Werden Sie sich für eine ökologisch-soziale Verkehrswende einsetzen?
Sehr geehrter Herr Quiring,
1. Unterstützen Sie die Position zahlreicher Verkehrsverbände, welche die Verabschiedung des Nahverkehrsplans des ZVBN in seiner aktuellen Fassung ablehnen, da er keine Zielsetzung für Klimaneutralität, Lösungen der anstehenden Betriebseinschränkungen oder Erschließung des ländlichen Raums bietet?
2. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Dominanz des Autoverkehrs (mit Hinblick auf dessen Gesundheits- und Klimafolgen) zugunsten des Rad-, Fuß- und öffentlichen Verkehrs zu ersetzen?
3. Wollen Sie die dafür notwendigen Maßnahmen in einem Verkehrswendegesetz für Niedersachsen zur Priorisierung für den Rad-, Fuß- und öffentlichen Verkehr festhalten?
4. Gehört für Sie dazu auch die Entwicklung eines Konzepts für einen umlagefinanzierten Nahverkehr innerhalb gewisser Kommunen und die Anerkennung des ÖPNV als Daseinsvorsorge?
5. Sind Sie für die Reaktivierung von Bahnstrecken (aktuell sollen 7 von ca. 80+ Strecken reaktiviert werden)?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner politischen Position. Vorweg: Ich bekenne mich zum Prinzip einer lernenden Politik. Das bedeutet, eine veränderte Lage oder eine neue Erkenntnis kann sich auch in meiner Position niederschlagen. Ich antworte Ihnen mit dem, wovon ich heute, am 05.10.2022 überzeugt bin.
Ich unterstütze, dass sich der öffentliche Nahverkehr bei seiner Planung auch Zielsetzungen zur Erreichung von Klimaneutralität setzt und teile deshalb die diesbezügliche Kritik am ZVBN. Die lückenlose und regelmäßige Bedienung des öffentlichen Raums fordern wir als Partei mit unserer Mobilitätsgarantie ohnehin, auch da stehe ich voll hinter. Die derzeitigen Betriebseinschränkungen in der Region sind ein schwerer Schlag für den öffentlichen Nahverkehr. Ansätze zur Vermeidung des Problems und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen müssen identifiziert und umgesetzt werden. Beim übergreifend existierenden Personalmangel halte ich das Problem allerdings nicht für auf der Ebene des ZVBN allein lösbar.
Meine Wunschvorstellung ist, dass jedermensch - und egal wo lebend - mobil ist, ohne auf die Nutzung eines selbstgefahrenen PKWs angewiesen zu sein. Damit die Verkehrswende inklusiv gelingt, also auch Menschen bedenkt, die schlecht zu Fuß sind, gar nicht zu Fuß gehen können und auch keine Radfahrer*innen sein können, priorisiere ich den massiven Ausbau öffentlicher, barrierefreier Verkehrsmittel. Auch gegenüber dem Ausbau des gesunden und klimaschonenden Rad- und Fußverkehrs. Dieser hat für mich dann die Priorität 2. Motorisierten Individualverkehr halte ich als Mittel der Bevölkerungsmobilität in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland für einen Irrweg und dieser sollte daher die Ausnahme statt die Regel sein.
Ich möchte die notwendigen Maßnahmen für die Verkehrswende rechtlich verankern. Zum Beispiel damit Verkehrsplanung anders erfolgt: Die Planung von Radwegen und Fußgängerüberwegen etwa, muss eine Angebotsplanung sein. Deren Sinn von Verkehrszählungen abhängig zu machen, ist absurd, wenn der Fuß- und Rad-Traffic gar nicht erst zusammenkommt, weil er vom Autoverkehr so gefährdet wird.
Der ÖPNV ist für mich ganz eindeutig Teil der Daseinsvorsorge. Deshalb muss er auch nicht kostendeckend sein. Ich halte einen fahrscheinlosen, steuerfinanzierten ÖPNV für richtig, weil die Finanzierung über Steuern den sozialen Ausgleich der Kosten innerhalb der Gesellschaft am besten vornimmt. Wichtig sind zudem gute Verbindungen, Barrierefreiheit und dass der ÖPNV auch für marginalisierte Gruppen ein angstfreier Raum ist.
Ich halte viel von der Reaktivierung von Bahnstrecken, sofern deren Potenzialanalyse positiv ist. Das kann ich mir bei deutlich mehr als den 7 Bahnstrecken vorstellen. Insgesamt muss das Schienennetz deutlich leistungsfähiger werden.