Frage an Markus Ferber von Peter S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Ferber,
Ende November hat das Europäische Parlament den „Klima- und Umweltnotstand“ ausgerufen.
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2019-0078_DE.html
In Ziffer 3 der Entschließung erkennt das Parlament „seine institutionelle Verantwortung an, seinen CO2-Fußabdruck zu verringern; schlägt vor, eigene Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen zu ergreifen, einschließlich der Ersetzung seiner Fahrzeugflotte durch emissionsfreie Fahrzeuge.“
Laut EMAS-Umweltbericht des Parlaments entstehen 64,3 %, also fast zwei Drittel seines CO2-Fußabdrucks durch den Transport von Personen (siehe Seite 50):
Die meisten Emissionen verursacht aber nicht – wie man vielleicht vermuten würde – das Hin- und Herreisen zwischen dem offiziellen Sitz des Parlaments in Straßburg und Brüssel und Luxemburg.
Die mit Abstand größten Posten sind vielmehr an erster Stelle die Emissionen, die mit An- und Abreisen von Parlaments-Besuchern in Brüssel verbunden sind, und an zweiter Stelle die Emissionen, die mit dem Hin- und Herreisen der Abgeordneten zwischen ihren Heimatländern und Brüssel und Straßburg verbunden sind.
Wenn ich den Sitzungskalender 2020 des Parlaments richtig deute, sind in 39 von 53 Wochen des Jahres Sitzungen in Brüssel und Straßburg anberaumt.
https://www.europarl.europa.eu/sed/doc/news/lookingaheadagenda/22261/Cal2020_en.pdf
Ist ein solcher Sitzungsrhythmus wirklich nötig? Wäre es nicht für den Klimaschutz besser, weniger oft nach Brüssel und Straßburg zu reisen, aber dafür jeweils länger zu bleiben, also auch die Montage und Freitage dort zu vollen Arbeitstagen zu machen? Das würde womöglich auch noch Kosten einsparen.
Und könnte das Parlament nicht für von ihm subventionierte Besuche Anreize schaffen, mit Bus und Bahn statt mit dem Flugzeug anzureisen?
Mit freundlichen Grüßen
P. S.
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich des CO2-Fußabdrucks des Europäischen Parlaments.
Sie sprechen einen sehr wichtigen Punkt an. In der Tat machen die von den Besuchern des Europäischen Parlaments verursachten CO2-Emissionen einen großen Anteil an den insgesamt vom Europäischen Parlament verursachten Emissionen aus. Ein Teil dieser Besuche wird, wie Sie beschreiben, vom Parlament gefördert. Dabei wird den Antragstellern nahegelegt, das umweltfreundlichste Transportmittel zu wählen. Die Schwierigkeit, einen weiteren Anreiz - über diese Empfehlung hinaus - zu setzen ist folgende: Damit möglichst viele Menschen mit dem Einsatz von möglichst wenig Steuergeld von der Förderung profitieren, muss die Förderung der Gruppen muss möglichst kosteneffizient sowie unbürokratisch sein und darf dabei niemanden diskriminieren. Wo Besucher aus den umliegenden Regionen leicht auf umweltfreundliche Transportmittel umsteigen können, ist das für weiter weg gelegene Besucher schwierig bis nahezu unmöglich.
Sollten Sie eine Idee zu einem Anreizsystem haben, das weder teurer ist, noch weniger Besuchern die Fahrt zum Parlament ermöglicht und auch die weiter weg wohnenden Besucher nicht diskriminiert, lade ich Sie ein, es mir oder den zuständigen Stellen im Europäischen Parlament zukommen zu lassen.
Darüber hinaus schlagen Sie vor, die offiziellen Sitzungen des Europäischen Parlaments auf Montag Vormittag und Freitag auszudehnen, um die Anzahl der Sitzungswochen zu reduzieren und An- und Abreisekosten zu sparen. Das ist schwer umzusetzen, da Abgeordnete mit weiten An- und Abreisewegen kaum noch in ihren Wahlkreis beziehungsweise Heimatort zurückkehren könnten. Die von 751 wöchentlich pendelnden Abgeordneten verursachten Emissionen sind sicherlich nicht unerheblich, doch darf man an dieser Stelle nicht vergessen, dass die persönlichen Begegnungen, die diese Reisen ermöglichen, für zwei wesentliche Ziele unerlässlich sind: Die Verständigung aller 28 EU-Staaten untereinander und die Verbindung der EU-Abgeordneten mit der Bevölkerung. Wer Montag Vormittags und Freitags nicht in Brüssel oder Straßburg arbeitet, nutzt diese Zeit um Termine im Wahlkreis wahrzunehmen. Diese Verbindungen sind essentiell für eine lebendige europäische Demokratie.
Ich setze mich - gemeinsam mit der großen Mehrheit meiner Kollegen - nach wie vor für die Abschaffung des zweiten Sitzes in Straßburg ein, der zwar nicht den größten Teil der Emissionen verursacht, aber in seiner Funktion - anders als die Reisen der Abgeordneten oder die Besuche der Bürger im Parlament - ersetzbar ist. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass die finanziellen sowie umweltbezogenen Kosten der Europäischen Union bei weitem von ihren Errungenschaften wettgemacht werden. Das gilt gerade heute, wo wir die größten Herausforderungen nicht nur europaweit, sondern global lösen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ferber, MdEP