Frage an Jürgen Büssow von Jürgen L. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Büssow!
1. Wie ist Ihre Position zu den Förderschulen, Kompetenzzentren und zu dem gemeinsamen Unterricht behinderter Kinder an allgemeinbildenden Schulen? Ich möchte den Fokus auf die Kinder lenken, die eine geistige Beeinträchtigung / Behinderung haben, wie z.B. bei der Lernbehinderung.
Das z.B. reine körperliche behinderte Kinder, die im Rollstuhl sitzen müssen, aber dem Unterricht kognitiv folgen können nicht unbedingt in eine Förderschule müssen, stelle ich außer Frage!
2. Wie kann man jedes Kind tatsächlich adäquat und optimal fördern, wenn die Klassen im GU nicht kleiner werden können, da lieber Schulen geschlossen oder zusammengelegt werden anstatt darauf zu achten, dass die Rahmenbedingungen wirklich im GU besser werden? Stecken da Finanzprobleme hinter?
3. Bisher hat man, wenn Förderschulpädagogen an die allg. Schulen versetzt wurden, Lehrer/innen im allg. Unterricht abgezogen, damit der Schüler-Lehrer-Schlüssel gleich blieb und damit es nicht zu teuer wurde. Wird sich das ändern?
4. Förderschullehrer/innen sollen gezwungen werden, vielseitig zu arbeiten.
Das kann keine optimale und adäquate Förderung des Kindes sein, wenn es keine Spezialisierungen auf max. zwei Förderbedarfe und der jeweilige Unterrichtsschwerpunkte mehr geben soll. Worauf soll ein Pädagoge sich noch konzentrieren ohne auszubrennen und andauernd überfordert zu sein?
5. Wie soll flächendeckend der GU umgesetzt werden, wenn an den Förderschulen der Unterricht nicht ausfallen darf, obwohl von da aus die Fach-Pädagogen zu den allg. Schulen geschickt werden sollen?
6. Können nicht vielmehr auch nur die "Grenzfälle" wirklich sinnvoll im GU unterrichtet werden?
7. Wo sollen die stärker behinderten Kinder hin, wenn auch deren Eltern sich nicht um diese richtig kümmern (soziale Vernachlässigung)?
8. Warum werden Kinder mit Förderbedarf zur Förderschule mit einem Fahrdienst gebracht, zum GU aber nicht? Die Behinderung ist doch die selbe beim selben Kind!
DANKE!
Sehr geehrter Herr Lang-Ferrier,
wir wollen ein inklusives Bildungssystem für alle Kinder von Anfang an, von der Kindertageseinrichtung über die Schule bis zur Hochschule. Richtschnur muss das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern sein, die ihre betroffenen Kinder integrativ und wohnortnah in allgemeinen Schulen gefördert wissen wollen. Die gemeinsame Betreuung von Kindern mit und Kindern ohne Behinderung soll dementsprechend bereits in Kindertagesstätten erfolgen und Schülerinnen und Schüler mit Behinderung gemeinsam mit nicht behinderten Schülerinnen und Schülern die gleichen Schulen besuchen. Die Schulen sollen dabei ihren Schülerinnen und Schülern generell den Gedanken der Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen vermitteln. Die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen erfordert einen bedarfsgerechten Umbau des Schulsystems: die Förderung behinderter oder benachteiligter Kinder in der Regelschule muss zum Normalfall, ihre Aufnahme an besonderen Förderschulen der Ausnahmefall werden.
Gerechte Bildungschancen und individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes brauchen gute Rahmenbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler. Deshalb setzen wir auf einen Stufenplan für kleinere Klassen. In einem ersten Schritt soll es keine Klassen mit mehr als 30 Schülerinnen und Schülern mehr geben, mittelfristig wollen wir Klassengrößen von höchstens 25 Schülerinnen und Schülern erreichen.
Insgesamt fehlen in Nordrhein-Westfalen rund 5.000 Lehrkräfte an rund 3.200 unterversorgten Schulen. Somit ist jede zweite Schule betroffen. Allerdings müsste zunächst überprüft werden, ob die vorhandenen Lehrkräfte richtig eingesetzt werden.* *Wenn die Lehrerstellen gehalten würden, bei Rückgang der Schülerzahlen, gibt es einen Demographiegewinn für die Schulen*.*
Der Schlüssel dazu liegt in der Einstellung neuer Lehrer. Dazu hat die SPD ein Fünf-Punkte-Programm zur Lehrergewinnung entwickelt. Ein zentraler Punkt daraus lautet wie folgt: Wir brauchen ein Anreizsystem, dass NRW für Lehrerinnen und Lehrer attraktiv macht. Die Altershöchstgrenze für die Verbeamtung muss auf 45 angehoben werden. Und wir brauchen in unseren Schulen, speziell in Ganztagsschulen, adäquate Arbeitsbedingungen.
Für Fälle von Kindern, die unter sozialer Vernachlässigung zu leiden haben, kann und muss es in jedem Fall individuelle Lösungen geben. Dabei sollen beispielsweise Sozialarbeiter eine verstärkte Rolle spielen. Diese sollen in die Arbeit an Schulen verstärkt eingebunden werden und die Lehrer unterstützen.
Der Fahrdienst zu den Förderschulen hat einen anderen Kostenträger als zu der zu den GU. Für den Fahrdienst zu den Förderschulen ist in NRW der Landschaftsverband zuständig, für die Privatschulen (sog. Ersatzschulen) die jeweilige Bezirksregierung. Hier regelt ein Landesgesetz die Schülerfahrtkosten und den sog. "Schülerspezialverkehr". Die jeweilige Schule müsste dazu genauere Auskunft geben können.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Büssow