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Michael Grosse-Brömer
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Frage von Paul M. •

Frage an Michael Grosse-Brömer von Paul M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,

Ihre in der letzten Antwort begründete Ablehnung eines gesetzlichen Mindestlohns stützt sich auf die Studie des ifo-instituts Dresden und des IfW Halle.

1. Ist Ihnen bekannt dass sich deren hypothetische Berechnung auf die Annahme stützt, dass bei Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 7,50 Euro sofort die meisten Arbeitnehmer, die bisher weniger verdienten, entlassen werden und daher auch kaum Nachfragesteigerungen durch Kaufkraftgewinne in der Berechnung zu berücksichtigen seien, da sie ja nur bei den wenigen zu erwarten wären, die ihren Arbeitsplatz behalten? Für wie realistisch halten Sie diese Annahme?

(vgl. hierzu http://www.tu-dresden.de/wwvwlfw/media/PDF/WP/Ragnitz_Thum_Mindestlohn.pdf
S. 38: Hier wird die Berechnungsmethode deutlich - zuerst wird die angenommene Lohnelastizität angewandt, danach erst Kaufkraftgewinnn berücksichtigt. )

2. Sind Ihnen neben dieser Studie auch die Untersuchungen der FES bekannt, die Verhaltensoptionen von kleinen und mittleren Unternehmen bei Einführung eines Mindestlohns untersucht hat und zum Fazit gelangt, dass Entlassungen nicht die wahrscheinlichste Reaktionsmöglichkeit darstellt sowie die Untersuchung der Universität Regensburg, derzufolge der Mindestlohn im Baugewerbe nicht zu Arbeitsplatzverlusten führte, sondern sogar geringe Zugewinne bewirkt habe? Falls ja, wie erklären Sie diese Ergebnisse?

(vgl. hierzu: http://library.fes.de/pdf-files/wiso/04965.pdf sowie ( http://www.handelsblatt.com/News/Konjunktur-%D6konomie/%D6konomische-Nachrichten/_pv/_p/302030/_t/ft/_b/1349945/default.aspx/mythos-mindestlohn.html )

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Maier,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.

Sie beziehen sich zunächst auf die von mir erwähnte Studie des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Dresden und äußern sich skeptisch gegenüber den darin enthaltenen Annahmen.

Entgegen Ihren Bedenken halte ich das von der Studie gezeichnete Szenario der Auswirkungen eines Mindestlohns auf die Arbeitsmarktsituation für realistisch. Auf der auch von Ihnen zitierten Seite 38 wird ja gerade nicht behauptet, dass nach Einführung des Mindestlohns pauschal die meisten weniger verdienenden Arbeitnehmer entlassen würden. Vielmehr differenziert die Studie danach, wie hoch der konkret gezahlte Lohn vom gesetzlichen Mindestlohn abweicht. Dass die Entlassungszahlen mit der Höhe des Abweichungsbetrages korrespondieren, ist für mich eine geradezu logische Schlussfolgerung. Auch die Annahme, dass ein Mindestlohn keine signifikante Kaufkrafterhöhung nach sich ziehen würde, halte ich für überzeugend. Mit der im Grunde lediglich stattfindenden Umverteilung von Arbeitgeber- zu Arbeitnehmereinkommen findet sich im Übrigen ein plausibles Argument gegen eine mögliche Kaufkrafterhöhung (S. 39).

Ihre zweite Frage beschäftigt sich mit den Untersuchungen der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Universität Regensburg. Diese würden Ihrer Ansicht nach zu deutlich anderen Ergebnissen kommen als die Dresdner Studie. Diese Untersuchungen waren mir bekannt, allerdings kann ich mich nicht Ihrer Schlussfolgerung anschließen, dass daraus die Unbedenklichkeit des Mindestlohnes hervorgehen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Betrachtet man etwa die „zentralen Ergebnisse“ der FES-Studie, so sind die auf Seite 51 enthaltenen Ausführungen eher alarmierend als beruhigend. So sieht die Studie zum einen unterschiedliche, mitunter gravierende Folgen als möglich an, zum anderen wird unumwunden zugegeben, dass sich die weit überwiegende Zahl der Unternehmen überhaupt nicht dahingehend geäußert habe, ob Entlassungen die Folge des Mindestlohns wären (S. 52). Insoweit ist die Studie der FES kaum aussagekräftig und kann meine grundlegenden Bedenken gegenüber einem gesetzlichen Mindestlohn ebenso wenig ausräumen wie die von Ihnen genannte Studie der Universität Regensburg.

Bei der Bewertung letztgenannter Studie nach König/Möller ist meiner Ansicht nach große Vorsicht geboten. Zum einen sehen selbst die Autoren die statistische Signifikanz als teilweise nicht gegeben an, zum anderen würde die Einführung des Mindestlohns lediglich in Westdeutschland ohne negative Folgen für die Beschäftigung bleiben (S. 1). Eine Gefährdung des Aufschwungs und des Abbaus der Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland darf aber keinesfalls mit der vagen Aussicht auf eine Lohnverbesserung in Westdeutschland in Kauf genommen werden. Ich lehne jede Maßnahme entschieden ab, die zu einer Verschlechterung des Standortes Ostdeutschland führt und bereits angeschlagene, von starker Abwanderung betroffene Regionen noch weiter ausbluten lässt. Dass freilich genau dieses Schreckensbild durch einen gesetzlichen Mindestlohn eintreffen würde, ist eben nicht auszuschließen. Arbeitsverlagerung in das (benachbarte) Ausland und Anstieg der Schattenwirtschaft würden hier ihr übriges tun.

Da die beiden von Ihnen genannten Studien meine generellen Bedenken gegenüber einem gesetzlichen Mindestlohn nicht entkräften können, sondern diese in der Tendenz eher noch bestätigen, stehe ich Bestrebungen zur Einführung von Mindestlöhnen unverändert kritisch gegenüber. Die Regelung der Lohnentwicklung sollte den Tarifparteien vorbehalten bleiben. Auch auf diesem Wege können Mindestlöhne herbeigeführt werden, was in einigen Fällen – wie z. B. bei den Bauhandwerkern und Gebäudereinigern – auch die Unterstützung der Union gefunden hat.

Mit freundlichen Grüßen
M. Grosse-Brömer, MdB

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