lucadibernardo
Luca Di Bernardo
MERA25
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Luca Di Bernardo zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Reinhard G. •

Was denken Sie über das sogenannte "Medienfreiheitsgesetz" der EU? (Media Freedom Act) Kritiker sehen die Meinungsfreiheit bedroht und fürchten die Legalisierung einer Überwachung von Journalisten.

Sehr geehrter Herr Di Bernado,

ein Zitat: "Die Verlegerverbände kritisieren deshalb die Gesetzgebung. Nach der Einigung im Dezember hieß es vonseiten des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie des Medienverbands der Freien Presse (MVFP), dass eine behördliche Aufsicht über die Presse etabliert werde, bei der auch noch die EU-Kommission mitreden will. Zudem sollten Verlage nicht mehr über redaktionelle Inhalte entscheiden dürfen, aber weiter für alle Inhalte voll verantwortlich sein. ...

Trotz einiger Änderungen, insbesondere was die Hoheit der Verleger über redaktionelle Inhalte angeht, bleiben die Verleger auch nach der Abstimmung im Europaparlament kritisch: „Während die Presse mit wirtschaftlichen, regulativen und wettbewerblichen Herausforderungen zu kämpfen hat, schnürt die EU ein Korsett, das keines der Probleme angeht und stattdessen die Pressefreiheit gefährdet.“ "

https://multipolar-magazin.de/artikel/medienfreiheitsgesetz

Mit freundlichen Grüßen

lucadibernardo
Antwort von
MERA25

Sehr geehrter Herr G.

ich danke Ihnen für Ihre Frage. 

Der „European Media Freedom Act“ ist der Beginn einer gemeinsamen Gesetzgebung der 27 EU-Länder in einer EU, in der es zunehmend Fälle von Eigentumskonzentrationen und staatlicher Kontrolle der Medien gibt. Die verabschiedete Verordnung bietet Garantien zum Schutz des Medienpluralismus, wie z. B. Transparenz der Medieneigentümerschaft und ein Verbot der staatlichen Einmischung oder Kontrolle über öffentlich-rechtliche Journalisten in den 27 EU-Ländern. Unter anderem wird sie einige Länder dazu veranlassen, die Verwaltung der öffentlichen Fernsehsender zu ändern.

Wie einige Journalist:innen-verbände, z. B. die Europäische Journalistenföderation erklärt haben, legt die EMFA Mindestregeln für den Schutz der Quellen von Journalist:innen, Garantien für den unabhängigen Betrieb öffentlich-rechtlicher Medien und deren finanzielle Tragfähigkeit, Transparenz bei Medieneigentum und staatlicher Werbung sowie redaktionelle Unabhängigkeit in den Redaktionen fest. 

Was die Überwachung von Journalist:innen angeht, gibt es einige Makel im EMFA. Allgemein stimmen wir zu, dass das Ausspionieren von Journalist:innen streng reguliert und bestraft werden soll, aber die EU-Politik erlaubt es den Regierungen, Journalist:innen aus bestimmten Gründen weiterhin auszuspionieren, nämlich aus Gründen der “Nationalen Sicherheit”. Auch wenn der Begriff nationale Sicherheit aus dem Dokument entfernt wurde, bedeutet die Erwähnung des EU-Gründungsvertrags (der besagt, dass die nationalen Regierungen die alleinige Zuständigkeit für die nationale Sicherheit haben) im Zusammenhang mit Spionage und Spionagesoftware, dass die Staaten immer noch in der Lage sind, Journalist:innen auszuspionieren. Nationale Sicherheit ist ein Konzept, das offen für Interpretationen ist. Es steht den Staaten frei, ihre nationalen Sicherheitsinteressen zu definieren, und daher können sie weiterhin Wege finden, um Journalist:innen kontinuierlich und legal auszuspionieren.

Außerdem wollen wir vermeiden, was mit Julian Assange (einem Mitglied unseres Advisory Panel) geschehen ist, und Whistleblower schützen. Die EU soll zum sicheren Hafen für Journalist:innen und Whistleblower werden. Um sie dauerhaft vor politischer Verfolgung zu schützen, wollen wir unbürokratisch humanitäre Visa ausstellen und ihnen ein Asylangebot machen. Die Sicherheitsbehörden müssen sicherstellen, dass sie hier sicher leben und ihre Arbeit fortsetzen können.

Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Whistleblower-Richtlinie schnell umgesetzt wird. Der Schutz muss auf nationales Recht und jegliche Bereiche, die im öffentlichen Interesse liegen, ausgeweitet werden. Größere Unternehmen wollen wir verpflichten, intern anonyme Meldestellen zu schaffen.

Es ist wichtig, darauf hinzuwirken, dass die Regierungen für die Gewährleistung des Medienpluralismus und der redaktionellen Unabhängigkeit in allen 27 Mitgliedstaaten zur Rechenschaft gezogen werden und dass die Journalist:innen vor unzulässiger politischer oder sonstiger Einflussnahme geschützt werden. Auch die Bespitzelung von Journalisten sollte in unseren europäischen Demokratien keinen Platz haben und muss vermieden werden.

Bei MERA25 bekennen wir uns zu einer vielfältigen Medienlandschaft und wollen der zunehmenden Oligopolisierung von Medien entgegentreten. Den Zugang zu vielfältigen Medien wollen wir so niedrigschwellig wie möglich gestalten. Dazu gehört auch, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit gelosten Bürger:innenräten demokratisieren und weiterentwickeln möchten.

Mit freundlichen Grüßen