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Katrin Staffler
CSU
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Frage von Ulrich K. •

Frage an Katrin Staffler von Ulrich K. bezüglich Bundestag

Sehr geehrte Frau Staffler,

der Bundestag hat z. Zt. wesentlich mehr Abgeordnete, als das Bundeswahlgesetz normalerweise vorsieht. Nächstes Jahr ist wieder Bundestagswahl und ohne eine Wahlrechtsreform ist eine weitere Erhöhung der Abgeordnetenanzahl wahrscheinlich. Eine Rückführung auf die Normalgröße von 598 Abgeordnete ist aber m. E. dringend geboten.

Leider ist eine notwendige Änderung des Wahlrechts zur Verkleinerung des Bundestags immer noch nicht erfolgt, da alle bisher vorgeschlagenen Vorschläge nicht die erforderliche Mehrheit gefunden haben.

Was wollen Sie konkret unternehmen, dass die Mehrheit für die Verkleinerung des Bundestags noch rechtzeitig vor der kommenden Bundestagswahl erreicht wird?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

U. K.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kaul,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie die notwendige Wahlrechtsreform thematisieren.

Ich stimme mit Ihnen überein, dass der Deutsche Bundestag mit 709 Abgeordneten gegenwärtig eine Größe erreicht hat, die in keinem Verhältnis mehr zu der Regelgröße von 598 Sitzen steht. Ursache hierfür ist ein Ausgleichsmechanismus in unserem Wahlsystem. Mit der Erststimme entscheidet der Wähler, welcher Kandidat als direkt gewählter Abgeordneter seinen Wahlkreis im Deutschen Bundestag vertritt. Über diese mit der Erststimme gewählten sogenannten Direktmandate wird die Hälfte der Sitze im Bundestag vergeben; die Zweitstimme wiederum vergibt der Wähler an eine Partei. Diese bestimmt dann die Anzahl der Sitze für die einzelnen Parteien. Wenn einer Partei über die Zweitstimme beispielsweise 100 Sitze zustehen, aber 110 ihrer Kandidaten mit der Erststimme direkt gewählt wurden, dürfen diese zehn Kandidaten trotzdem in den Bundestag einziehen. Diese zehn Sitze werden dann als Überhangmandate bezeichnet. Damit die übrigen Parteien dadurch nicht benachteiligt werden, erhalten auch sie im gleichen Verhältnis weitere Sitze, die sogenannten Ausgleichmandate.

Alle Parteien haben den Reformbedarf am aktuellen Wahlsystem erkannt, weshalb von Bundestagspräsident Schäuble in dieser Legislaturperiode eine Kommission zur Reform des Wahlrechts eingesetzt wurde. Diese ging leider im April 2019 ohne Einigung auseinander.

Im Folgenden möchte ich Ihnen kurz darlegen, welche Forderungen von Seiten der Opposition gestellt werden und welche Position die CSU im Bundestag vertritt:

Im Kern fordert die Opposition derzeit die Reduzierung der Wahlkreise auf eine Anzahl von 250 Stück. Dies erachten wir als CSU für nicht sinnvoll. Zum einen können Überhangmandate nicht gezielt verhindert werden, da Wahlkreise aufgrund der Bevölkerungsgröße zugeschnitten werden. Es gibt also keine Garantie dafür, dass genau die Wahlkreise bei einer Reduzierung gestrichen werden, die bisher ein Überhangmandat darstellten. Im Zweifel würde man also eine bestimmte Zahl von Wahlkreisen streichen, die am Ende gar nicht für die vielen Sitze im Bundestag verantwortlich sind.

Außerdem fordert die Opposition, dass die Überhangmandate abgeschafft werden sollen. In meinem Beispiel von vorhin würde das bedeuten, dass nur 100 der Direktkandidaten in den Bundestag einziehen dürften, da gemäß des Zweitstimmenergebnisses der Partei nur 100 Sitze zustehen. Die restlichen zehn direkt gewählten Abgeordneten dürften dann doch nicht einziehen, obwohl sie persönlich von den Bürgern in ihrem Wahlkreis gewählt wurden. Diesen Vorschlag lehnen wir als CSU ab. Auch ich persönlich kann es mir schwerlich vorstellen, dass der siegreiche Kandidat eines Wahlkreises aufgrund dieser Regelung doch nicht in den Bundestag einziehen und der Wahlkreis dann von keinem direkt gewählten Abgeordneten repräsentiert würde.

Denn vor allem das Direktmandat hat eine enorme Bedeutung für unsere Demokratie. Der direkt gewählte Abgeordnete steht in einem besonderen Verhältnis zu den Bürgern seines Wahlkreises. Denn die Bürger entscheiden in der Wahl unmittelbar über seine Person und der direkt gewählte Abgeordnete muss sich alle vier Jahre im Wettbewerb dem Votum der Wähler stellen. Dies macht das Direktmandat gleichzeitig etwas unabhängiger gegenüber der Partei. Zugleich ist das Direktmandat das Scharnier zwischen dem Wahlkreis und Berlin. Es fungiert als Sprachrohr in beide Richtungen. Die Bürger haben einen direkten Ansprechpartner und der Abgeordnete kann das Handeln in Berlin zurückspiegeln und erklären. Auch Sie haben sich – aus gutem Grund – direkt an mich als Ihre Wahlkreis-Abgeordnete gewandt. Aus diesen Gründen sollten die Regelungen zum Direktmandat in ihrer jetzigen Form beibehalten werden.

Auch wir Abgeordnete der CSU im Bundestag sehen die Notwendigkeit, die Anzahl der Sitze im Bundestag zu verringern. Daher haben wir den anderen Parteien bereits Lösungsvorschläge unterbreitet, die von diesen abgelehnt wurden.

Die CSU fordert eine Höchstgrenze der Bundestagsmandate von 650 Sitzen. Die Zahl der Wahlkreise würde unverändert bleiben. Um die Höchstzahl einzuhalten, würden die Listenmandate bei jeder Partei entsprechend dem Wahlergebnis im Verhältnis reduziert. Gleichzeitig bleiben die Direktmandate erhalten. Das würde bedeuten, dass es insgesamt 299 direkt gewählte Abgeordnete geben würde und maximal 351 Abgeordnete, die über die Liste in den Deutschen Bundestag einziehen würden. Grundsätzlich ist die Anzahl der Direktmandate von 299 Stück im Lauf der letzten Jahrzehnte immer gleich geblieben. Im Vergleich dazu hat die Anzahl der Listenmandate von Wahl zu Wahl zugenommen. Bei der Bundestagswahl 2017 zogen von den insgesamt 709 Abgeordneten 299 über die Erststimme und 410 über die Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Bei der Wahl im Jahr 2013 waren es noch 332 Abgeordnete, die über die Listen einzogen bei der gleichbleibenden Zahl von 299 Direktmandaten (insgesamt 631 Abgeordnete). Und auch bei der Wahl 2009 waren es 299 Abgeordnete, die über ein Direktmandat und 323 Abgeordnete, die über eine Landesliste den Einzug in den Deutschen Bundestag schafften (insgesamt 622 Abgeordnete). Daher sehen wir die Notwendigkeit, an den Listenmandaten eine Limitierung herbeizuführen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen zeigen, dass auch die CSU sehr darum bemüht ist, eine Lösung hinsichtlich der Verkleinerung der Sitze im Bundestag zu finden.

Herzliche Grüße

Ihre Katrin Staffler

 

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