Frage an Matthias Miersch von Berndt W. bezüglich Innere Sicherheit
Alle Atommächte sind dabei, ihre Atomwaffen zu modernisieren. Dabei werden auch die in Deutschland lagernden B61-Bomben so aufgerüstet, dass sie zielgenauer und damit leichter einsetzbar werden. Bei den katastrophalen Folgen eines Atombombenabwurfs ist es unverantwortlich, nicht konkrete Schritte zu einer generelle Abrüstung zu unterstützen.
International wird die Ächtung von Atomwaffen vorangetrieben. Ab Ende März 2017 wollen ca 130 Staaten in New York über einen Vertrag diskutieren, der die Ächtung dieser Massenvernichtungswaffen zum Ziel hat. Die Bundesregierung hat sich gegen eine Teilnahme an diesen Verhandlungen entschieden und das damit begründet, dass ein Vertrag wirkungslos bleibe, solange die Atomwaffenstaaten nicht eingebunden sind. Die Befürworter halten dagegen die Ächtung der Atomwaffen für einen unabdingbaren Schritt, die Abrüstung hin zu einer atomwaffenfreien Welt voranzubringen – auch, wenn nicht alle Staaten diesen Schritt von Anfang an mitgehen.
Für die Friedensbewegung ist es ein großer Erfolg, dass Verbotsverhandlungen beginnen. Auch in der deutschen Bevölkerung dürften die Verhandlungen große Unterstützung finden. Laut einer von der IPPNW in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr sind 93 Prozent der Bundesbürger für ein Atomwaffenverbot.
Seit 1968 sind die Atommächte verpflichtet, ihre Atomwaffen vollständig abzuschaffen. Das deutsche Parlament hat 2010 schon einmal einhellig dafür gestimmt, die Atomwaffen aus Deutschland zu verbannen. Die internationalen Verhandlungen zur allgemeinen Ächtung dieser Massenvernichtungswaffen sollten als Chance begriffen werden, konkrete Friedenspolitik zu betreiben.
Deshalb meine Fragen:
1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Deutschland an den in New York anberaumten Verhandlungen zu einem Vertrag zur Ächtung von Atomwaffen teilnimmt?
2. Werden Sie sich für den Abzug der in Deutschland gelagerten Atombomben einsetzen?
Sehr geehrter Herr Waltje,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 22. Februar 2017 zum Thema „Sicherheit/Atomwaffen“, die ich gern beantworte.
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich seit vielen Jahren entschlossen für die weltweite und vertragsgestützte Abrüstung von Atomwaffen, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen sowie konventioneller Rüstung ein. Eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen bleibt daher auch weiterhin unser Ziel.
Mit aller Entschiedenheit wenden wir uns gegen verantwortungslose Gedankenspiele über die Schaffung einer europäischen Atomwaffenmacht oder gar eine atomare Bewaffnung Deutschlands. Solche Überlegungen dienen nicht dem Frieden, sondern sie untergraben Grundelemente deutscher und europäischer Sicherheit. Deutschland hat sich im Zwei plus Vier-Vertrag und im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) völkerrechtlich zum ausdrücklichen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen verpflichtet. Gerade in Zeiten wachsender internationaler Spannungen muss unser Handeln darauf ausgerichtet sein, die Menschheit von der Geißel der atomaren Bewaffnung Schritt für Schritt zu befreien. Daher unterstützen wir regionale Initiativen für Zonen, die frei von Massenvernichtungswaffen sind und setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass im Rahmen eines gesamteuropäischen Abrüstungsvertrages die verbliebenen taktischen Atomwaffen aus Deutschland und Europa abgezogen werden.
Ich teile Ihre Auffassung ausdrücklich, dass Deutschland an den Verhandlungen über ein globales Atomwaffenverbot mitwirken soll. Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht sowie die erreichte Übereinkunft über das iranische Atomprogramm sind wichtige Erfolge für die weltweite Abrüstung. Neue Initiativen zur Belebung von Abrüstung sind jedoch dringend erforderlich. Für diese werde ich mich auch weiterhin mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion einsetzen.
Die bestehenden Regime für Rüstungskontrolle und Abrüstung in Europa zerfallen seit Jahren.
Ein Neustart der konventionellen Rüstungskontrolle muss:
1. regionale Obergrenzen, Mindestabstände und Transparenzmaßnahmen definieren,
2. neuen militärischen Fähigkeiten und Strategien Rechnung tragen,
3. neue Waffensysteme einbeziehen,
4. rasch einsetzbare, flexible und in Krisenzeiten unabhängige Verifikation erlauben und
5. auch in Gebieten anwendbar sein, deren territorialer Status umstritten ist.
Das sind komplexe und schwierige Anforderungen an eine neue Abrüstungsinitiative. Dazu will die SPD einen strukturierten Dialog mit allen Partnern, die für die Sicherheit unseres Kontinents Verantwortung tragen. Ein wichtiges Dialogforum dafür ist die OSZE. Mit einem Neustart der Rüstungskontrolle können wir ein konkretes Kooperationsangebot machen und zwar an alle, die für Europas Sicherheit Verantwortung tragen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch