Wie können wir den Wirtschaftsstandort Thüringen nachhaltig stärken?
Sehr geehrte Frau K.
vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten. Auf ein so komplexes Thema in der hier nötigen Kürze angemessen zu antworten, fällt nicht leicht. Wir wollen es dennoch versuchen und einige zentrale Punkte benennen.
Der wichtigste Punkt ist konsequenter und wirksamer Klimaschutz. Das mag zunächst verwundern, aber eine ungebremste Klimakrise zerstört unsere Lebensgrundlagen, unseren Wohlstand und unser Wirtschaftsmodell. Forscher und Zentralbanken haben errechnet, dass ohne Klimaschutz das weltweite Bruttoinlandsprodukt bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 37% einbrechen könnte. Dieser nötige Wandel bietet aber viele Chancen für die Wirtschaft, denn die Märkte der Zukunft sind klimaneutral. Und hier entstehen Arbeitsplätze - allein für die sozial-ökologische Transformation fehlen 800.000 Arbeitsplätze in Deutschland - im Handwerk, in der Bauchbranche, in neuen Industriebereichen oder der Kreislaufwirtschaft, der Batteriezellproduktion oder der Wasserstoffindustrie.
Wir müssen den damit einher gehenden Strukturwandel gezielter unterstützen und Durch gute Wirtschaftsförderung eine vielfältige Industrie- und Gewerbelandschaft entwickeln. Um Strukturwandelregionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Damit richten wir uns an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort bleiben wollen.
Wir müssen die Region für Fachkräfte attraktiv machen. Dazu gehört, die nach wie vor bestehenden Lohnunterschiede zwischen Ost und West weiter abzubauen. Das ist leider nicht einfach mit einem Gesetz zu bewerkstelligen. Grund für die Lohnunterschiede ist die deutlich geringere Tarifbindung in Thüringen und im Osten. Wir wollen diese verbessern, zum Beispiel in dem mehr Tarifverträge durch die Politik allgemeinverbindlich erklärt werden können. Dann gelten diese auch für Arbeitnehmer in einer Branche, auch wenn diese nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind. Und dazu gehört die Ansiedlung von und Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen fördern. Diese können als Anker für regionale Wirtschaftsentwicklung dienen, in dem sich Start-Ups ausgründen und zu Klein- und Mittelständischen Unternehmen entwickeln (siehe zum Beispiel in und um Jena). Der Bund muss seinen bald 30 Jahre alten Beschluss, diese Einrichtung vorrangig im Osten anzusiedeln, stärker berücksichtigen.
Das sind zunächst drei zentrale Punkte. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen: Bessere Infrastrukturförderung und Ausbau von Schiene und ÖPNV, regionale Daseinsvorsorge für strukturschwache Regionen, Handwerk stärken und Gründung fördern und vieles mehr. Wir hoffen, wir konnten Ihnen mit unserer Antwort einen ersten Eindruck geben.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt