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Metin Hakverdi
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Frage von Johan K. •

Frage an Metin Hakverdi von Johan K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Hakverdi,

auch wenn es für mich noch sehr früh ist, beschäftigt mich das Thema Rente doch sehr. Nach der Agenda 2010 kommt es 2030 zu einem Rentenniveau von 43%.

Wie soll die Rente der Zukunft aussehen? Ich habe zusammen mit meinen Arbeitgebern in den letzten 10 Jahren über 100.000,- eingezahlt. Ich werde vermutlich auch nicht an Altersarmut leiden, da ich mehrere Fondsgebundene Versicherungen abgeschlossen habe. Dennoch ist es ein Thema, dass mich umtreibt. Letztlich ist es die junge Generation, die für Versäumnisse der Politik herhalten muss bzw. doppelt bestraft wird. Wir zahlen in die Kasse ein und müssen private Vorsorge betreiben. Auch mit meinem 34 Jahren mache ich mir Gedanken um die Zukunft. Eine Einheitsrente, wie schon von Ihrer Partei vorgeschlagen, kommt aus meiner Sicht nicht in Frage.

Das der Generationenvertrag weiterhin bestand hat, ist unzweifelhaft. Jedoch wie möchte die Regierung das benötigte Geld für die Renten aufbringen, da die Babyboomer Jahrgänge auch irgendwann in den Ruhestand geht?

Ich bin gespannt auf Ihre Ausführung.

Beste Grüße aus Hamburg

Johan Kruskopf

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Sehr geehrter Herr Kruskopf,

vielen Dank für Ihre Frage. Das Rentenniveau bezeichnet ein Maß für die Leistungsfähigkeit unseres Rentensystems. Vereinfacht ausgedrückt geht es um das Verhältnis der aktuellen Eckrente zum aktuellen Durchschnittslohn. Die Eckrente erhält, wer 45 Jahre lang selbst den Durchschnitt verdient hat. Die vergangenen Jahrzehnte wurden dazu verschiedene Konzepte genutzt (z. B. Bruttorentenniveau, Nettorentenniveau, Sicherungsniveau vor Steuern). Diese unterschiedlichen Konzepte führen zu entsprechend unterschiedlichen Zahlen, welche in der Debatte zuweilen auch miteinander vermischt werden. Entgegen der Darstellung in der gegenwärtigen Debatte kann keine Rede davon sein, dass „das Rentenniveau“ (gemeint ist: Sicherungsniveau vor Steuern) auf 43 Prozent sinken soll. Richtig ist, dass mit der Rentenreform des Jahres 2001 beschlossen wurde, dass das Sicherungsniveau vor Steuern nicht unter eine gesetzliche Grenze von 46 Prozent bis zum Jahr 2020 und von 43 Prozent bis zum Jahr 2030 sinken darf (im Übrigen unter Einhaltung von Zielen für die Beitragssätze: höchstens 20 Prozent bis 2020 und 22 Prozent bis 2030). Bei Unter- bzw. Überschreiten dieser Zielwerte hat die Bundesregierung dem Gesetzgeber geeignete Maßnahmen vorzuschlagen um gegenzusteuern. Selbstverständlich darf das Niveau auch höher (und der Beitragssatz auch niedriger) liegen, vor allem wenn die Beschäftigungsentwicklung positiver verläuft. Der jährliche Rentenversicherungsbericht ist so zu einem vorausschauenden Kontrollinstrument geworden. Nach dem Rentenversicherungsbericht 2015 liegt das Rentenniveau derzeit bei 47,7 Prozent. Die Vorausberechnungen prognostizieren 47,6 Prozent im Jahr 2020 und von 44,6 Prozent im Jahr 2029 sowie einen Beitragssatz von 21,5 Prozent im Jahr 2029 - demnach können beide Sicherungsziele eingehalten werden. Im Rentenversicherungsbericht wird auch das Gesamtversorgungsniveau betrachtet: Hier werden zusätzlich zur Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch die zu erwartenden Leistungen aus einer gesetzlich geförderten privaten Zusatzvorsorge („Riester“) miteingerechnet. Nach der dortigen Prognose kann das Gesamtversorgungsniveau für die Zugangsrentner auf über 50 Prozent gehalten werden. Unser Ziel ist es, das Sicherungsniveau zu stabilisieren. Den Weg dafür hat unsere Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles aufgezeigt: Sie hat angekündigt, auf Grundlage des Rentenversicherungsberichts und des Alterssicherungsberichts, welche im Herbst 2016 erscheinen, ein Gesamtkonzept vorzulegen. Nur wenn ein solches umfassendes Konzept zur Altersvorsorge alle drei Säulen (gesetzliche, betriebliche und private Rente) neu justiert, kann es gelingen, das Sicherungsniveau zu stabilisieren. Neben der Stabilisierung der ersten Säule soll die zweite Säule, die betriebliche Altersversorge, gestärkt werden. Bisher gibt es noch zu wenige Betriebsrenten bei Geringverdienern und in sogenannten KMUs (kleine und mittlere Unternehmen). Die Bundesregierung bringt dazu das Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den Weg. Auch bei der Privatvorsorge prüfen wir, wie diese optimiert werden kann.
Die Frage der Finanzierungbarkeit der Rente wird im Wesentlichen von der Debatte um den demografischen Wandel bestimmt: Die Lebenserwartung und damit die Dauer des Rentenbezugs steigen stetig an. Alle zehn Jahre steigt sie um circa zwei Jahre. So hat sich in den letzten 50 Jahren beispielsweise die Anzahl der Menschen über 65 Jahre auf über 17 Millionen fast verdoppelt. Vor allem ab Mitte der 2020er Jahre, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer zunehmend in den Ruhestand gehen, werden ihnen immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter (zwischen 20 und 64 Jahren) gegenüber stehen. Kamen 1950 noch sechs Personen im Erwerbsalter auf eine Person im Alter ab 65 Jahren, so ist dieses Verhältnis bis heute auf 3 zu 1 gesunken. Bis 2030 wird es nochmals auf 2 zu1 sinken und bis 2060 auf 1,6 zu 1 zurückgehen. Diese Zahlen können jedoch nur eine erste, grobe Orientierung geben. Am Ende entscheidend ist nämlich nicht die Zahl der Erwerbsfähigen und derjenigen über 65 Jahre, sondern das Verhältnis von Beitragszahlenden zu Renten-Empfangenden, sowie die Höhe der Beiträge und der Renten. An all diesen Stellschrauben haben wir in der rot-grünen Bundesregierung intensiv gearbeitet und setzen diese Arbeit auch jetzt in der großen Koalition fort. Schließlich spielt auch die Frage der ausreichenden Finanzierung bestimmter gesellschaftspolitischer Aufgaben, die in der Rentenversicherung umgesetzt werden, eine wesentliche Rolle. Generell gilt, dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben auch von der gesamten Gesellschaft nach Leistungsfähigkeit, d. h. über Steuern, finanziert werden müssen. Unter den neuen Rahmenbedingungen (insbesondere Niedrigzinsumfeld und ökonomische Entwicklung) und den Erfahrungen der letzten Jahre müssen wir uns stets auf der Höhe der Zeit bewegen und uns fragen an welchen Stellen Neujustierungen vorgenommen werden sollten um die Rente zukunftssicher zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Metin Hakverdi

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