripour, das Tierschutzgesetz soll bis Herbst 2024 überarbeitet werden. Was genau planen Sie, um tierquälerische Praktiken einzudämmen?
Meine Frage bezieht sich hauptsächlich auf die folgenden Bereiche:
Verbot von Langstrecken-Tiertransporte in Länder außerhalb der EU, Verbot von Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen, Verbot jeglicher Form der Anbindehaltung, darunter auch die saisonale Anbindehaltung von Rindern und die Anbindehaltung von Greifvögeln, Verbot der Privathaltung exotischer Wildtiere wie Affen, Tiger und Reptilien als „Haustiere“, Verbot aller Wildtierarten im Zirkus – und dies ohne Einzelfall-Schlupfloch, Verbot des Verkaufs von Welpen und anderer Tiere über Online-Plattformen. Die Tierheime sind voll! Verbot von Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau. A.
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement für den Tierschutz.
Seit 2002 ist der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Obwohl sich seitdem manches verbessert hat, werden wir diesem Ziel in der Gesamtschau bisher nicht gerecht. Mit der nun anstehenden Novellierung des Tierschutzgesetzes gehen wir nicht nur das ambitionierteste und umfangreichste tierschutzpolitische Vorhaben dieser Legislatur, sondern der vergangenen Jahrzehnte an.
Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Novellierung des Tierschutzgesetzes verspricht Verbesserungen in allen Bereichen – für Heim- und Zirkustiere genauso wie für landwirtschaftlich genutzte Tiere.
Im Heimtierbereich soll beispielsweise die Qualzucht beendet werden. Dazu gehört ein Verbot von Zucht, Ausstellung und Werbung von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen. Auf Online-Plattformen dürfen Tiere, die Merkmale von Qualzucht aufweisen, nicht mehr zum Kauf angeboten werden.
Im Nutztierbereich soll unter anderem die verpflichtende Videoaufzeichnung in Schlachthöfen eingeführt werden. Die Videos werden die zuständigen Behörden bei der Kontrolle der Vorgänge vor Ort unterstützen. Die Anbindehaltung von Tieren – ob Esel, Ziege, Rind, etc. – wird grundsätzlich untersagt. Der Straf- und Bußgeldrahmen bei tierschutzrechtlichen Verstößen wird erhöht, und ein Amt eines/einer Bundesbeauftragten für Tierschutz wird auf gesetzlicher Ebene verankert. Damit wird der Tierschutz in Deutschland institutionell und strukturell gestärkt.
Den Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes mit allen Maßnahmen zur Stärkung des Tierschutzes finden Sie hier: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Glaeserne-Gesetze/Kabinettfassung/tierschutzgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Für die zukunftsfeste Weiterentwicklung tiergerechter Ställe stellen wir zudem 1 Mrd. Euro finanzielle Unterstützung zur Verfügung und fördern damit Investitionen und laufende Mehrkosten einer tiergerechten Haltung. Außerdem haben wir den Umbau hin zu tiergerechten Ställen durch Änderungen im Baugesetzbuch und eine bundeseinheitliche Auslegung beim Immissionsschutz erleichtert.
Auch die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Fleisch wurde bereits ausgeweitet und ist im Februar 2024 in Kraft getreten.
Im August 2024 erreichten wir eine neue Stufe bei der Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes. Bis zum 01. August mussten Schweinehalter*innen ihre Haltungsform offiziell melden und klar kategorisieren, wie "Stall", "Stall-Platz", "Auslauf", "Weide", "Bio" etc. Das schafft nicht nur Klarheit für die Landwirt*innen, sondern auch Transparenz für Verbraucher*innen.
Im anstehenden parlamentarischen Prozess gilt es nun, weitere Erfolge für den Tierschutz zu verhandeln und stetig daran zu arbeiten, Missstände zu beheben und gesetzliche Lücken zu schließen. Der vorgelegte Entwurf enthält bereits viele wichtige Maßnahmen und signalisiert einen entschlossenen Kampf gegen Tierleid.
Mit freundlichen Grüßen
Team Nouripour