Frage an Markus Ferber von Heike A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ferber,
seit dem April 2011 kann die Bevölkerung der EU ein neues Bürgerrecht ausüben. Mit einer "Europäischen Bürgerinitiative" (EBI) kann sie die EU-Kommission darauf verpflichten, ein vorgeschlagenes Thema zu diskutieren und ggfs. ein gesetzgeberisches Verfahren einzuleiten.
Das Instrument wurde als sehr wichtig für echte Partizipation begrüßt.
Die ersten Erfahrungen von EBI-Organisatoren mit dem neuen Instrument scheinen aber so negativ zu sein, dass das EP sich 2012 schon mit kritischen Fragen an die Kommission gewandt hat, und aktuell wird offenbar auch die Bürgerrechtsbeauftragte aktiv.
- Welche Bedeutung messen Sie dem Instrument der EBI bei?
- Welche Schlussfolgerung haben Sie aus den Fragen des EP an die Kommission und den Antworten des Kommissars gezogen?
- Wie sehen Sie insgesamt das Konzept, die Bevölkerung mehr an Diskussionen und Entscheidungen von EU-Themen teilhaben zu lassen?
In der kommenden Legislaturperiode soll die Verordnung 211/2011, die die Modalitäten für eine EBI bestimmt, novelliert werden. Als Kandidat für das nächste Europa-Parlament werden Sie also damit befasst sein.
- Haben Sie vor, sich mit eigenen Akzenten in das Thema zu vertiefen? Wenn ja, welche Richtung werden Sie dann dabei verfolgen? Oder ist die Thematik der Partizipation für Sie eher von untergeordneter Bedeutung?
Vielen Dank im Voraus für ihre Antworten!
Herzliche Grüße
Heike Aghte
Sehr geehrte Frau Agthe,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 5. Februar zum Instrument der Europäischen Bürgerinitiative (EBI).
Grundsätzlich begrüße ich es sehr, wenn Bürger den europäischen Gesetzgebungsprozess aufmerksam verfolgen und sich in die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene einbringen. Eine bessere Einbindung und eine größere Rückkopplung an den Bürger können dem europäischen Gesetzgebungsprozess nur gut tun. Das sage ich auch vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen, die wir im Freistaat Bayern mit Elementen direkter Demokratie gemacht haben. Deswegen fordert die CSU übrigens auch, dass Europas Bürger bei wichtigen europapolitischen Entscheidungen (etwa die Übertragung neuer Kompetenzen auf die EU oder die Aufnahme neuer Mitglieder) direkt eingebunden werden sollten.
Entsprechend bin ich auch sehr froh, dass Ende vergangenen Jahres die erste EIB („Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht! Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware!“ der Initiative right2water) die notwendigen Kriterien von einer Million Unterstützer insgesamt sowie einer gewissen Mindestunterzeichnerzahl in sieben EU-Ländern erfüllt hat und der Europäischen Kommission vorgelegt wurde.
Ich glaube, die EBI der Initiative right2water kann bereits heute als Erfolg gelten. Schließlich hat sie das Thema „Menschenrecht auf Wasser“ in den öffentlichen Fokus gerückt und mit dazu beigetragen, die Kommission davon zu überzeugen, den Wassersektor von der Konzessionsvergaberichtlinie auszunehmen.
Als nächsten Schritt wird es Mitte Februar eine Anhörung des Europäischen Parlaments zur Initiative right2water geben. Außerdem wird die Europäische Kommission die Forderung, die in der genannten EBI erhoben werden, sorgfältig prüfen und in Kürze darlegen, welche Maßnahmen sie diesbezüglich zu ergreifen gedenkt. Klar ist, dass das Engagement der Unterzeichner nicht im Sande verlaufen darf.
Da es sich bei der Initiative von right2water um die erste erfolgreiche EBI überhaupt handelt, werde ich den weiteren Verlauf sehr genau verfolgen. Ich denke, dass wir die Erfahrungen mit diesem Präzedenzfall zunächst abwarten und sorgfältig evaluieren sollten, bevor wir überlegen, in welcher Weise die Rechtsgrundlage für die EBI geändert und verbessert werden muss.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP