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Julia Klöckner
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Frage von Anna D. •

Frage an Julia Klöckner von Anna D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Frau Klöckner!

Im Rahmen einer Projektarbeit in Gemeinschaftskunde am Beruflichen Gymnasium für Gesundheit und Soziales in Mainz zum Thema "Miteinander oder nebeneinander? Jugend und Integration in Mainz", würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Zeit hätten, sich mit folgenden Fragen kurz auseinander zu setzen:

1. Ist es erforderlich, ausländische Kulturen zu berücksichtigen bzw. zu übernehmen um die Integration erfolgreicher zu gestalten?

2. Was halten Sie von einem Tag für muslimische Frauen im Mombacher Schwimmbad?

3. Sollte man auf muslimische Mitmenschen Rücksicht nehmen, die wegen des Ramadan keine volle Leistung bei der Arbeit oder in der Schule bringen können?

4. Ist es gerechtfertigt, dass ausländische Schüler wegen ihrer Kultur schulfrei bekommen, während deutsche Kinder zur Schule kommen müssen?

Mit freundlichen Grüßen
Anna Dörrich

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Antwort von
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Liebe Frau Dörrich,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 7. März.

Durch die fortschreitende Globalisierung wird die Integration und Einbindung von Migranten natürlich immer wichtiger. Daher werden wir alle in unserem Alltag auch häufiger als früher vor die Frage gestellt, wie wir mit den Mitbürgern ausländischer Herkunft umgehen sollen. Oft geht es dabei um Gleichberechtigung und Achtung vor den für uns fremden Sitten und Gebräuchen. Die Unsicherheiten und das Unwissen im Bezug auf fremde Kulturen führen leider zum Teil zu Vorurteilen, die das gesellschaftliche Zusammenleben erschweren. Es ist daher unerlässlich, mit anderen Kulturen und Religionen einen offenen Dialog zu führen, um einen gemeinsamen Zusammenhalt und eine gesellschaftliche Perspektive zu schaffen. Jedoch ist die Prämisse und Grundlage hierfür immer die Achtung und Einhaltung des Grundgesetzes!

Eine Einbindung durch das Erlernen der jeweiligen Landessprache und der Kontakt zu Gleichaltrigen ist besonders bei Kindern und Jugendlichen wichtig. Denn Integration beginnt meist mit dem Erlernen der Sprache.

Es geht jedoch nicht um die "Übernahme" von Kultur, weder durch eine Assimilation der ausländischen Mitbürger noch durch eine einseitige Annäherung unsererseits. Ziel ist eine auf Respekt und Achtung basierende Integration anderer Kulturen in unsere bestehende Gesellschaft, bei Aufrechterhaltung unseres Rechtsstaats und unserer Verfassung. Dabei gilt es, fremden Kulturen den nötigen Freiraum zu lassen, um sich zu verwirklichen, ihnen aber auch Grenzen aufzuzeigen, wenn Konflikte mit der Verfassung entstehen oder Parallelgesellschaften drohen.

Die Idee eines Tages für muslimische Frauen im Mombacher Schwimmbad finde ich durchaus interessant. Meiner Meinung nach sollte dies jedoch nicht auf muslimische Frauen beschränkt werden. Andere Schwimmbäder haben mit ähnlichen Aktionen gute Erfahrungen gemacht: Das so genannte "Frauenschwimmen" ist dort sehr nachgefragt und wird nicht nur von Muslimas, sondern auch von anderen Frauen genutzt. Auf diesem Wege werden auch die Frauen anderer Kulturen in Freizeitaktivitäten eingebunden und können eine möglicherweise bestehende Scheu vor der anderen Kultur ablegen. Zudem werden so das Knüpfen neuer Kontakte und ein Erfahrungsaustausch untereinander ermöglicht.

Eine Rücksichtnahme auf fastende Gläubige im Ramadan sollte von Fall zu Fall entschieden werden. Wünschenswert ist hierbei insbesondere der Dialog zwischen Eltern, Schülern und Lehrern bzw. Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Rechtlich ist es als Ausdruck der Religionsfreiheit natürlich erlaubt, dem Fasten auch während der Schule oder der Arbeit nachzugehen. Dennoch haben Schüler auch im Ramadan die Pflicht, im Unterricht mitzuarbeiten, um ihre Bildungsziele zu erreichen. Bei Schülern ist zudem zu beachten, dass das religiöse Gebot zum Fasten erst mit Beginn der Pubertät besteht. Seitens der Schule können diese Fastenzeiten bei der Planung von Klassenfahrten oder Praktika beachtet werden. Hier gilt es also, durch den Dialog flexible Lösungen zu finden.

In Deutschland sind islamische Feiertage nicht als gesetzliche Feiertage anerkannt. Die Mehrzahl der Bundesländer sieht dennoch Regelungen vor, die die Teilnahme an hohen Feiertagen, wie etwa dem Fest des Fastenbrechens, ermöglichen und diesbezüglich eine Befreiung von der Schulpflicht für mindestens einen Tag vorsehen. Der Schulstoff muss dann wie bei einer normalen Beurlaubung gegebenenfalls vor- oder nachgearbeitet werden.

Liebe Frau Dörrich, ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihre Projektarbeit und hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben.

Herzliche Grüße,
Ihre
Julia Klöckner

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